Maass für Maass | Page 6

William Shakespeare

appelliere an die Justiz, und bringe hier vor Euer Gnaden ein paar
notorische Beneficanten.
Angelo. Beneficanten? Was haben sie denn Gutes gethan? Du willt
Maleficanten sagen, vermuthlich.
Ellbogen. Euer Gnaden nehmen mir nicht übel, ich weiß nicht wer sie
sind; aber ausgemachte Buben sind es, das weiß ich gewiß, und leer an
aller Profanation, welche gute Christen haben sollten.
Escalus. Das geht gut; das ist ein weiser Official.
Angelo. Zur Sache; von was für einer Gattung Leute sind sie? Ellbogen
heißt ihr? Warum redst du nicht, Ellbogen?
Harlequin. Er kan nicht, Gnädiger Herr; er hat ein Loch im Ellbogen.
Angelo. Wer seyd ihr, Monsieur?
Ellbogen. Er? Ein Bierzapfer, Gnädiger Herr, ein Schlingel von einem
H** Wirth, einer der bey einem übelberüchtigten Weibsbild in
Diensten ist; dessen Haus, Gnädiger Herr, wie die Leute sagen, in den
Vorstädten nieder gerissen worden ist. Izt hält sie ein Badhaus, welches,
denk ich, wohl so gut oder nicht besser seyn wird, als ein H** Haus.
Escalus. Woher wißt ihr das?
Ellbogen. Mein Weib, Gnädiger Herr, die ich vorm Angesicht des
Himmels und Euer Gnaden detestire--
Escalus. Wie? dein Weib?
Ellbogen. Ja, Gnädiger Herr, Gott sey Dank, sie ist ein ehrliches Weib--
Escalus. Und darum detestirst du sie?
Ellbogen. Ich sage Gnädiger Herr, ich detestire mich selbst sowohl als

sie, daß dieses Haus, wenn es nicht ein H** Haus ist, so daurt mich ihr
Leben, denn es ist ein schlimmes Haus.
Escalus. Und woher weist du es denn?
Ellbogen. Sapperment, Gnädiger Herr, von meinem Weib, die, wenn
sie ein Weib wäre, das den cardinalischen* Lüsten nachhienge, in
diesem Haus in Hurerey, Ehebruch, und alle Unreinigkeit hätte
gerathen können.
{ed.-* Es braucht kaum der Anmerkung, daß Ellbogen den Fehler hat,
gerne lateinische Worte einzumengen, die er nicht recht ausspricht; er
sagt detestiren für attestiren, cardinalisch für carnalisch. respectirt für
suspect, u.s.w.}
Escalus. Durch dieser Frauen Vorschub?
Ellbogen. Ja, Gnädiger Herr, durch Frau Overdons Vorschub; aber sie
spie ihm ins Gesicht, wie er sie--
Harlequin. Mit Euer Gnaden Erlaubniß, es ist nicht so.
Ellbogen. Beweis es, beweis es vor diesen Schurken, du Ehrenmann!
beweis es.
Escalus. Hört ihr, wie er sich verspricht?
Harlequin. Gnädiger Herr, sie gieng mit dem Kind als sie in unser Haus
kam, und hatte (mit Respect vor Euer Gnaden zu sagen) einen Gelust
nach gebratnen Pflaumen; Gnädiger Herr, wir hatten nur zwey im
Hause, und die lagen zu eben derselben Zeit, wie das begegnete, in
einem Confect-Teller, einem Teller für drey oder vier Groschen; Euer
Gnaden haben wol auch solche Teller gesehen, es sind keine
Porcellan-Teller, aber sehr gute Teller.
Escalus. Weiter, weiter, es ist am Teller nichts gelegen--
Harlequin. Nein, in der That nicht, Gnädiger Herr, in diesem Stük hat
Euer Gnaden recht: Aber zur Sache zu kommen; wie ich sagte, diese
Madam Ellbogen gieng mit dem Kind, und hatte, wie ich sagte, schon
einen ziemlich grossen Bauch, und gelüstete, wie ich sagte, nach
Pflaumen, und es waren nur noch zwey auf dem Teller, wie ich sagte;
denn dieser Herr von Schaum hier, dieser Junker, der hier steht, hatte
die übrigen gegessen, wie ich sagte, und er bezahlte sie ehrlich, das
muß ich sagen; denn, wie ihr wißt, Junker Schaum, ich konnte euch
nicht drey Kreuzer herausgeben--
Schaum. Nein, in der That.
Harlequin. Das muß wahr seyn; ihr waret eben daran, wenn ihr euch

noch erinnert, die Steine von den vorbesagten Pflaumen aufzuknaken.
Schaum. Ja, das that ich, in der That.
Escalus. Fort, ihr seyd ein langweiliger Narr, zur Sache; was that man
denn Ellbogens seinem Weib, daß er Ursach zu klagen hat? Kommt auf
das, was man ihr that.
Harlequin. Gnädiger Herr, Euer Gnaden kan noch nicht auf das
kommen.
Escalus. Das ist auch nicht meine Absicht.
Harlequin. Aber Euer Gnaden soll darauf kommen, mit Euer Gnaden
Erlaubniß; und ich bitte euch, sehet einmal diesen Junker Schaum an,
Gnädiger Herr, einen Mann von achtzig Pfund Renten des Jahrs, dessen
Vater an aller Heiligen Tag gestorben ist. War es nicht aller Heiligen
Tag, Junker Schaum?
Schaum. Aller Heiligen Abend.
Harlequin. Gut, gut; ich hoffe, das ist ein Mann dem man glauben muß.
Er saß eben, Gnädiger Herr, wie ich sagte, in einem niedern Sessel,
Gnädiger Herr; es war in der Traube, wo ihr in der That so gerne zu
sizen pflegt; nicht wahr?
Schaum. Es ist so, weil es eine hübsche offne Stube ist, und gut für den
Winter.
Harlequin. Das heißt gesprochen, wie es sich gehört; ich hoffe, hier ist
ein Mann, der Glauben finden wird.
Angelo. Das wird eine Rußische Nacht auswähren, wenn die Nächte
am längsten sind. Ich will mich beurlauben und es euch überlassen, die
Sache zu untersuchen, in der Hoffnung, ihr werdet gute Ursache finden,
ihnen allerseits den Staupbesen geben zu lassen.
(Geht ab.)

Dritte Scene. (Die Vorigen.)
Escalus. Nun, Monsieur, zur Hauptsache; was that man Ellbogens
Weib?
Harlequin.
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 33
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.