Gedenkrede auf Wolfgang Amade Mozart | Page 2

Richard Beer-Hofmann
sein Spiel anhebt. Und dies ist die Stadt Paris, und wenn des heiligen Ludwig Enkel zu Tische sitzt, steht dies Kind neben der K?nigin, und sie reicht ihm Früchte von goldenen Tellern -- und dies ist die Insel Engelland, und wenn der K?nig mit der K?nigin im Parke f?hrt, neigt er sich aus der Kutsche und winkt l?chelnd dem Knaben.
Ist dies ein M?rchen?
Da? man an der Orgel, drauf er einmal gespielt, eine Tafel anschl?gt zu ewigem Ged?chtnis? Da? der Papst in Rom um diesen dünnen Kinderhals den Orden vom goldenen Sporen h?ngt? Da? ein alter Meister vor diesem Kind die Arbeit und den Ruhm eines Lebens zu Staub zerfallen sieht?: ?Dies Kind wird uns alle zu Vergessenen machen!?
Ist dies ein M?rchen?
Wenn es keines ist -- was k?nnte dem, der dieses erfahren, noch geschehen? Demütigungen? -- Sie gleiten von dem ab, dem die stolze Erinnerung solcher Jugend, wie ein goldener Harnisch um die schlanken Hüften sitzt. Armut? -- Er wird sie l?chelnd tragen, wie das Maskenkleid einer Karnevalsnacht. Und der Tod? -- Orpheus wei? es: Wenn er stirbt, wird seine Leier als ewiges Sternbild aufflammen!
Und so kann der Jüngling furchtlos nach den Zügeln seines Reiches greifen -- und was ist nicht sein Reich? Die Elemente sind um ihn geschart; aus Wassern rauscht es auf, alle Feuer lechzen zu ihm empor, aus den Lüften f?hrt es zu ihm herab und will Musik werden; und alle verg?ngliche Lust und Trauer der Kreatur hebt sich werbend ihm entgegen und will ewig werden in Musik!
Und er rührt daran -- und ein Abglanz seines Angesichts liegt auf allem! Helle, unbestochene Kinderaugen sehen die Welt, und diese Lippen haben nicht Bitterkeit, noch Ekel geschmeckt.
Aus tiefgedüngtem, altem, bluterfülltem Boden w?chst, was uns bewegt. Wer wei?, ob nicht ein ungestilltes Sehnen vieler Ahnen auf solchen, und nicht anderen Lippen sich erfüllen will? Flammt nicht vielleicht aus unserem Ha? die ungesühnte Qual von Toten? Und was r?tselhaft mit eisigen Fingern im Dunkel uns umtastet -- weht es aus noch nicht vergessenen Schauern einer alten Urnacht?
Aber dieses Meisters T?ne klingen von den stilldurchsonnten Matten hochumschlossener T?ler. Auf jungfr?ulichem Boden sprie?t es auf, und, wie im Unschuldsstande der Natur, darf es nebeneinander sich entfalten. Ha? und L?cheln, sü?e Wollust, dumpfe Gier und edle Trauer heben sich auf schlanken Stielen, und um aller Wurzeln spülen klare Paradiesesstr?me, und die heitere Luft seliger G?rten weht hell um ihre Kelche!
Hier steht der Meister und winkt!
Und das Meer an Kretas Gestaden sch?umt auf und droht -- brach Idomeneo sein Wort? Hinab, Meer, in deine Ufer, und Platz für den Zug! Masken -- meint ihr? Nicht Masken! Denn wo w?re mehr Wahrheit, als in dem Antlitz, das er jedem gab? Gespenster? -- Fühlt doch, wie ihre Herzen klopfen! H?rt Leporello, wie er fr?stelt nach durchwachter Nacht, wie er sich Mut zuspricht, seinem Herrn aufzusagen -- und wird doch prahlend, feig, verfressen und geprügelt bei ihm bleiben bis an sein Ende. Osmin mag er mit sich nehmen -- Osmin taumelt -- und Monostatos, den lüsternen Affen, aber an der Kette! Und Papageno mag hinterdrein gehen!
Und weiter! Ihr, die ihr euch aneinanderschmiegt, seid Belmont und Constanze, die treu Liebenden; was euch ?ngstigt, geht vorbei, wie Regenschauer einer Frühsommernacht. -- Und die Stimmen, die sich jetzt durcheinanderschlingen, kenne ich! Platz, ihr Bauern, da? ich eure Herrschaft sehe! -- Tauscht ihr eure Gew?nder, bergt ihr euch hinter Gebüschen, nehmt ihr das Dunkel wie eine Maske vor euer Antlitz in euern Liebesspielen? Und alles ist nur eines tollen Tages heitere Wirrnis, eines tollen Tages leichte Liebe! Seht ihr Don Juans wei?e Federn durchs Dunkel leuchten? Die hinter ihm, wie sein Schatten, gleitet -- seht, die liebt! Mag sie vor ihm warnen und drohen, und ihn l?stern -- hinter allen Schleiern glühen ihre Wangen schamrot im Erinnern! Grü?t Donna Anna! Schwarze Fl?re wehen um diese reine Stirne, und wenn ihr glaubt, da? sie der Schmerz zu Boden beugt -- gebt acht -- sie schnellt zur Rache auf, wie eine edle Klinge! Dr?ngt noch mehr sich empor? Nimmt der Zug kein Ende? Seltsame Trachten, und Priester, und Feuersgluten und Dampf -- ballt es sich zum Gew?lk? Die ihr hervorbrecht aus den Wolken, wie klingende Strahlen -- ihr seligen Knaben -- seid ihr die letzten? Ist niemand mehr hinter euch? -- -- Schweigt, ich brauche nicht Antwort! Denn die Augen dessen, der jetzt hinter euch tritt, kennt auch der, der ihn noch nie gesehen. Auch dir, du Ernster, der du jeden Reigen schlie?est, hat der Meister Stimme gegeben -- aus dunklen Ch?ren klingt sie, wenn er sich selbst zu ewigem Frieden singt!
So steht der Meister -- vom Schicksal gestellt -- an der Grenze zweier Zeiten. Ihm -- wie nie einem andern -- ist es geschenkt, das Antlitz seiner Welt, ehe es sich wandelt, allen Kommenden zu künden, und zugleich ein seliger Bote dessen zu sein,
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