Faust | Page 2

Johann Wolfgang von Goethe
zu den Maskenfesten,?Und Neugier nur beflügelt jeden Schritt;?Die Damen geben sich und ihren Putz zum besten?Und spielen ohne Gage mit.?Was tr?umet ihr auf eurer Dichter-H?he??Was macht ein volles Haus euch froh??Beseht die G?nner in der N?he!?Halb sind sie kalt, halb sind sie roh.?Der, nach dem Schauspiel, hofft ein Kartenspiel,?Der eine wilde Nacht an einer Dirne Busen.?Was plagt ihr armen Thoren viel,?Zu solchem Zweck, die holden Musen??Ich sag' euch, gebt nur mehr, und immer, immer mehr,?So k?nnt ihr euch vom Ziele nie verirren,?Sucht nur die Menschen zu verwirren,?Sie zu befriedigen ist schwer -- --?Was f?llt euch an? Entzückung oder Schmerzen?
_Dichter._
Geh hin und such dir einen andern Knecht!?Der Dichter sollte wohl das h?chste Recht,?Das Menschenrecht, das ihm Natur verg?nnt,?Um deinetwillen freventlich verscherzen!?Wodurch bewegt er alle Herzen??Wodurch besiegt er jedes Element??Ist es der Einklang nicht? der aus dem Busen dringt,?Und in sein Herz die Welt zurücke schlingt.?Wenn die Natur des Fadens ew'ge L?nge,?Gleichgültig drehend, auf die Spindel zwingt,?Wenn aller Wesen unharmon'sche Menge?Verdrie?lich durch einander klingt;?Wer theilt die flie?end immer gleiche Reihe?Belebend ab, da? sie sich rythmisch regt??Wer ruft das Einzelne zur allgemeinen Weihe??Wo es in herrlichen Accorden schl?gt,?Wer l??t den Sturm zu Leidenschaften wüthen??Das Abendroth im ernsten Sinne glühn??Wer schüttet alle sch?nen Frühlingsblüten?Auf der Geliebten Pfade hin??Wer flicht die unbedeutend grünen Bl?tter?Zum Ehrenkranz Verdiensten jeder Art??Wer sichert den Olymp? vereinet G?tter??Des Menschen Kraft im Dichter offenbart.
_Lustige Person._
So braucht sie denn die sch?nen Kr?fte?Und treibt die dicht'rischen Gesch?fte,?Wie man ein Liebesabenteuer treibt.?Zuf?llig naht man sich, man fühlt, man bleibt?Und nach und nach wird man verflochten;?Es w?chst das Glück, dann wird es angefochten,?Man ist entzückt, nun kommt der Schmerz heran,?Und eh man sich's versieht ist's eben ein Roman.?La?t uns auch so ein Schauspiel geben!?Greift nur hinein ins volle Menschenleben!?Ein jeder lebt's, nicht vielen ist's bekannt,?Und wo ihr's packt, da ist's interessant.?In bunten Bildern wenig Klarheit,?Viel Irrthum und ein Fünkchen Wahrheit,?So wird der beste Trank gebraut,?Der alle Welt erquickt und auferbaut.?Dann sammelt sich der Jugend sch?nste Blüte?Vor eurem Spiel und lauscht der Offenbarung,?Dann sauget jedes z?rtliche Gemüthe?Aus eurem Werk sich melanchol'sche Nahrung;?Dann wird bald dies bald jenes aufgeregt,?Ein jeder sieht was er im Herzen tr?gt.?Noch sind sie gleich bereit zu weinen und zu lachen,?Sie ehren noch den Schwung, erfreuen sich am Schein;?Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen,?Ein Werdender wird immer dankbar seyn.
_Dichter._
So gieb mir auch die Zeiten wieder,?Da ich noch selbst im Werden war,?Da sich ein Quell gedr?ngter Lieder?Ununterbrochen neu gebar,?Da Nebel mir die Welt verhüllten,?Die Knospe Wunder noch versprach,?Da ich die tausend Blumen brach,?Die alle Th?ler reichlich füllten.?Ich hatte nichts und doch genug,?Den Drang nach Wahrheit und die Lust am Trug.?Gieb ungeb?ndigt jene Triebe,?Das tiefe schmerzenvolle Glück,?Des Hasses Kraft, die Macht der Liebe,?Gieb meine Jugend mir zurück!
