Eine vornehme Frau | Page 6

Hermann Heiberg
mit echten wei?en Spitzen besetzten Kleide so ��berraschend sch?n, da? man den Blick nicht von ihr zu wenden vermochte. Und dabei funkelten und blitzten die Steine an Hals und Ohren, und oft zitterte ein wahrer Spr��hregen aus den Diamanten, mit denen ihr Haupt geschm��ckt war.
Die Menschen f��hlten sich geehrt und begl��ckt, wenn Ange sie mit ihren treublickenden Augen ansah, und ihre Bescheidenheit machte es unm?glich, da? h??liche Regungen der Mi?gunst neben ihr emporstiegen.
Nach Aufhebung der Tafel, nachdem der Champagner Ange ganz in ein fr?hliches, nur von der Lust beherrschtes Kind verwandelt hatte, als die ersten Takte eines st��rmischen Galopps vom Saale her��berklangen, hielt es sie nicht mehr neben dem Gastgeber, und mit einem seine Verzeihung einholenden Blick entschl��pfte sie, um einem j��ngeren Kavalier zu folgen.
Einmal ri? eine Perlenschnur, und die kostbaren Sch?tze rollten unter die Tanzenden. Ein kleines Verm?gen stand auf dem Spiel, Ange jedoch lachte und nahm mit entschuldigendem Dank entgegen, was eifrig Suchende gefunden hatten und ihr ��berreichten.
Wiederholt dr?ngte der Rittmeister zum Aufbruch. Aber die Offiziere umst��rmten die reizende Frau, und sie bat wie ein junges M?dchen, das zum erstenmal den Ball besucht, um Aufschub. W?hrend sie davoneilte, guckte sie ihn ��ber ihre Schulter an und holte sich durch bittende Blicke sein nachtr?gliches Jawort ein.
Und als sie endlich zur��ckkehrte und er, die zerrissenen Spitzen der Schleppe betrachtend, kopfsch��ttelnd dreinschaute, streifte sie rasch zu seiner Beruhigung die Handschuhe ab, lehnte sich mit einem: "Nicht schelten! Gut sein! Carlitos, bitte!" an ihn und bettelte so lange, bis er ihr noch die kleine Abk��hlungspause zugestand.
Von der Bewegung beim Tanzen war ihr Haar ein wenig gelockert und ein feines Str?hnchen auf die Stirn gefallen, auch einige prachtvolle Rosen, die an ihrer Brust sa?en und einen blitzenden Diamant umschlossen, hatten sich entbl?ttert. Ihr Atem gl��hte, ihre Brust hob und senkte sich unter der zarten Seide, und w?hrend der F?cher in heftiger Bewegung war, neigte sie den K?rper mit jener elastischen Biegsamkeit, die Frauen so verf��hrerisch macht.
"Nein, komm, komm, Ange." dr?ngte Carlos, von ihrer Sch?nheit hingerissen und nur von dem einzigen Gedanken beherrscht, sie den zudringlichen Blicken ihrer Bewunderer zu entrei?en. Sein Auge ruhte mit einem eifers��chtig verlangenden Ausdruck auf ihr, und sie erwiderte seinen Blick mit jenen tr?umerischen Augen, mit denen sie ihm einst ihre Liebe verraten hatte.
"Ach, es war himmlisch! Ich habe mich prachtvoll am��siert! Schade, da? es schon vor��ber ist!" seufzte die junge Frau, als sie, nach Hause zur��ckgekehrt, sich in sanfter Ersch?pfung in einen Sessel zur��cklehnte. "Aber Du, Armer, hast Dich gelangweilt! Nicht so, Carlos?"
Sie sah ihn z?rtlich an. Er sch��ttelte schwerm��tig das Haupt und sagte:
"Nicht doch, Ange!" Und nach einer Weile fl��sterte er leise: "Hast Du mich noch lieb, Ange?"
Da stand sie auf und flog ihm an den Hals.
* * * * *
Acht Monate waren vergangen. Teut war ein t?glicher Gast im Clairefortschen Hause geworden, verkehrte mit Frau Ange und der Familie, als ob er sie von Kindesbeinen an kenne, und schien ��berhaupt von Claireforts fortan unzertrennlich. Dieser engere Verkehr f��hrte mit sich, da? er bald in alle Verh?ltnisse eingeweiht wurde, und da? man ihn, da er neben seiner Einsicht eine entschiedene Art an den Tag legte, auch h?ufig um Rat fragte. Aber er nahm sich in seiner ehrlichen und derben Weise auch die Erlaubnis, zu tadeln.
"Schlecht, mordschlecht erziehen Sie die kleine Gesellschaft!" rief er Ange kopfsch��ttelnd zu, wenn die Kinderschar--ungezogen und trotzk?pfig--ihren H?llenl?rm anstimmte, die M?bel mit St?cken und Peitschen bearbeitete und gar auf dem Teppich des Wohnzimmers mit Sand wirtschaftete. Die Dienerschaft war machtlos, denn sie fand keine Unterst��tzung bei der Gr?fin. Entweder erlie? sie Verbote, deren Zur��cknahme sie sich im n?chsten Moment wieder abbetteln lie?, oder sie tr?stete Jorinde und Erna, wenn diese von der Gouvernante eine Strafe erhalten hatten.
Nun war eben das Mobiliar--ein Gemach nach dem anderen--neu aufgeputzt, zum Teil mit kostbaren Stoffen ��berzogen, alles mit einem wahrhaft verschwenderischen Luxus hergestellt worden, und schon zeigten sich deutliche Spuren von ��berm��tigen Gewaltth?tigkeiten. Der Graf war mehrmals in einen heftigen Zorn ausgebrochen, hatte Ange ihren Mangel an Ordnungsliebe und ihre grenzenlose Schw?che gegen die Kinder in den h?rtesten Worten vorgeworfen. Hin und wieder rief er den schnell liebgewonnenen Freund und Vertrauten zum Zeugen an, wie unvern��nftig, wie unverst?ndig seine Frau sei und wie ihn ihre Eigenschaften mit den R��ckwirkungen auf die Kleinen zum Tadel reizen m��?ten.
Einmal brach es ungest��m aus ihm heraus, als Teut seine Bewunderung ��ber Ange ausdr��ckte. "Ja, Freund," rief er, "Sie sind nicht mit ihr verheiratet! Sie erfreuen sich an dem Guten, das sie Ihnen entgegentr?gt, und sch��tteln das Unbequeme leicht ab, um so leichter, als Sie nur indirekt davon ber��hrt werden! Ich aber lebe t?glich, st��ndlich mit ihr, ich k?mpfe seit Jahren gegen ihre Schw?chen ohne Erfolg und habe doch f��r alles die Verantwortung zu tragen! Ange w��rde jedes Jahr eine Million verschenken, wenn sie dieselbe zur Verf��gung h?tte, und eine ganze Weltordnung
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