Faust | Page 3

Johann Wolfgang von Goethe
gerne sahst;?So siehst du mich auch unter dem Gesinde.?Verzeih, ich kann nicht hohe Worte machen,?Und wenn mich auch der ganze Kreis verh?hnt;?Mein Pathos br?chte dich gewi? zum lachen,?H?ttst du dir nicht das Lachen abgew?hnt.?Von Sonn' und Welten wei? ich nichts zu sagen,?Ich sehe nur wie sich die Menschen plagen.?Der kleine Gott der Welt bleibt stets von gleichem Schlag,?Und ist so wunderlich als wie am ersten Tag.?Ein wenig besser würd' er leben,?H?ttst du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben;?Er nennts Vernunft und braucht's allein?Nur thierischer als jedes Thier zu seyn.?Er scheint mir, mit Verlaub von Ew. Gnaden,?Wie eine der langbeinigen Cicaden,?Die immer fliegt und fliegend springt?Und gleich im Gras ihr altes Liedchen singt;?Und l?g' er nur noch immer in dem Grase!?In jeden Quark begr?bt er seine Nase.
_Der Herr._
Hast du mir weiter nichts zu sagen??Kommst du nur immer anzuklagen??Ist auf der Erde ewig dir nichts recht?
_Mephistopheles._
Nein Herr! ich find' es dort, wie immer, herzlich schlecht. Die Menschen dauern mich in ihren Jammertagen,?Ich mag sogar die Armen selbst nicht plagen.
_Der Herr._
Kennst du den Faust?
_Mephistopheles._
Den Doctor?
_Der Herr._
Meinen Knecht!
_Mephistopheles._
Fürwahr! er dient euch auf besondre Weise.?Nicht irdisch ist des Thoren Trank noch Speise.?Ihn treibt die G?hrung in die Ferne,?Er ist sich seiner Tollheit halb bewu?t;?Vom Himmel fordert er die sch?nsten Sterne,?Und von der Erde jede h?chste Lust,?Und alle N?h' und alle Ferne?Befriedigt nicht die tiefbewegte Brust.
_Der Herr._
Wenn er mir jetzt auch nur verworren dient;?So werd' ich ihn bald in die Klarheit führen.?Wei? doch der G?rtner, wenn das B?umchen grünt,?Da? Blüt' und Frucht die künft'gen Jahre zieren.
_Mephistopheles._
Was wettet ihr? den sollt ihr noch verlieren!?Wenn ihr mir die Erlaubni? gebt?Ihn meine Stra?e sacht zu führen.
_Der Herr._
So lang' er auf der Erde lebt,?So lange sey dir's nicht verboten.?Es irrt der Mensch so lang er strebt.
_Mephistopheles._
Da dank' ich euch; denn mit den Todten?Hab' ich mich niemals gern befangen.?An[Am] meisten lieb' ich mir die vollen frischen Wangen.?Für einen Leichnam bin ich nicht zu Haus;?Mir geht es wie der Katze mit der Maus.
_Der Herr._
Nun gut, es sey dir überlassen!?Zieh diesen Geist von seinem Urquell ab,?Und führ' ihn, kannst du ihn erfassen,?Auf deinem Wege mit herab,?Und steh' besch?mt, wenn du bekennen mu?t:?Ein guter Mensch, in seinem dunkeln Drange,?Ist sich des rechten Weges wohl bewu?t.
_Mephistopheles._
Schon gut! nur dauert es nicht lange.?Mir ist für meine Wette gar nicht bange.?Wenn ich zu meinem Zweck gelange,?Erlaubt ihr mir Triumph aus voller Brust.?Staub soll er fressen, und mit Lust,?Wie meine Muhme, die berühmte Schlange.
