Ein Mann | Page 2

Joachim Nettelbeck
meine Gew?chse. Meine Kernst?mmchen wuchsen heran, und sieben von diesen selbstgezogenen B?umen sind noch (wie sehr es mir auch um sie leid tat, da ich jetzt der Besitzer des n?mlichen Gartens bin) in der letzten franz?sischen Belagerung umgehauen worden.
An dieses kleine, aber f��r mich unsch?tzbare Grundst��ck, dessen Pflege noch in diesem Augenblicke die Freude meines Alters ausmacht, heften sich ein paar meiner fr��hesten und lebendigsten Erinnerungen.
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Ich mochte wohl ein B��rschchen von f��nf oder sechs Jahren sein und noch in meinen ersten H?schen stecken (also etwa um das Jahr 1743 oder 44), als es hier bei uns, und im Lande weit umher, eine so schrecklich knappe und teure Zeit gab, da? viele Menschen vor Hunger starben, denn der Scheffel Roggen kostete einen Taler acht Groschen. Es kamen, von landeinw?rts her, viele arme Leute nach Kolberg, die ihre kleinen hungrigen W��rmer auf Schiebkarren mit sich brachten, um Korn von hier zu holen, weil man Getreideschiffe in unserem Hafen erwartete, die der grausamen Not steuern sollten. Alle Stra?en bei uns lagen voll von diesen ungl��cklichen ausgehungerten Menschen. Meine Gro?mutter, bei der ich, wie schon gesagt, erzogen ward, lie? t?glich mehrere K?rbe voll Gr��nkohl in unserm Garten pfl��cken, kochte einen Kessel voll nach dem andern f��r unsere verschmachtenden G?ste, und mir ward das gern ��bernommene Ehren?mtchen zuteil, ihnen diese Speise in kleinen Sch��sselchen nebst einer Brotschnitte zuzutragen. Da rissen mir denn Alte und Junge meinen Napf begierig aus der Hand, oder auch wohl einander vor dem Munde weg. Ich kann nicht aussprechen, welch einen schauderhaften Eindruck diese Szene auf meine kindliche Seele machte.
Endlich langte ein Schiff mit Roggen auf der Reede an, dem sich tausend sehns��chtige Augen und Herzen entgegenrichteten. Aber, o Jammer! beim Einlaufen in den Hafen stie? es gegen eine Steink��ste des Hafendammes und nahm so betr?chtlichen Schaden, da? es, im Strome selbst, nur wenige hundert Schritte weiter, der M��nder Vogtei gegen��ber, in den Grund sank. Sollte die kostbare Ladung nicht ganz verloren sein, so mu?ten schleunige Anstalten getroffen werden, das verungl��ckte Fahrzeug wieder ��ber Wasser zu bringen. Dazu wurden dann zwei Schiffe benutzt, die eben auch im Hafen lagen, und wovon das eine von meines Vaters Bruder gef��hrt ward. So war ich denn auch bei diesem Emporwinden, an welchem ich eine kindische Freude hatte, best?ndig zugegen; ward mitunter auch wohl als unn��tz und hinderlich beiseite geschoben, und habe dar��ber all diese einzelnen Umst?nde nur um so besser im Ged?chtnisse behalten.
Ging nun gleich das Wiederflottmachen des Schiffes gl��cklich vonstatten, so war doch das Korn durchn??t, zum Vermahlen unt��chtig und die Hoffnung all der darauf vertr?steten Menschen vereitelt. Die Kolberger B��rger kauften den besch?digten Roggen um ein Viertel des geltenden Marktpreises, und da mein Vater damals k?niglicher Kornmesser im Orte war, so ging auf diese Weise die ganze geborgene Ladung durch seine H?nde. Jeder suchte mit seinem Kauf so gut als m?glich zurechtzukommen und ihn aufs schnellste zu trocknen. Alle Stra?en waren auf diese Weise mit Laken und Sch��rzen ��berdeckt, auf welchen das Getreide der Luft und Sonne ausgesetzt wurde. Kurze Zeit darauf erschien ein zweites gro?es Kornschiff; und nun ward es endlich m?glich, die fremde Armut zu befriedigen.
Im n?chstfolgenden Jahre erhielt Kolberg, durch des gro?en Friedrichs versorgende G��te, ein Geschenk, das damals hierzulande noch v?llig unbekannt war. Ein gro?er Frachtwagen n?mlich voll Kartoffeln langte auf dem Markte an; und durch Trommelschlag in der Stadt und auf den Vorst?dten erging die Bekanntmachung, da? jeder Gartenbesitzer sich zu einer bestimmten Stunde vor dem Rathause einzufinden habe, indem des K?nigs Majest?t ihm eine besondere Wohltat zugedacht habe. Man ermi?t leicht, wie alles in st��rmische Bewegung geriet, und das nur um so mehr, je weniger man wu?te, was es mit diesem Geschenke zu bedeuten habe.
Die Herren vom Rate zeigten nunmehr der versammelten Menge die neue Frucht vor, die hier noch keiner gesehen hatte. Daneben ward eine umst?ndliche Anweisung verlesen, wie diese Kartoffeln gepflanzt und bewirtschaftet, desgleichen wie sie gekocht und zubereitet werden sollten. Besser freilich w?re es gewesen, wenn man eine solche geschriebene oder gedruckte Instruktion gleich mit verteilt h?tte; denn nun achteten in dem Get��mmel die wenigsten auf jene Vorlesung. Dagegen nahmen die guten Leute die hochgepriesenen Knollen verwundert in die H?nde, rochen, schmeckten und leckten dran; kopfsch��ttelnd bot sie ein Nachbar dem andern; man brach sie voneinander und warf sie den gegenw?rtigen Hunden vor, die dran herumschnupperten und sie gleichm??ig verschm?hten. Nun war ihnen das Urteil gesprochen! ?Die Dinger?, hie? es, ?riechen nicht und schmecken nicht, und nicht einmal die Hunde m?gen sie fressen. Was w?re uns damit geholfen?? -- Am allgemeinsten war dabei der Glaube, da? sie zu B?umen heranw��chsen, von welchen man zu seiner Zeit ?hnliche Fr��chte herabsch��ttle. Alles dies ward auf dem Markte, dicht vor meiner Eltern T��re, verhandelt; gab auch mir genug zu denken und zu verwundern und hat sich darum auch, bis aufs Jota, in
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