Penthesilea | Page 4

Heinrich von Kleist
nicht ein schmaler Pfad sich biete Für einen Wunsch, der keine Flügel hat; Drauf jetzt, gleich einer Rasenden, sieht man Empor sie an des Felsens W?nde klimmen, Jetzt hier, in glühender Begier, jetzt dort, Unsinn'ger Hoffnung voll, auf diesem Wege Die Beute, die im Garn liegt, zu erhaschen. Jetzt hat sie jeden sanftern Ri? versucht, Den sich im Fels der Regen ausgewaschen; Der Absturz ist, sie sieht es, unersteiglich; Doch, wie beraubt des Urtheils, kehrt sie um, Und f?ngt, als w?r's von vorn, zu klettern an. Und schwingt, die Unverdrossene, sich wirklich Auf Pfaden, die des Wandrers Fu?tritt scheut, Schwingt sich des Gipfels h?chstem Rande n?her Um einer Orme H?h; und da sie jetzt auf einem Granitblock steht, von nicht mehr Fl?chenraum Als eine Gemse sich zu halten braucht; Von ragendem Geklüfte rings geschreckt, Den Schritt nicht vorw?rts mehr, nicht rückw?rts wagt; Der Weiber Angstgeschrei durchkreischt die Luft: Stürzt sie urpl?tzlich, Ro? und Reuterinn, Von los sich l?sendem Gestein umprasselt, Als ob sie in den Orkus führe, schmetternd Bis an des Felsens tiefsten Fu? zurück, Und bricht den Hals sich nicht und lernt auch nichts: Sie rafft sich blo? zu neuem Klimmen auf.
Antilochus. Seht die Hy?ne, die blind-wüthende!
Odysseus. Nun? Und Automedon?
Der Hauptmann. Er endlich schwingt, Das Fahrzeug steht, die Rosse auch, geordnet-- Heph?stos h?tt' in so viel Zeit fast neu Den ganzen erznen Wagen schmieden k?nnen-- Er schwingt dem Sitz sich zu, und greift die Zügel: Ein Stein f?llt uns Argivern von der Brust. Doch eben jezt, da er die Pferde wendet, Ersp?hn die Amazonen einen Pfad, Dem Gipfel sanfthin zugeführt, und rufen, Das Thal rings mit Geschrei des Jubels füllend, Die K?niginn dahin, die sinnberaubte, Die immer noch des Felsens Sturz versucht. Sie, auf dies Wort, das Ro? zurücke werfend, Rasch einen Blick den Pfad schickt sie hinan; Und dem gestreckten Parder gleich, folgt sie Dem Blick auch auf dem Fu?: er, der Pelide, Entwich zwar mit den Rossen, rückw?rts strebend; Doch in den Gründen bald verschwand er mir, Und was aus ihm geworden, wei? ich nicht.
Antilochus. Verloren ist er!
Diomedes. Auf! Was thun wir, Freunde?
Odysseus. Was unser Herz, ihr K?nige, gebeut! Auf! la?t uns ihn der K?niginn entrei?en! Gilt's einen Kampf um ihn auf Tod und Leben: Den Kampf bei den Atriden fecht' ich aus.
Odysseus, Diomedes, Antilochus (ab.)

Dritter Auftritt
Der Hauptmann. Eine Schaar von Griechen. (welche w?hrend dessen einen Hügel bestiegen haben).
Ein Myrmidonier. (in die Gegend schauend.) Seht! Steigt dort über jenes Berges Rücken, Ein Haupt nicht, ein bewaffnetes, empor? Ein Helm, von Federbüschen überschattet? Der Nacken schon, der m?cht'ge, der es tr?gt? Die Schultern auch, die Arme, stahlumgl?nzt? Das ganze Brustgebild, O seht doch, Freunde, Bis wo den Leib der gold'ne Gurt umschlie?t?
Der Hauptmann. Ha! Wessen!
Der Myrmidonier. Wessen! Tr?um' ich, ihr Argiver? Die H?upter sieht man schon, geschmückt mit Blessen, Des Ro?gespanns! Nur noch die Schenkel sind, Die Hufen, von der H?he Rand bedeckt! Jetzt, auf dem Horizonte, steht das ganze Kriegsfahrzeug da! So geht die Sonne prachtvoll An einem heitern Frühlingstage auf!
Die Griechen. Triumph! Achilleus ist's! Der G?ttersohn! Selbst die Quadriga führet er heran! Er ist gerettet!
Der Hauptmann. Ihr Olympischen! So sei euch ew'ger Ruhm geg?nnt!--Odysseus! --Flieg Einer den argol'schen Fürsten nach! (Ein Grieche schnell ab.) Naht er sich uns, ihr Danaer?
Der Myrmidonier. O sieh!
Der Hauptmann. Was giebt's?
Der Myrmidonier. O mir vergeht der Athem, Hauptmann!
Der Hauptmann. So rede, sprich!
Der Myrmidonier. O, wie er mit der Linken Vor über seiner Rosse Rücken geht! Wie er die Gei?el umschwingt über sie! Wie sie von ihrem blo?en Klang erregt, Der Erde Grund, die g?ttlichen, zerstampfen! Am Zügel zieh'n sie, beim Lebendigen, Mit ihrer Schlünde Dampf, das Fahrzeug fort! Gehetzter Hirsche Flug ist schneller nicht! Der Blick dr?ngt unzerknickt sich durch die R?der, Zur Scheibe fliegend eingedreht, nicht hin!
Ein ?tolier. Doch hinter ihm--
Der Hauptmann. Was?
Der Myrmidonier. An des Berges Saum--
Der ?tolier. Staub--
Der Myrmidonier. Staub aufqualmend, wie Gewitterwolken: Und, wie der Blitz vorzuckt--
Der ?tolier. Ihr ew'gen G?tter!
Der Myrmidonier. Penthesilea.
Der Hauptmann. Wer?
Der ?tolier. Die K?niginn!-- Ihm auf dem Fu?, dem Pele?den, schon Mit ihrem ganzen Tro? von Weibern folgend.
Der Hauptmann. Die rasende Meg?r'!
Die Griechen. (rufend) Hieher den Lauf! Hieher den Lauf, du g?ttlicher gerichtet! Auf uns den Lauf!
Der ?tolier. Seht! wie sie mit den Schenkeln Des Tiegers Leib inbrünstiglich umarmt! Wie sie, bis auf die M?hn' herabgebeugt, Hinweg die Luft trinkt lechzend, die sie hemmt! Sie fliegt, wie von der Senne abgeschossen: Numidsche Pfeile sind nicht hurtiger! Das Heer bleibt keuchend, hinter ihr, wie K?ter, Wenn sich ganz aus die Dogge streckt, zurück! Kaum da? ihr Federbusch ihr folgen kann!
Der Hauptmann. So naht sie ihm?
Ein Doloper. Naht ihm!
Der Myrmidonier. Naht ihm noch nicht!
Der Doloper. Naht ihm, ihr Danaer! Mit jedem Hufschlag, Schlingt sie, wie hungerhei?, ein Stück des Weges, Der sie von dem Peliden trennt, hinunter!
Der Myrmidonier. Bei allen hohen G?ttern, die uns schützen! Sie w?chst zu seiner Gr??e schon heran! Sie athmet schon,
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