Faust: Der Tragoedie, part 2 | Page 9

Johann Wolfgang von Goethe
ein M?dchen schelten; Doch würdest du, zu Wohl und Weh, Auch jetzo schon bei M?dchen gelten, Sie lehrten dich das ABC.
KNABE LENKER: Und dieser, der als Prachtgebilde Hier auf dem Wagenthrone prangt?
HEROLD: Er scheint ein K?nig reich und milde, Wohl dem, der seine Gunst erlangt! Er hat nichts weiter zu erstreben, Wo's irgend fehlte, sp?ht sein Blick, Und seine reine Lust zu geben Ist gr??er als Besitz und Glück.
KNABE LENKER: Hiebei darfst du nicht stehen bleiben, Du mu?t ihn recht genau beschreiben.
HEROLD: Das Würdige beschreibt sich nicht. Doch das gesunde Mondgesicht, Ein voller Mund, erblühte Wangen, Die unterm Schmuck des Turbans prangen; Im Faltenkleid ein reich Behagen! Was soll ich von dem Anstand sagen? Als Herrscher scheint er mir bekannt.
KNABE LENKER: Plutus, des Reichtums Gott genannt! Derselbe kommt in Prunk daher, Der hohe Kaiser wünscht ihn sehr.
HEROLD: Sag von dir selber auch das Was und Wie!
KNABE LENKER: Bin die Verschwendung, bin die Poesie; Bin der Poet, der sich vollendet, Wenn er sein eigenst Gut verschwendet. Auch ich bin unerme?lich reich Und sch?tze mich dem Plutus gleich, Beleb' und schmück' ihm Tanz und Schmaus, Das, was ihm fehlt, das teil' ich aus.
HEROLD: Das Prahlen steht dir gar zu sch?n, Doch la? uns deine Künste sehn.
KNABE LENKER: Hier seht mich nur ein Schnippchen schlagen, Schon gl?nzt's und glitzert's um den Wagen. Da springt eine Perlenschnur hervor! Nehmt goldne Spange für Hals und Ohr; Auch Kamm und Kr?nchen ohne Fehl, In Ringen k?stlichstes Juwel; Auch Fl?mmchen spend' ich dann und wann, Erwartend, wo es zünden kann.
HEROLD: Wie greift und hascht die liebe Menge! Fast kommt der Geber ins Gedr?nge. Kleinode schnippt er wie ein Traum, Und alles hascht im weiten Raum. Doch da erleb' ich neue Pfiffe: Was einer noch so emsig griffe, Des hat er wirklich schlechten Lohn, Die Gabe flattert ihm davon. Es l?st sich auf das Perlenband, Ihm krabbeln K?fer in der Hand, Er wirft sie weg, der arme Tropf, Und sie umsummen ihm den Kopf. Die andern statt solider Dinge Erhaschen frevle Schmetterlinge. Wie doch der Schelm so viel verhei?t Und nur verleiht, was golden glei?t!
KNABE LENKER: Zwar Masken, merk' ich, wei?t du zu verkünden, Allein der Schale Wesen zu ergründen, Sind Herolds Hofgesch?fte nicht; Das fordert sch?rferes Gesicht. Doch hüt' ich mich vor jeder Fehde; An dich, Gebieter, wend' ich Frag' und Rede. Hast du mir nicht die Windesbraut Des Viergespannes anvertraut? Lenk' ich nicht glücklich, wie du leitest? Bin ich nicht da, wohin du deutest? Und wu?t' ich nicht auf kühnen Schwingen Für dich die Palme zu erringen? Wie oft ich auch für dich gefochten, Mir ist es jederzeit geglückt: Wenn Lorbeer deine Stirne schmückt, Hab' ich ihn nicht mit Sinn und Hand geflochten?
PLUTUS: Wenn's n?tig ist, da? ich dir Zeugnis leiste, So sag' ich gern: Bist Geist von meinem Geiste. Du handelst stets nach meinem Sinn, Bist reicher, als ich selber bin. Ich sch?tze, deinen Dienst zu lohnen, Den grünen Zweig vor allen meinen Kronen. Ein wahres Wort verkünd' ich allen: Mein lieber Sohn, an dir hab' ich Gefallen.
KNABE LENKER: Die gr??ten Gaben meiner Hand, Seht! hab' ich rings umher gesandt. Auf dem und jenem Kopfe glüht Ein Fl?mmchen, das ich angesprüht; Von einem zu dem andern hüpft's, An diesem h?lt sich's, dem entschlüpft's, Gar selten aber flammt's empor, Und leuchtet rasch in kurzem Flor; Doch vielen, eh' man's noch erkannt, Verlischt es, traurig ausgebrannt.
WEIBERGEKLATSCH: Da droben auf dem Viergespann Das ist gewi? ein Scharlatan; Gekauzt da hintendrauf Hanswurst, Doch abgezehrt von Hunger und Durst, Wie man ihn niemals noch erblickt; Er fühlt wohl nicht, wenn man ihn zwickt.
DER ABGEMAGERTE: Vom Leibe mir, ekles Weibsgeschlecht! Ich wei?, dir komm' ich niemals recht.-- Wie noch die Frau den Herd versah, Da hie? ich Avaritia; Da stand es gut um unser Haus: Nur viel herein und nichts hinaus! Ich eiferte für Kist' und Schrein; Das sollte wohl gar ein Laster sein. Doch als in allerneusten Jahren Das Weib nicht mehr gewohnt zu sparen, Und, wie ein jeder b?ser Zahler, Weit mehr Begierden hat als Taler, Da bleibt dem Manne viel zu dulden, Wo er nur hinsieht, da sind Schulden. Sie wendet's, kann sie was erspulen, An ihren Leib, an ihren Buhlen; Auch speist sie besser, trinkt noch mehr Mit der Sponsierer leidigem Heer; Das steigert mir des Goldes Reiz: Bin m?nnlichen Geschlechts, der Geiz!
HAUPTWEIB: Mit Drachen mag der Drache geizen; Ist's doch am Ende Lug und Trug! Er kommt, die M?nner aufzureizen, Sie sind schon unbequem genug.
WEIBER IN MASSE: Der Strohmann! Reich ihm eine Schlappe! Was will das Marterholz uns dr?un? Wir sollen seine Fratze scheun! Die Drachen sind von Holz und Pappe, Frisch an und dringt auf ihn hinein!
HEROLD: Bei meinem Stabe! Ruh gehalten!-- Doch braucht es meiner Hülfe kaum; Seht, wie die grimmen Ungestalten, Bewegt im rasch gewonnenen Raum, Das Doppel-Flügelpaar entfalten. Entrüstet schütteln sich der
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