er auch überall; so lie? man ihn passieren, wie etwa in einem wohlgeordneten Hauswesen eine hübsche Katze mitleben mag, die jeder nachsichtig zu dulden meint, w?hrend sie unbekümmert zwischen allen den flei?igen und bedrückten Menschen ein sorgenlos elegantes, prachtvoll herrenm??iges und arbeitsloses Dasein verlebt.
?Aber jetzt w?ret ihr schon lang im Bett, wenn ich nicht gekommen w?re,? rief Knulp, indem er seine Papiere wieder an sich nahm. Er stand auf und machte der Hausfrau ein Kompliment.
?Komm, Rothfu?, und zeig mir, wo mein Bett steht.?
Der Meister begleitete ihn mit Licht die schmale Stiege zum Dachstock hinauf und in die Gesellenkammer. Da stand eine leere eiserne Bettstatt an der Wand und daneben eine h?lzerne, die mit Bettzeug versehen war.
?Willst eine Bettflasche?? fragte der Hauswirt v?terlich.
?Das fehlt gerade noch,? lachte Knulp. ?Der Herr Meister, der braucht freilich keine, wenn er so ein hübsches kleines Frauelein hat.?
?Ja, siehst du,? meinte Rothfu? ganz eifrig, ?da steigst du jetzt in dein kaltes Gesellenbett in der Dachkammer, und manchmal noch in ein schlechteres, und manchmal hast du gar keins und mu?t im Heu schlafen. Aber unsereiner hat Haus und Gesch?ft und eine nette Frau. Schau, du k?nntest doch schon lang Meister sein und weiter als ich, wenn du blo? gewollt h?ttest.?
Knulp hatte unterdessen in aller Eile die Kleider abgelegt und sich fr?stelnd in das kühle Bettzeug verkrochen.
?Wei?t du noch viel?? fragte er. ?Ich liege gut und kann zuh?ren.?
?Es ist mir Ernst gewesen, Knulp.?
?Mir auch, Rothfu?. Du mu?t aber nicht meinen, das Heiraten sei eine Erfindung von dir. Also gut Nacht auch!?
* * * * *
Den anderen Tag blieb Knulp im Bette liegen. Er fühlte sich noch etwas schwach, und das Wetter war so, da? er doch das Haus kaum verlassen h?tte. Den Gerber, der sich vormittags bei ihm einfand, bat er, er m?ge ihn ruhig liegen lassen und ihm nur am Mittag einen Teller Suppe heraufbringen.
So lag er in der d?mmerigen Dachkammer den ganzen Tag still und zufrieden, fühlte K?lte und Wanderbeschwerden entschwinden und gab sich mit Lust dem Wohlgefühl warmer Geborgenheit hin. Er h?rte dem flei?igen Klopfen des Regens auf dem Dache zu und dem Wind, der unruhig, weich und f?hnig in launischen St??en ging. Dazwischen schlief er halbe Stunden oder las, solange es licht genug war, in seiner Wanderbibliothek; die bestand aus Bl?ttern, auf welche er sich Gedichte und Sprüche abgeschrieben hatte, und aus einem kleinen Bündel von Zeitungsausschnitten. Auch einige Bilder waren dazwischen, die er in Wochenbl?ttern gefunden und ausgeschnitten hatte. Zwei davon waren seine Lieblinge und sahen vom ?fteren Hervorziehen schon brüchig und zerfasert aus. Das eine stellte die Schauspielerin Eleonora Duse vor, das andere zeigte ein Segelschiff bei starkem Winde auf hoher See. Für den Norden und für das Meer hatte Knulp seit den Knabenjahren eine starke Vorliebe, und mehrmals hatte er sich dahin auf den Weg gemacht, war auch einmal bis ins Braunschweigische gekommen. Aber diesen Zugvogel, der immer unterwegs war und an keinem Orte lang verweilen konnte, hatte eine merkwürdige Bangigkeit und Heimatliebe immer wieder in raschen M?rschen nach Süddeutschland zurückgetrieben. Es mag auch sein, da? ihm die Sorglosigkeit verlorenging, wenn er in Gegenden mit fremder Mundart und Sitte kam, wo niemand ihn kannte und wo es ihm schwer fiel, sein legendenhaftes Wanderbüchlein in Ordnung zu halten.
Um die Mittagszeit brachte der Gerber Suppe und Brot herauf. Er trat leise auf und sprach in einem erschrockenen Flüsterton, da er Knulp für krank hielt und selber seit der Zeit seiner Kinderkrankheiten niemals am hellen Tage im Bett gelegen war. Knulp, der sich sehr wohl fühlte, gab sich keine Mühe mit Erkl?rungen und versicherte nur, er werde morgen wieder aufstehen und gesund sein.
Im sp?teren Nachmittag klopfte es an der Kammertür, und da Knulp im Halbschlummer lag und keine Antwort gab, trat die Meistersfrau vorsichtig herein und stellte statt des leeren Suppentellers eine Schale Milchkaffee auf die Stabelle am Bett.
Knulp, der sie wohl hatte hereinkommen h?ren, blieb aus Müdigkeit oder Laune mit geschlossenen Augen liegen und lie? nichts davon merken, da? er wach sei. Die Meisterin, mit dem leeren Teller in der Hand, warf einen Blick auf den Schl?fer, dessen Kopf auf dem halb vom blaugewürfelten Hemd?rmel bedeckten Arme lag. Und da ihr die Feinheit des dunklen Haares und die fast kindliche Sch?nheit des sorglosen Gesichts auffiel, blieb sie eine Weile stehen und sah sich den hübschen Burschen an, von dem ihr der Meister viel Wunderliches erz?hlt hatte. Sie sah über den geschlossenen Augen die dichten Brauen auf der zarten, hellen Stirn und die schmalen, doch braunen Wangen, den feinen, hellroten Mund und den schlanken, lichten Hals, und alles gefiel ihr wohl, und sie dachte an die Zeit, da sie als Kellnerin im Ochsen je und je in Frühlingslaunen sich von einem solchen fremden, hübschen Buben hatte liebhaben lassen.
Indem sie sich, tr?umerisch und leicht erregt, ein wenig vorbeugte, um das ganze Gesicht zu sehen, glitt
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