Italienische Reise, vol 2 | Page 7

Johann Wolfgang von Goethe
das tiefe Meer zur��ckkehrte, wo man nichts weiter sah als den Kopf des schwimmenden Pferdes, ihn aber bis an die Schultern.
Um drei Uhr nachmittags fuhren wir weiter, und als wir Capua drei Meilen hinter uns gelassen hatten, es war schon eine Stunde in der Nacht, zerbrachen wir das Hinterrad unsres Wagens. Das hielt uns einige Stunden auf, um ein andres an die Stelle zu nehmen. Da aber dieses geschehen war und wir abermals einige Meilen zur��ckgelegt hatten, brach die Achse. Hier��ber wurden wir sehr verdrie?lich; wir waren so nah bei Neapel und konnten doch unsre Freunde nicht sprechen. Endlich langten wir einige Stunden nach Mitternacht daselbst an, wo wir noch so viele Menschen auf der Stra?e fanden, als man in einer andern Stadt kaum um Mittag findet.
Hier hab' ich nun alle unsre Freunde gesund und wohl angetroffen, die sich alle freuten, dasselbe von Ihnen zu h?ren. Ich wohne bei Herrn Hackert im Hause; vorgestern war ich mit Ritter Hamilton zu Pausilipo auf seinem Lusthause. Da kann man denn freilich nichts Herrlicheres auf Gottes Erdboden schauen. Nach Tische schwammen ein Dutzend Jungen in dem Meere, das war sch?n anzusehen. Die vielen Gruppen und Stellungen, welche sie in ihren Spielen machten! Er bezahlt sie daf��r, damit er jeden Nachmittag diese Lust habe. Hamilton gef?llt mir au?erordentlich wohl; ich sprach vieles mit ihm, sowohl hier im Haus, als auch da wir auf dem Meer spazierenfuhren. Es freute mich au?erordentlich, so viel von ihm zu erfahren, und hoffe noch viel Gutes von diesem Manne. Schreiben Sie mir doch die Namen Ihrer ��brigen hiesigen Freunde, damit ich auch sie kennen lernen und gr��?en kann. Bald sollen Sie mehreres von hier vernehmen. Gr��?en Sie alle Freunde, besonders Angelika und Reiffenstein.
N. S. Ich finde es in Neapel sehr viel hei?er als in Rom, nur mit dem Unterschied, da? die Luft ges��nder ist und auch best?ndig etwas frischer Wind weht, aber die Sonne hat viel mehr Kraft; die ersten Tage war es mir fast unertr?glich. Ich habe blo? von Eis--und Schneewasser gelebt.
Sp?ter, ohne Datum.
Gestern h?tt' ich Sie in Neapel gew��nscht: einen solchen L?rmen, eine solche Volksmenge, die nur da war, um E?waren einzukaufen, hab' ich in meinem Leben nicht gesehen; aber auch so viele dieser E?waren sieht man nie wieder beisammen. Von allen Sorten war die gro?e Stra?e Toledo fast bedeckt. Hier bekommt man erst eine Idee von einem Volk, das in einer so gl��cklichen Gegend wohnt, wo die Jahreszeit t?glich Fr��chte wachsen l??t. Denken Sie sich, da? heute 500 000 Menschen im Schmausen begriffen sind und das auf Neapolitaner Art. Gestern und heute war ich an einer Tafel, wo gefressen ist worden, da? ich erstaunt bin; ein s��ndiger ��berflu? war da. Kniep sa? auch dabei und ��bernahm sich so, von allen den leckern Speisen zu essen, da? ich f��rchtete, er platze; aber ihn r��hrte es nicht, und er erz?hlte dabei immer von dem Appetit, den er auf dem Schiff und in Sizilien gehabt habe, indessen Sie f��r Ihr gutes Geld, teils aus ��belbefinden, teils aus Vorsatz, gefastet und so gut als gehungert.
Heute ist schon alles aufgefressen worden, was gestern verkauft wurde, und man sagt, morgen sei die Stra?e wieder so voll, als sie gestern war. Toledo scheint ein Theater, wo man den ��berflu? zeigen will. Die Butiken sind alle ausgeziert mit E?waren, die sogar ��ber die Stra?e in Girlanden hin��berh?ngen, die W��rstchen zum Teil vergoldet und mit roten B?ndern gebunden; die welschen Hahnen haben alle eine rote Fahne im Hintern stecken, deren sind gestern drei?igtausend verkauft worden, dazu rechne man die, welche die Leute im Hause fett machen. Die Zahl der Esel mit Kapaunen beladen sowie der andern mit kleinen Pomeranzen belastet, die gro?en auf dem Pflaster aufgesch��tteten Haufen solcher Goldfr��chte erschreckten einen. Aber am sch?nsten m?chten doch die Butiken sein, wo gr��ne Sachen verkauft werden, und die, wo Rosinentrauben, Feigen und Melonen ausgesetzt sind: alles so zierlich zur Schau geordnet, da? es Auge und Herz erfreut. Neapel ist ein Ort, wo Gott h?ufig seinen Segen gibt f��r alle Sinne.
Sp?ter, ohne Datum.
Hier haben Sie eine Zeichnung von den T��rken, die hier gefangen liegen. Der "Herkules", wie es erst hie?, hat sie nicht genommen, sondern ein Schiff, welches die Korallenfischer begleitete. Die T��rken sahen dieses christliche Fahrzeug und machten sich dran, um es wegzunehmen, aber sie fanden sich betrogen; denn die Christen waren st?rker, und so wurden sie ��berw?ltigt und gefangen hierher gef��hrt. Es waren drei?ig Mann auf dem christlichen Schiffe, vierundzwanzig auf dem t��rkischen; sechs T��rken blieben im Gefechte, einer ist verwundet. Von den Christen ist kein einziger geblieben, die Madonna hat sie besch��tzt.
Der Schiffer hat eine gro?e Beute gemacht; er fand sehr viel Geld und Waren, Seidenzeug und Kaffee, auch einen reichen Schmuck, welcher einer jungen Mohrin geh?rte.
Es war merkw��rdig, die vielen tausend Menschen zu sehen, welche Kahn an Kahn dahinfuhren, um die Gefangenen zu beschauen,
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