Grosse und Kleine Welt | Page 8

Honoré de Balzac
im Sp?tsommer, als Vervelle sich ein Herz fa?te und den Maler zum n?chsten Sonntag auf sein Landhaus einlud. "Ich wei? ja," sagte er bescheiden, "da? wir B��rgersleute einem K��nstler nicht viel Anziehendes bieten k?nnen. Die K��nstler brauchen Anregung, Schaugepr?nge und eine Umgebung geistvoller Personen. Bei mir werden Sie nichts finden als einen guten Wein; ich hoffe aber auch, da? meine Gem?ldegalerie Ihnen hilft, die Langeweile zu verscheuchen, die einen K��nstler wie Sie unter so einfachen Leuten befallen k?nnte."
Es entz��ckte den armen Pierre Grassou, der so wenig an Lobeserhebungen gew?hnt war, sich so gefeiert zu sehen. Dieser g��tige Mensch, dieser kaum mittelm??ige K��nstler, dies goldene Herz, diese treue Seele, dieser miserable Zeichner und brave Junge, den der k?nigliche Orden der Ehrenlegion zierte, warf sich in Gala, um die letzten sch?nen Tage des Jahres in Ville d'Avray zu genie?en. Er fuhr bescheiden im Omnibus. Das Schl??chen des ehemaligen Flaschenh?ndlers, das auf der H?he von Ville d'Avray, dem sch?nsten Punkt der Ortschaft, mitten in einem f��nf Morgen gro?en Park lag, erregte Grassous h?chste Bewunderung. Virginie heiraten, hie? also, eines Tages Besitzer dieser sch?nen Villa werden!
Von den Vervelles wurde er mit so begeisterter Freude, Liebensw��rdigkeit und ungeschickter Herzlichkeit aufgenommen, da? er sich besch?mt f��hlte. Es war ein Tag des Triumphes f��r ihn. In den zu Ehren des hohen Besuches sorgf?ltig geharkten Wegen f��hrte man seine Zukunftspl?ne spazieren.
Sogar die B?ume sahen aus, als ob sie gek?mmt worden w?ren. Die Rasenpl?tze waren frisch gem?ht. Durch die reine Landluft schwebten verhei?ungsvoll wunderbare K��chenger��che her��ber. Alles im Hause schien sich zuzufl��stern: "Wir haben einen gro?en K��nstler zu Gast!" Papa Vervelle kugelte wie ein Apfel durch seinen Park, die Tochter schl?ngelte sich wie ein Aal daher, und die Mutter folgte mit wichtigtuerischer Miene hinterdrein.
Unerm��dlich besch?ftigten die drei Leute sich ohne Unterbrechung sieben Stunden lang um ihren Gast. Auf das Diner, das sich in seiner k?stlichen Reichhaltigkeit sehr in die L?nge zog, folgte der gro?e Coup des Tages, die Besichtigung der Galerie. Drei Nachbarn, ehemalige Kaufleute, ein Erbonkel, den man zu Ehren des gro?en K��nstlers eingeladen hatte, ein altes Fr?ulein Vervelle und die Gastgeber selbst folgten dem Maler in die Galerie. Sie waren alle begierig, sein Urteil ��ber die ber��hmte Sammlung des kleinen Papa Vervelle zu h?ren und ��ber den fabelhaften Wert der Bilder Gewi?heit zu erlangen. Es schien, da? der Flaschenh?ndler mit K?nig Louis Philipp und den Galerien von Versailles hatte wetteifern wollen. An den kostbaren Rahmen waren kleine T?felchen angebracht, die auf goldenem Grund schwarze Aufschriften trugen. Sie lauteten: "Rubens, Tanz der Faune und Nymphen."--"Rembrandt, Inneres eines Anatomiesaales.--Dr. Tromp mit seinen Sch��lern." Die Galerie wurde durch Lampen erhellt, die besondere Beleuchtungseffekte erzielen sollten. Sie enthielt hundertf��nfzig alte, verstaubte Gem?lde. Vor einigen hingen gr��ne Vorh?nge, die man in Gegenwart der jungen Leute geschlossen lie?. Der K��nstler stand da, die Arme verschr?nkt und mit offenem Munde; er war sprachlos: in dieser Galerie fand er die H?lfte seiner eigenen Bilder wieder. Rubens, Paul Potter, Mieris, Gerard Dou,--zwanzig der gr??ten Meister waren Werke seiner Hand.
"Mein Gott! Was fehlt Ihnen? Wie bleich Sie geworden sind! Schnell ein Glas Wasser, Kind!" rief Mutter Vervelle. Der Maler zog Papa Vervelle am Rockknopf in einen Winkel der Galerie, unter dem Vorwand, einen Murillo betrachten zu wollen; die Bilder der Spanier waren damals in Mode. "Sagen Sie, haben Sie diese Gem?lde bei Elias Magus erstanden?" --"Ja, lauter Originale!"
"Unter uns gesagt, zu welchem Preise hat er Ihnen diejenigen verkauft, die ich Ihnen jetzt bezeichnen werde?" Sie machten nebeneinander einen Rundgang durch den Raum. Die G?ste waren entz��ckt davon, mit welchem Ernst der K��nstler sich an der Seite seines Gastgebers dem Studium der Meisterwerke hingab. "Dreitausend Francs!" sagte Vervelle mit fl��sternder Stimme, als sie vor dem letzten Bilde angelangt waren, "aber ich gab ihm viertausend daf��r."--"Einen Tizian f��r viertausend Francs?" sagte der Maler mit erhobener Stimme; "aber das w?re ja geschenkt!"--"Wie ich Ihnen sagte. Ich besitze hier f��r zusammen hunderttausend Taler Bilder!" rief Vervelle.
"Alle diese Bilder habe ich gemalt," sagte Pierre Grassou ihm ins Ohr, "und ich habe f��r alle zusammen nicht mehr als zehntausend Francs bekommen." "Beweisen Sie mir das," sagte der Flaschenh?ndler, "und ich werde die Mitgift meiner Tochter verdoppeln, denn dann sind Sie ja Rubens, Rembrandt, Terborch, Tizian in einer Person!"
"Und unser Magus ist ein h?chst talentierter Bilderh?ndler!" meinte der Maler, der nun endlich begriff, warum seine Bilder im Laden des Elias ein so merkw��rdiges Aussehen bekamen und weshalb der Alte immer so sonderbare Motive von ihm verlangt hatte.
Wollte man nun annehmen, da? Herr von Foug��res--auf diesen Namen bestand seine Familie--bei seinen Bewunderern an Hochachtung eingeb��?t h?tte, so irrte man darin. Sein Ansehen stieg ��ber alles Ma?. Die Portr?ts der Familie Vervelle f��hrte der Gl��ckliche aber nun unentgeltlich aus und brachte sie seinem Schwiegervater, seiner Schwiegermutter und seiner jungen Gattin als Geschenk dar.... Pierre Grassou, der heute bei keiner Ausstellung fehlt, gilt in der Welt der
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