Huttens Letzte Tage | Page 8

Conrad Ferdinand Meyer
Hutten sich--?Nun aber, gro?er Mann, ermanne dich!
Die Satyrmaske lege sie beiseit--?Ein offnes Antlitz fordert unsre Zeit.
Freund--alles ist vergeben, rede frei!?Ich schütze dich vor Papst und Klerisei!
Du kennst die Wahrheit, übe nicht Verrat,?Gib Zeugnis! Wage eine Mannestat!
Bekenn, Erasme, ob du ein Papist,?Ein R?mer oder evangelisch bist!
Kein Drittes! Gib in gro?em Stile dich!?Du kneifst die Lippen--bist du unser? Sprich!...
Dein schlaues Auge blickt mich sp?ttisch an?...?Vale, Erasme! Tot und abgetan!
XXXV Das Huttenlied
Der Ufenau vorüber glitt ein Kahn?Ganz nah. Fast stie? er an das Ufer an.?Von fahrnden Schülern war der Nachen voll,?Ein Lied aus zwanzig jungen Kehlen scholl.
Im Buchenlaub verborgen, unsichtbar,?Lag nahe zum Berühren ich der Schar.
Das Ruder schlug den Takt der Melodie,?Entlang das Inselufer sangen sie:
"Behüte Christ das edel fr?nkisch Blut!?Es schreibet uns viel kostlich Bücher gut!
Aus Treuen tut's der Ritter, ohne Lohn,?Die Treu verspürt die deutsche Nation!
Der R?mer schickt dir M?rder vor die Tür,?Ach edler Hut aus Franken, sieh dich für!"1
Sie brachen Zweiglein ab vom Buchenhag?Und keiner ahnte, wer dahinter lag.
1. Huttenlied.
XXXVI Deutsche Libert?t
Ein lustig Trommeln zieht den Strand entlang?Mit gellen Pfeifen und mit Kriegsgesang.?Sie l?sen ihre Stücke. Rauch und Dampf.?Er lichtet sich. Standarten, Ro?gestampf.
Gewalt'ge K?rper! Es ist eine Lust,?Wie sie daher stolzieren selbstbewu?t.
's ist Schwyzerboden. üppig flie?t der Sold,?Wild, immer wilder brennt der Durst nach Gold.
Die ?lpler haben Lebensüberflu??Und starkes Blut, da? man sie schr?pfen mu?.
Wem ziehn sie bei? Die Lilien seh' ich wehn,?Zu K?nig Franz wird dieser Reislauf gehn.
Nicht treibt der Schweizer seinen b?sen Lauf?Allein. Der Landsknecht nimmt es mit ihm auf.
Der deusche Ritter auch, er ficht und rauft?Für jeden fremdem K?nig, der ihn kauft.
Fürst, Pfaffe, Bauer, St?dte, Ritterschaft,?Ein jedes trotzt auf eigne Lebenskraft!
Zum Henker eine Freiheit, die vergi?t,?Was sie der Reichesehre schuldig ist!
Zum Teufel eine deutsche Libert?t,?Die prahlerisch in Feindeslager steht!
Geduld! Es kommt der Tag, da wird gespannt?Ein einig Zelt ob allem deutschen Land!
Geduld! Wir stehen einst um ein Panier?Und wer uns scheiden will, den morden wir!
Geduld! Ich kenne meines Volkes Mark!?Was langsam w?chst, das wird gedoppelt stark.
Geduld! Was langsam reift, das altert spat!?Wann andre welken, werden wir ein Staat.
XXXVII Der Schmied
Am Ufer drüben seh' aus einem Schlot?Ich lust'ge Funken wirbeln purpurrot?Und Schmied und Ambo? kommt mir in den Sinn,?Davor ich einst erstaunt gestanden bin.
Als ein vom Weg Verirrter macht' ich Halt:?Es war um Mitternacht im schwarzen Wald.
Ein riesenhafter Schmied am Ambo? stand?Und hob den Hammer mit beru?ter Hand.
Zum ersten schlug er nieder, da? es scholl?Ringsum in finsterm Forst geheimnisvoll,
Und rief: "Mach, erster Streich, den Teufel fest,?Da? ihn die H?lle nicht entfahren l??t!"
