die Herdenglocken herauf, so lieblich und wohltuend, als ob sie weit und breit den Frieden einl?uteten. Auf dem gro?en Schneefelde drüben blitzten funkelnd und flimmernd goldene Sonnenstrahlen hin und her, und der graue Falknis hob seine Felsentürme in alter Majest?t hoch in den dunkelblauen Himmel hinauf. Der Morgenwind wehte leise und wonnig über die Alp und bewegte nur sachte die letzten blauen Glockenblümchen, die noch übriggeblieben waren von der gro?en Schar des Sommers und nun noch wohlig ihre K?pfchen im warmen Sonnenscheine wiegten. Obenhin flog der gro?e Raubvogel in weiten Bogen umher, aber er kr?chzte heute nicht. Mit ausgebreiteten Flügeln schwamm er ruhig durch die Bl?ue und lie? sich's wohl sein. Das Heidi guckte dahin und dorthin. Die lustig nickenden Blumen, der blaue Himmel, der fr?hliche Sonnenschein, der vergnügte Vogel in den Lüften, alles war so sch?n, so sch?n! Heidis Augen funkelten vor Wonne. Nun schaute es nach seinem Freunde, ob er auch alles recht sehe, was so sch?n war. Der Herr Doktor hatte bis jetzt still und gedankenvoll um sich geblickt. Wie er nun den freudegl?nzenden Augen des Kindes begegnete, sagte er:
?Ja, Heidi, es k?nnte sch?n sein hier, aber was meinst du? Wenn einer ein trauriges Herz hierher br?chte, wie mü?te er es wohl machen, da? er an all dem Sch?nen sich freuen k?nnte??
?Oh, oh!? rief das Heidi ganz fr?hlich aus. ?Hier hat man gar nie ein trauriges Herz, nur in Frankfurt.?
Der Herr Doktor l?chelte ein wenig, aber das ging schnell vorüber. Dann sagte er wieder: ?Und wenn einer k?me und alles Traurige aus Frankfurt mit hier heraufbr?chte, Heidi; wei?t du da auch noch etwas, das ihm helfen k?nnte??
?Man mu? nur alles dem lieben Gott sagen, wenn man gar nicht mehr wei?, was machen?, sagte das Heidi ganz zuversichtlich.
?Ja, das ist schon ein guter Gedanke, Kind?, bemerkte der Herr Doktor. ?Wenn es aber von ihm selbst kommt, was so ganz traurig und elend macht, was kann man da dem lieben Gott sagen??
Das Heidi mu?te nachdenken, was dann zu machen sei; es war aber ganz zuversichtlich, da? man für alle Traurigkeit eine Hilfe vom lieben Gott erhalten k?nne. Es suchte seine Antwort in seinen eigenen Erlebnissen.
?Dann mu? man warten?, sagte es nach einer Weile mit Sicherheit, ?und nur immer denken: jetzt wei? der liebe Gott schon etwas Freudiges, das dann nachher aus dem anderen kommt, man mu? nur noch ein wenig still sein und nicht fortlaufen. Dann kommt auf einmal alles so, da? man ganz gut sehen kann, der liebe Gott hatte die ganze Zeit nur etwas Gutes im Sinn gehabt; aber weil man das vorher noch nicht so sehen kann, sondern immer nur das furchtbar Traurige, so denkt man, es bleibe dann immer so.?
?Das ist ein sch?ner Glaube, den mu?t du festhalten, Heidi?, sagte der Herr Doktor. Eine Weile schaute er schweigend auf die m?chtigen Felsenberge hinüber und in das sonnenleuchtende grüne Tal hinab, dann sagte er wieder:
?Siehst du, Heidi, es k?nnte einer hier sitzen, der einen gro?en Schatten auf den Augen h?tte, so da? er das Sch?ne gar nicht aufnehmen k?nnte, das ihn hier umgibt. Dann m?chte doch wohl das Herz traurig werden hier, doppelt traurig, wo es so sch?n sein k?nnte. Kannst du das verstehen??
Jetzt scho? dem Heidi etwas Schmerzliches in sein frohes Herz. Der gro?e Schatten auf den Augen brachte ihm die Gro?mutter in Erinnerung, die ja nie mehr die helle Sonne und all das Sch?ne hier oben sehen konnte. Das war ein Leid in Heidis Herzen, das immer neu erwachte, sobald die Sache ihm wieder ins Bewu?tsein kam. Es schwieg eine Weile ganz still, denn das Weh hatte es so mitten in die Freude hineingetroffen. Dann sagte es ernsthaft:
?Ja, das kann ich schon verstehen. Aber ich wei? etwas: Dann mu? man die Lieder der Gro?mutter sagen, die machen einem wieder ein wenig helle und manchmal so hell, da? man ganz fr?hlich wird. Das hat die Gro?mutter gesagt.?
?Welche Lieder, Heidi?? fragte der Herr Doktor.
?Ich kann nur das von der Sonne und dem sch?nen Garten und noch von dem andern langen die Verse, die der Gro?mutter lieb sind, denn die mu? ich immer dreimal lesen?, erwiderte das Heidi.
?So sag mir einmal diese Verse, die m?chte ich auch h?ren?, und der Herr Doktor setzte sich zurecht, um aufmerksam zuzuh?ren.
Heidi legte seine H?nde ineinander und besann sich noch ein Weilchen:
?Soll ich dort anfangen, wo die Gro?mutter sagt, da? einem wieder eine Zuversicht ins Herz kommt??
Der Herr Doktor nickte bejahend.
Jetzt begann Heidi:
?Ihn, ihn la? tun und walten, Er ist ein weiser Fürst Und wird es so gestalten, Da? du dich wundern wirst, Wenn er, wie ihm gebühret, Mit wunderbarem Rat Das Werk hinausgeführet, Das dich bekümmert hat.
Er wird zwar eine Weile Mit seinem Trost verziehn Und tun an seinem Teile, Als h?tt' in seinem Sinn Er deiner sich begeben, Als sollt'st du für und für In Angst und N?ten schweben,
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