_Der Herr._
Du darfst auch da nur frey erscheinen;?Ich habe deines gleichen nie geha?t.?Von allen Geistern die verneinen?Ist mir der Schalk am wenigsten zur Last.?Des Menschen Th?tigkeit kann allzuleicht erschlaffen,?Er liebt sich bald die unbedingte Ruh;?Drum geb' ich gern ihm den Gesellen zu,?Der reizt und wirkt, und mu?, als Teufel, schaffen.?Doch ihr, die ?chten G?tters?hne,?Erfreut euch der lebendig reichen Sch?ne!?Das Werdende, das ewig wirkt und lebt,?Umfa?' euch mit der Liebe holden Schranken,?Und was in schwankender Erscheinung schwebt,?Befestiget mit dauernden Gedanken.
Der Himmel schlie?t, die Erzengel vertheilen sich,
_Mephistopheles_ allein.
Von Zeit zu Zeit seh' ich den Alten gern,?Und hüte mich mit ihm zu brechen.?Es ist gar hübsch von einem gro?en Herrn?So menschlich mit dem Teufel selbst zu sprechen.
_Der Trag?die_
_Erster Theil._
_Nacht._
In einem hochgew?lbten, engen, gothischen Zimmer _Faust_ unruhig auf seinem Sessel am Pulte.
_Faust._
Habe nun, ach! Philosophie,?Juristerey und Medicin,?Und leider auch Theologie!?Durchaus studirt, mit hei?em Bemühn.?Da steh' ich nun, ich armer Thor!?Und bin so klug als wie zuvor;?Hei?e Magister, hei?e Doctor gar,?Und ziehe schon an die zehen Jahr,?Herauf, herab und quer und krumm,?Meine Schüler an der Nase herum --?Und sehe, da? wir nichts wissen k?nnen!?Das will mir schier das Herz verbrennen.?Zwar bin ich gescheidter als alle die Laffen,?Doctoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;?Mich plagen keine Scrupel noch Zweifel,?Fürchte mich weder vor H?lle noch Teufel --?Dafür ist mir auch alle Freud' entrissen,?Bilde mir nicht ein was rechts zu wissen,?Bilde mir nicht ein, ich k?nnte was lehren,?Die Menschen zu bessern und zu bekehren.?Auch hab' ich weder Gut noch Geld,?Noch Ehr' und Herrlichkeit der Welt.?Es m?chte kein Hund so l?nger leben!?Drum hab' ich mich der Magie ergeben,?Ob mir durch Geistes Kraft und Mund?Nicht manch Geheimni? würde kund;?Da? ich nicht mehr mit sauerm Schwei?,?Zu sagen brauche, was ich nicht wei?;?Da? ich erkenne, was die Welt?Im Innersten zusammenh?lt,?Schau' alle Wirkenskraft und Samen,?Und thu' nicht mehr in Worten kramen.
O s?hst du, voller Mondenschein,?Zum letztenmal auf meine Pein,?Den ich so manche Mitternacht?An diesem Pult herangewacht:?Dann über Büchern und Papier,?Trübsel'ger Freund, erschienst du mir!?Ach! k?nnt' ich doch auf Berges-H?h'n,?In deinem lieben Lichte gehn,?Um Bergesh?le mit Geistern schweben,?Auf Wiesen in deinem D?mmer weben,?Von allem Wissensqualm entladen,?In deinem Thau gesund mich baden!
Weh! steck' ich in dem Kerker noch??Verfluchtes, dumpfes Mauerloch!?Wo selbst das liebe Himmelslicht?Trüb' durch gemahlte Scheiben bricht.?Beschr?nkt mit diesem Bücherhauf,?Den Würme nagen, Staub bedeckt,?Den, bis an's hohe Gew?lb' hinauf,?Ein angeraucht Papier umsteckt;?Mit Gl?sern, Büchsen rings umstellt,?Mit Instrumenten vollgepfropft,?Urv?ter Hausrath drein gestopft --?Das ist deine Welt! das hei?t eine Welt!
Und fragst du noch, warum dein Herz?Sich bang' in deinem Busen klemmt??Warum
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