Jenseits von Gut und Böse
[German, with accents]
The Project Gutenberg EBook of Jenseits von Gut und Bose
by Friedrick Wilhelm Nietzsche Copyright laws are changing all over
the world. Be sure to check the copyright laws for your country before
downloading or redistributing this or any other Project Gutenberg
eBook.
This header should be the first thing seen when viewing this Project
Gutenberg file. Please do not remove it. Do not change or edit the
header without written permission.
Please read the "legal small print," and other information about the
eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file. Included is
important information about your specific rights and restrictions in how
the file may be used. You can also find out about how to make a
donation to Project Gutenberg, and how to get involved.
**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts**
**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since
1971**
*****These eBooks Were Prepared By Thousands of
Volunteers!*****
Title: Jenseits von Gut und Bose
Author: Friedrick Wilhelm Nietzsche
Release Date: January, 2005 [EBook #7204] [This file was first posted
on March 26, 2003]
Edition: 10
Language: German
Character set encoding: ISO Latin-1
*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, JENSEITS
VON GUT UND BOSE ***
This text has been derived from HTML files at "Projekt Gutenberg -
DE" (http://www.gutenberg2000.de/nietzsche/jenseits/0htmldir.htm),
prepared by
[email protected].
Friedrich Nietzsche
Jenseits von Gut und Böse
Inhalt
Vorrede 1. Hauptstück: Von den Vorurtheilen der Philosophen. 2.
Hauptstück: Der freie Geist. 3. Hauptstück: Das religiöse Wesen. 4.
Hauptstück: Sprüche und Zwischenspiele. 5. Hauptstück: Zur
Naturgeschichte der Moral. 6. Hauptstück: Wir Gelehrten. 7.
Hauptstück: Unsere Tugenden. 8. Hauptstück: Völker und Vaterländer.
9. Hauptstück: Was ist vornehm? Aus hohen Bergen. Nachgesang.
Jenseits von Gut und Böse
Vorspiel einer Philosophie der Zukunft.
Vorrede.
Vorausgesetzt, dass die Wahrheit ein Weib ist -, wie? ist der Verdacht
nicht gegründet, dass alle Philosophen, sofern sie Dogmatiker waren,
sich schlecht auf Weiber verstanden? dass der schauerliche Ernst, die
linkische Zudringlichkeit, mit der sie bisher auf die Wahrheit
zuzugehen pflegten, ungeschickte und unschickliche Mittel waren, um
gerade ein Frauenzimmer für sich einzunehmen? Gewiss ist, dass sie
sich nicht hat einnehmen lassen: - und jede Art Dogmatik steht heute
mit betrübter und muthloser Haltung da. Wenn sie überhaupt noch steht!
Denn es giebt Spötter, welche behaupten, sie sei gefallen, alle
Dogmatik liege zu Boden, mehr noch, alle Dogmatik liege in den
letzten Zügen. Ernstlich geredet, es giebt gute Gründe zu der Hoffnung,
dass alles Dogmatisiren in der Philosophie, so feierlich, so end- und
letztgültig es sich auch gebärdet hat, doch nur eine edle Kinderei und
Anfängerei gewesen sein möge; und die Zeit ist vielleicht sehr nahe,
wo man wieder und wieder begreifen wird, was eigentlich schon
ausgereicht hat, um den Grundstein zu solchen erhabenen und
unbedingten Philosophen-Bauwerken abzugeben, welche die
Dogmatiker bisher aufbauten, - irgend ein Volks-Aberglaube aus
unvordenklicher Zeit (wie der Seelen-Aberglaube, der als Subjekt- und
Ich-Aberglaube auch heute noch nicht aufgehört hat, Unfug zu stiften),
irgend ein Wortspiel vielleicht, eine Verführung von Seiten der
Grammatik her oder eine verwegene Verallgemeinerung von sehr
engen, sehr persönlichen, sehr menschlich-allzumenschlichen
Thatsachen. Die Philosophie der Dogmatiker war hoffentlich nur ein
Versprechen über Jahrtausende hinweg: wie es in noch früherer Zeit die
Astrologie war, für deren Dienst vielleicht mehr Arbeit, Geld,
Scharfsinn, Geduld aufgewendet worden ist, als bisher für irgend eine
wirkliche Wissenschaft: - man verdankt ihr und ihren "überirdischen"
Ansprüchen in Asien und Agypten den grossen Stil der Baukunst. Es
scheint, dass alle grossen Dinge, um der Menschheit sich mit ewigen
Forderungen in das Herz einzuschreiben, erst als ungeheure und
furchteinflössende Fratzen über die Erde hinwandeln müssen: eine
solche Fratze war die dogmatische Philosophie, zum Beispiel die
Vedanta-Lehre in Asien, der Platonismus in Europa. Seien wir nicht
undankbar gegen sie, so gewiss es auch zugestanden werden muss, dass
der schlimmste, langwierigste und gefährlichste aller Irrthümer bisher
ein Dogmatiker-Irrthum gewesen ist, nämlich Plato's Erfindung vom
reinen Geiste und vom Guten an sich. Aber nunmehr, wo er
überwunden ist, wo Europa von diesem Alpdrucke aufathmet und zum
Mindesten eines gesunderen - Schlafs geniessen darf, sind wir, deren
Aufgabe das Wachsein selbst ist, die Erben von all der Kraft, welche
der Kampf gegen diesen Irrthum grossgezüchtet hat. Es hiess allerdings
die Wahrheit auf den Kopf stellen und das Perspektivische, die
Grundbedingung alles Lebens, selber verleugnen, so vom Geiste und
vom Guten zu reden, wie Plato gethan hat; ja man darf, als Arzt, fragen:
"woher eine solche Krankheit am schönsten Gewächse des Alterthums,
an Plato? hat ihn doch der böse Sokrates verdorben? wäre Sokrates
doch der Verderber der Jugend gewesen? und hätte seinen Schlierling
verdient?" - Aber der Kampf gegen Plato, oder, um es verständlicher
und für's "Volk" zu sagen, der Kampf gegen den christlich-kirchlichen
Druck von Jahrtausenden - denn Christenthum ist Platonismus