Nathan der Weise | Page 4

Gotthold Ephraim Lessing
will mit einer silbern Zange Gern aus der Glut gehoben sein, um selbst Ein Topf von Silber sich zu dünken.--Pah!-- Und was es schadet, fragst du? was es schadet? Was hilft es? dürft' ich nur hinwieder fragen.-- Denn dein "Sich Gott um so viel n?her fühlen" Ist Unsinn oder Gottesl?sterung.-- Allein es schadet; ja, es schadet allerdings.-- Kommt! h?rt mir zu.--Nicht wahr? dem Wesen, das Dich rettete,--es sei ein Engel oder Ein Mensch,--dem m?chtet ihr, und du besonders, Gern wieder viele gro?e Dienste tun?-- Nicht wahr?--Nun, einem Engel, was für Dienste, Für gro?e Dienste k?nnt ihr dem wohl tun? Ihr k?nnt ihm danken; zu ihm seufzen, beten; K?nnt in Entzückung über ihn zerschmelzen; K?nnt an dem Tage seiner Feier fasten, Almosen spenden.--Alles nichts.--Denn mich Deucht immer, da? ihr selbst und euer N?chster Hierbei weit mehr gewinnt, als er. Er wird Nicht fett durch euer Fasten; wird nicht reich Durch eure Spenden; wird nicht herrlicher Durch eu'r Entzücken; wird nicht m?chtiger Durch eu'r Vertraun. Nicht wahr? Allein ein Mensch!
Daja. Ei freilich h?tt' ein Mensch, etwas für ihn Zu tun, uns mehr Gelegenheit verschafft. Und Gott wei?, wie bereit wir dazu waren! Allein er wollte ja, bedurfte ja So v?llig nichts; war in sich, mit sich so Vergnügsam, als nur Engel sind, nur Engel Sein k?nnen.
Recha. Endlich, als er gar verschwand...
Nathan. Verschwand?--Wie denn verschwand?--Sich untern Palmen Nicht ferner sehen lie??--Wie? oder habt Ihr wirklich schon ihn weiter aufgesucht?
Daja. Das nun wohl nicht.
Nathan. Nicht, Daja? nicht?--Da sieh Nun was es schad't!--Grausame Schw?rmerinnen! Wenn dieser Engel nun--nun krank geworden!...
Recha. Krank!
Daja. Krank! Er wird doch nicht!
Recha. Welch kalter Schauer Bef?llt mich!--Daja!--Meine Stirne, sonst So warm, fühl! ist auf einmal Eis.
Nathan. Er ist Ein Franke, dieses Klimas ungewohnt; Ist jung; der harten Arbeit seines Standes, Des Hungerns, Wachens ungewohnt.
Recha. Krank! krank!
Daja. Das w?re m?glich, meint ja Nathan nur.
Nathan. Nun liegt er da! hat weder Freund, noch Geld Sich Freunde zu besolden.
Recha. Ah, mein Vater!
Nathan. Liegt ohne Wartung, ohne Rat und Zusprach', Ein Raub der Schmerzen und des Todes da!
Recha. Wo? wo?
Nathan. Er, der für eine, die er nie Gekannt, gesehn--genug, es war ein Mensch Ins Feu'r sich stürzte...
Daja. Nathan, schonet ihrer!
Nathan. Der, was er rettete, nicht n?her kennen, Nicht weiter sehen mocht',--um ihm den Dank Zu sparen...
Daja. Schonet ihrer, Nathan!
Nathan. Weiter Auch nicht zu sehn verlangt',--es w?re denn, Da? er zum zweitenmal es retten sollte-- Denn g'nug, es ist ein Mensch...
Daja. H?rt auf, und seht!
Nathan. Der, der hat sterbend sich zu laben, nichts Als das Bewu?tsein dieser Tat!
Daja. H?rt auf! Ihr t?tet sie!