_Lustige Person._
Der Jugend, guter Freund, bedarfst du allenfalls?Wenn dich in Schlachten Feinde dr?ngen,?Wenn mit Gewalt an deinen Hals?Sich allerliebste M?dchen h?ngen,?Wenn fern des schnellen Laufes Kranz?Vom schwer erreichten Ziele winket,?Wenn nach dem heftgen Wirbeltanz?Die N?chte schmausend man vertrinket.?Doch ins bekannte Saitenspiel?Mit Muth und Anmuth einzugreifen,?Nach einem selbgesteckten Ziel?Mit holdem Irren hinzuschweifen,?Das, alte Herrn, ist eure Pflicht,?Und wir verehren euch darum nicht minder.?Das Alter macht nicht kindisch, wie man spricht,?Es findet uns nur noch als wahre Kinder.
_Director._
Der Worte sind genug gewechselt,?La?t mich auch endlich Thaten sehn;?Inde? ihr Complimente drechselt,?Kann etwas nützliches geschehn.?Was hilft es viel von Stimmung reden??Dem Zaudernden erscheint sie nie.?Gebt ihr euch einmal für Poeten,?So kommandirt die Poesie.?Euch ist bekannt was wir bedürfen,?Wir wollen stark Getr?nke schlürfen;?Nun braut mir unverzüglich dran!?Was heute nicht geschieht, ist Morgen nicht gethan,?Und keinen Tag soll man verpassen,?Das M?gliche soll der Entschlu??Beherzt sogleich beym Schopfe fassen,?Er will es dann nicht fahren lassen,?Und wirket weiter, weil er mu?.
Ihr wi?t, auf unsern deutschen Bühnen?Probirt ein jeder was er mag;?Drum schonet mir an diesem Tag?Prospecte nicht und nicht Maschinen.?Gebraucht das gro?' und kleine Himmelslicht,?Die Sterne dürfet ihr verschwenden;?An Wasser, Feuer, Felsenw?nden,?An Thier und V?geln fehlt es nicht.?So schreitet in dem engen Breterhaus?Den ganzen Kreis der Sch?pfung aus,?Und wandelt, mit bed?chtger Schnelle,?Vom Himmel, durch die Welt, zur H?lle.
_Prolog_
_im Himmel._
_Der Herr, die himmlischen Heerscharen,_?nachher _Mephistopheles._
Die drey Erzengel treten vor.
_Raphael._
Die Sonne t?nt, nach alter Weise,?In Brudersph?ren Wettgesang,?Und ihre vorgeschriebne Reise?Vollendet sie mit Donnergang.?Ihr Anblick giebt den Engeln St?rke,?Wenn keiner sie ergründen mag.?Die unbegreiflich hohen Werke?Sind herrlich wie am ersten Tag.
_Gabriel._
Und schnell und unbegreiflich schnelle?Dreht sich umher der Erde Pracht;?Es wechselt Paradieses-Helle?Mit tiefer schauervoller Nacht;?Es sch?umt das Meer in breiten Flüssen?Am tiefen Grund der Felsen auf,?Und Fels und Meer wird fortgerissen?In ewig schnellem Sph?renlauf.
_Michael._
Und Stürme brausen um die Wette?Vom Meer aufs Land vom Land aufs Meer,?Und bilden wüthend eine Kette?Der tiefsten Wirkung rings umher.?Da flammt ein blitzendes Verheeren?Dem Pfade vor des Donnerschlags.?Doch deine Boten, Herr, verehren?Das sanfte Wandeln deines Tags.
_Zu Drey._
Der Anblick giebt den Engeln St?rke?Da keiner dich ergründen mag,?Und alle deine hohen Werke?Sind herrlich wie am ersten Tag.
_Mephistopheles._
Da du, o Herr, dich einmal wieder nahst?Und fragst wie alles sich bey uns befinde,?Und du mich sonst gew?hnlich
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