Den Hammer er zum andern Male hob,?Den Ambo? schlug er, da? es Funken stob,
Und schrie: "Triff du den Reichsfeind, zweiter Schlag,?Da? ihn der Fu? nicht fürder tragen mag!"
Den Hammer hob er noch zum dritten Mal,?Der niederfuhr wie blanker Wetterstrahl,
Und lachte: "Schmiede, dritter, du die Treu?Und unsre alte Kaiserkrone neu!"
Huttens Gast
XXXVIII Der Pilger
Mich drückt der F?hn. Er atmet schwer und schwül.?Dort im Kapellendunkel ist es kühl.?Zu einer Abendruhe kehr' ich ein?Und werde wohl der einz'ge Beter sein.
Grü? Gott, mein schw?b'scher Nachbar Adalrich!1?Du l?chelst bl?d. Ein Stümper malte dich.
Ein Kirchlein tr?gst du sittig in der Hand:?Du schufst ein Kloster, merk' ich, hie zu Land!
Du gingest im Geleite deiner Zeit?Und hast's getan in Herzenslauterkeit.
Mir sinkt das Haupt... Wer da? Bin ich belauscht??Am Fu? des Altars hat Gewand gerauscht.
Ein Pilger kniet, der stumm die Lippen regt?Und betend seinen Rosenkranz bewegt.
Ein kühner Wuchs, geduckt in M?nchsgewand!?Und--mein' ich--eine schwertgewohnte Hand--
Was haucht mich an? Wie f?llt mir pl?tzlich bei,?Da? dieser M?nch ein b?ses Wesen sei?...
Was flüstert mir im Ohr, da? dieser still?Versunkne Mensch mir an das Leben will?...
Ein M?rder ist's, gesendet gegen mich!?Nein. Ruhig kniet und edel hebt er sich.
Er wendet sich der Uferbrandung zu--?Du bist ein Ritter! Warum pilgerst du?
1. Der Kirchenheilige der Ufenau
XXXIX Die Mahlzeit
Er steht am Strand und scheint hinauszusehn,?Als wollt' er auf dem Kamm der Wogen gehn.?Ein Blitz! Er stürzte prasselnd in die Flut!?Das Ufer glomm in bleicher Schwefelglut...
Das leidenvolle Schw?rmerangesicht?Umgab ein Heil'genschein von H?llenlicht...
Mein armer Hutten--du bist leibesschwach!?Ruf du den Pilger lieber unter Dach!
Ins Trockne, Pilger, eh' der Regen wogt!?Des Hauses Herr ist fort. Ich bin der Vogt.
Was stehet Ihr verzückt? Ihr werdet na?!?Gebt mir die Hand! Wir treten ins Gela?.
Seid hier willkommen! Machet's Euch bequem!?Wohin die Reise? "Nach Jerusalem."
Das, rüst'ger Pilgrim, liegt meerüber schon.?Ich fragte nach der n?chsten Station.
"Dort hinterm Berg Einsiedelns Gnadenhaus."?Leer ist das Nest. Die V?gel flogen aus.
Ihr schlagt ein Kreuz, als w?r' der B?se hier??Erlaubt! Mit einem Christen redet Ihr!
(Die welsche Fr?mmelei behagt mir schlecht...?Sei freundlich, Hutten! Er hat Gastes Recht!)
Ich wette, Herr, Ihr trugt Soldatentracht,?Nennt mir den Feldzug, den Ihr mitgemacht!
"Pamplonas W?lle, Herr, verteidigt' ich."?Das ehrt. Die Festung hielt sich ritterlich.
Und k?mpftet Ihr in keinem neuern Krieg??"Ich k?mpfe stets. Maria gibt den Sieg."
Sein redlich Bündel tr?gt ein jeder Christ.?"Maria rettet uns vor Satanslist."
(Mit solchen Nonnensprüchlein sticht er mich!?Potz Blut und Wunden... Hutten, z?hme dich!)
Pilger, ich hol' Euch einen Becher Wein??Ihr weigert Euch? So schenkt Euch Wasser ein.
(Er murmelt, exorziert den lautern Quell?In Ketzerland... Unheimlicher Gesell!
Rasch dunkelt's.
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