Nathan. Und du hast ihn get?tet!-- H?ttst so ihn t?ten k?nnen.--Recha! Recha! Es ist Arznei, nicht Gift, was ich dir reiche. Er lebt!--komm zu dir!--ist auch wohl nicht krank: Nicht einmal krank!
Recha. Gewi??--nicht tot? nicht krank?
Nathan. Gewi?, nicht tot! Denn Gott lohnt Gutes, hier Getan, auch hier noch.--Geh!--Begreifst du aber, Wieviel and?chtig schw?rmen leichter, als Gut handeln ist? wie gern der schlaffste Mensch And?chtig schw?rmt, um nur,--ist er zu Zeiten Sich schon der Absicht deutlich nicht bewu?t-- Um nur gut handeln nicht zu dürfen?
Recha. Ah, Mein Vater! la?t, la?t Eure Recha doch Nie wiederum allein!--Nicht wahr, er kann Auch wohl verreist nur sein?--
Nathan. Geht!--Allerdings.-- Ich seh, dort mustert mit neugier'gem Blick Ein Muselmann mir die beladenen Kamele. Kennt Ihr ihn?
Daja. Ha! Euer Derwisch.
Nathan. Wer?
Daja. Euer Derwisch; Euer Schachgesell!
Nathan. Al-Hafi? das Al-Hafi?
Daja. Itzt des Sultans Schatzmeister.
Nathan. Wie? Al-Hafi? Tr?umst du wieder? Er ist's!--wahrhaftig, ist's!--k?mmt auf uns zu. Hinein mit Euch, geschwind!--Was werd ich h?ren!

Dritter Auftritt
Nathan und der Derwisch.
Derwisch. Rei?t nur die Augen auf, so weit Ihr k?nnt!
Nathan. Bist du's? Bist du es nicht?--In dieser Pracht, Ein Derwisch!...
Derwisch. Nun? warum denn nicht? L??t sich Aus einem Derwisch denn nichts, gar nichts machen?
Nathan. Ei wohl, genug!--Ich dachte mir nur immer, Der Derwisch--so der rechte Derwisch--woll' Aus sich nichts machen lassen.
Derwisch. Beim Propheten Da? ich kein rechter bin, mag auch wohl wahr sein. Zwar wenn man mu?--
Nathan. Mu?! Derwisch!--Derwisch mu?? Kein Mensch mu? müssen, und ein Derwisch mü?te? Was mü?t' er denn?
Derwisch. Warum man ihn recht bittet, Und er für gut erkennt: das mu? ein Derwisch.
Nathan. Bei unserm Gott! da sagst du wahr.--La? dich Umarmen, Mensch.--Du bist doch noch mein Freund?
Derwisch. Und fragt nicht erst, was ich geworden bin?
Nathan. Trotzdem, was du geworden!
Derwisch. K?nnt' ich nicht Ein Kerl im Staat geworden sein, des Freundschaft Euch ungelegen w?re?
Nathan. Wenn dein Herz Noch Derwisch ist, so wag ich's drauf. Der Kerl Im Staat, ist nur dein Kleid.
Derwisch. Das auch geehrt Will sein.--Was meint Ihr? ratet!--Was w?r' ich An Eurem Hofe?
Nathan. Derwisch; weiter nichts. Doch nebenher, wahrscheinlich--Koch.
Derwisch. Nun ja! Mein Handwerk bei Euch zu verlernen.--Koch! Nicht Kellner auch?--Gesteht, da? Saladin Mich besser kennt.--Schatzmeister bin ich bei-- Ihm worden.
Nathan. Du?--bei ihm?
Derwisch. Versteht: Des kleinern Schatzes,--denn des gr??ern wartet Sein Vater noch--des Schatzes für sein Haus.
Nathan. Sein Haus ist gro?.
Derwisch. Und gr??er, als Ihr glaubt; Denn jeder Bettler ist von seinem Hause.
Nathan. Doch
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 38
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.