Kabale und Liebe | Page 7

Friedrich von Schiller
Welt zu nichts taugen--Nun mu? ja mein Ferdinand wollen, oder die ganze Stadt hat gelogen. (Klingelt--Wurm kommt.) Mein Sohn soll hereinkommen. (Wurm geht ab, der Pr?sident auf und nieder, gedankenvoll.)

Siebente Scene.
Ferdinand. Pr?sident. Wurm, welcher gleich abgeht.
Ferdinand. Sie haben befohlen, gn?diger Herr Vater-Pr?sident. Leider mu? ich das, wenn ich meines Sohns einmal froh werden will--La? Er uns allein, Wurm!--Ferdinand, ich beobachte dich schon eine Zeitlang und finde die offene rasche Jugend nicht mehr, die mich sonst so entzückt hat. Ein seltsamer Gram brütet auf deinem Gesicht. Du fliehst mich--du fliehst deine Zirkel--Pfui!--Deinen Jahren verzeiht man zehn Ausschweifungen vor einer einzigen Grille. überla? diese mir, lieber Sohn! Mich la? an deinem Glück arbeiten und denke auf nichts, als in meine Entwürfe zu spielen.--Komm! umarme mich, Ferdinand!
Ferdinand. Sie sind heute sehr gn?dig, mein Vater.
Pr?sident. Heute, du Schalk--und dieses Heute noch mit der herben Grimasse? (Ernsthaft.) Ferdinand!--Wem zu lieb hab' ich die gef?hrliche Bahn zum Herzen des Fürsten betreten? Wem zu lieb bin ich auf ewig mit meinem Gewissen und dem Himmel zerfallen?--H?re, Ferdinand!--Ich spreche mit meinem Sohn--Wem hab' ich durch die Hinwegr?umung meines Vorg?ngers Platz gemacht--eine Geschichte, die desto blutiger in mein Inwendiges schneidet, je sorgf?ltiger ich das Messer der Welt verberge! H?re! sage mir, Ferdinand! Wem that ich Dies alles?
Ferdinand (tritt mit Schrecken zurück). Doch mir nicht, mein Vater? Doch auf mich soll der blutige Widerschein dieses Frevels nicht fallen? Beim allm?chtigen Gott! es ist besser, gar nicht geboren zu sein, als dieser Missethat zur Ausrede dienen!
Pr?sident. Was war das? Was? Doch ich will es dem Romanenkopfe zu gut halten!--Ferdinand!--ich will mich nicht erhitzen, vorlauter Knabe--Lohnst du mir also für meine schlaflosen N?chte? Also für meine rastlose Sorge? Also für den ewigen Scorpion meines Gewissens?--Auf mich f?llt die Last der Verantwortung--auf mich der Fluch, der Donner des Richters--Du empf?ngst dein Glück von der zweiten Hand--das Verbrechen klebt nicht am Erbe.
Ferdinand (streckt die rechte Hand gen Himmel). Feierlich entsag' ich hier einem Erbe, das mich nur an einen abscheulichen Vater erinnert.
Pr?sident. H?re, junger Mensch, bringe mich nicht auf!--Wenn es nach deinem Kopf ginge, du kr?chest dein Lebenlang im Staube.
Ferdinand. O, immer noch besser, Vater, als ich kr?ch' um den Thron herum.
Pr?sident (verbei?t seinen Zorn). Hum!--Zwingen mu? man dich, dein Glück zu erkennen. Wo zehn Andre mit aller Anstrengung nicht hinaufklimmen, wirst du spielend, im Schlafe gehoben. Du bist im zw?lften Jahre F?hndrich. Im zwanzigsten Major. Ich hab' es durchgesetzt beim Fürsten. Du wirst die Uniform ausziehen und in das Ministerium eintreten. Der Fürst sprach vom Geheimenrath--Gesandtschaften--au?erordentlichen Gnaden. Eine herrliche Aussicht dehnt sich vor dir!--Die ebene Stra?e zun?chst nach dem Throne--zum Throne selbst, wenn anders die Gewalt so viel werth ist, als ihr Zeichen--das begeistert dich nicht?
Ferdinand. Weil meine Begriffe von Gr??e und Glück nicht ganz die Ihrigen sind--Ihre Glückseligkeit macht sich nur selten anders, als durch Verderben bekannt. Neid, Furcht, Verwünschung sind die traurigen Spiegel, worin sich die Hoheit eines Herrschers bel?chelt. --Thr?nen, Flüche, Verzweiflung die entsetzliche Mahlzeit, woran diese gepriesenen Glücklichen schwelgen, von der sie betrunken aufstehen und so in die Ewigkeit vor den Thron Gottes taumeln--Mein Ideal von Glück zieht sich genügsamer in mich selbst zurück. In meinem Herzen liegen alle meine Wünsche begraben.-Pr?sident. Meisterhaft! Unverbesserlich! Herrlich! Nach drei?ig Jahren die erste Vorlesung wieder!--Schade nur, da? mein fünfzigj?hriger Kopf zu z?h für das Lernen ist!--Doch--dies seltne Talent nicht einrosten zu lassen, will ich dir Jemand an die Seite geben, bei dem du dich in dieser buntscheckigen Tollheit nach Wunsch exercieren kannst.--Du wirst dich entschlie?en--noch heute entschlie?en--eine Frau zu nehmen.
Ferdinand (tritt bestürzt zurück). Mein Vater?
Pr?sident. Ohne Complimente.--Ich habe der Lady Milford in deinem Namen eine Karte geschickt. Du wirst dich ohne Aufschub bequemen, dahin zu gehen und ihr zu sagen, da? du ihr Br?utigam bist!
Ferdinand. Der Milford, mein Vater?
Pr?sident. Wenn sie dir bekannt ist-Ferdinand (au?er Fassung). Welcher Schands?ule im Herzogthum ist sie das nicht!--Aber ich bin wohl l?cherlich, lieber Vater, da? ich Ihre Laune für Ernst aufnehme? Würden Sie Vater zu dem Schurken Sohn sein wollen, der eine privilegierte Buhlerin heirathete?
Pr?sident. Noch mehr! Ich würde selbst um sie werben, wenn sie einen Fünfziger m?chte--Würdest du zu dem Schurken Vater nicht Sohn sein wollen?
Ferdinand. Nein! So wahr Gott lebt!
Pr?sident. Eine Frechheit, bei meiner Ehre! die ich ihrer Seltenheit wegen vergebe-Ferdinand. Ich bitte Sie, Vater! Lassen Sie mich nicht l?nger in einer Vermuthung, wo es mir unertr?glich wird, mich Ihren Sohn zu nennen.
Pr?sident. Junge, bist du toll? Welcher Mensch von Vernunft würde nicht nach der Distinction geizen, mit seinem Landesherrn an einem dritten Orte zu wechseln?
Ferdinand. Sie werden mir zum R?thsel, mein Vater. Distinction nennen Sie es--Distinction, da mit dem Fürsten zu theilen, wo er auch unter den Menschen hinunterkriecht?
Pr?sident (schl?gt ein Gel?chter auf).
Ferdinand. Sie k?nnen lachen--und ich will über das hinweggehen, Vater. Mit welchem Gesicht soll ich unter den schlechtesten Handwerker treten, der mit seiner Frau wenigstens doch einen ganzen K?rper zum Mitgift
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