Ein Landarzt | Page 7

Franz Kafka
und alle Schakale heulten auf; in fernster Ferne schien es mir eine Melodie zu sein. ?Herr, du sollst den Streit beenden, der die Welt entzweit. So wie du bist, haben unsere Alten den beschrieben, der es tun wird. Frieden m��ssen wir haben von den Arabern; atembare Luft; gereinigt von ihnen den Ausblick rund am Horizont; kein Klagegeschrei eines Hammels, den der Araber absticht; ruhig soll alles Getier krepieren; ungest?rt soll es von uns leergetrunken und bis auf die Knochen gereinigt werden. Reinheit, nichts als Reinheit wollen wir,? -- und nun weinten, schluchzten alle -- ?wie ertr?gst nur du es in dieser Welt, du edles Herz und s��?es Eingeweide? Schmutz ist ihr Wei?; Schmutz ist ihr Schwarz; ein Grauen ist ihr Bart; speien mu? man beim Anblick ihrer Augenwinkel; und heben sie den Arm, tut sich in der Achselh?hle die H?lle auf. Darum, o Herr, darum o teuerer Herr, mit Hilfe deiner alles verm?genden H?nde, mit Hilfe deiner alles verm?genden H?nde schneide ihnen mit dieser Schere die H?lse durch!? Und einem Ruck seines Kopfes folgend kam ein Schakal herbei, der an einem Eckzahn eine kleine, mit altem Rost bedeckte N?hschere trug.
?Also endlich die Schere und damit Schlu?!? rief der Araberf��hrer unserer Karawane, der sich gegen den Wind an uns herangeschlichen hatte und nun seine riesige Peitsche schwang.
Alles verlief sich eiligst, aber in einiger Entfernung blieben sie doch, eng zusammengekauert, die vielen Tiere so eng und starr, da? es aussah wie eine schmale H��rde, von Irrlichtern umflogen.
?So hast du, Herr, auch dieses Schauspiel gesehen und geh?rt,? sagte der Araber und lachte so fr?hlich, als es die Zur��ckhaltung seines Stammes erlaubte. ?Du wei?t also, was die Tiere wollen?? fragte ich. ?Nat��rlich, Herr,? sagte er, ?das ist doch allbekannt; solange es Araber gibt, wandert diese Schere durch die W��ste und wird mit uns wandern bis ans Ende der Tage. Jedem Europ?er wird sie angeboten zu dem gro?en Werk; jeder Europ?er ist gerade derjenige, welcher ihnen berufen scheint. Eine unsinnige Hoffnung haben diese Tiere; Narren, wahre Narren sind sie. Wir lieben sie deshalb; es sind unsere Hunde; sch?ner als die Eurigen. Sieh nur, ein Kamel ist in der Nacht verendet, ich habe es herschaffen lassen.?
Vier Tr?ger kamen und warfen den schweren Kadaver vor uns hin. Kaum lag er da, erhoben die Schakale ihre Stimmen. Wie von Stricken unwiderstehlich jeder einzelne gezogen, kamen sie, stockend, mit dem Leib den Boden streifend, heran. Sie hatten die Araber vergessen, den Ha? vergessen, die alles ausl?schende Gegenwart des stark ausdunstenden Leichnams bezauberte sie. Schon hing einer am Hals und fand mit dem ersten Bi? die Schlagader. Wie eine kleine rasende Pumpe, die ebenso unbedingt wie aussichtslos einen ��berm?chtigen Brand l?schen will, zerrte und zuckte jede Muskel seines K?rpers an ihrem Platz. Und schon lagen in gleicher Arbeit alle auf dem Leichnam hoch zu Berg.
Da strich der F��hrer kr?ftig mit der scharfen Peitsche kreuz und quer ��ber sie. Sie hoben die K?pfe; halb in Rausch und Ohnmacht; sahen die Araber vor sich stehen; bekamen jetzt die Peitsche mit den Schnauzen zu f��hlen; zogen sich im Sprung zur��ck und liefen eine Strecke r��ckw?rts. Aber das Blut des Kamels lag schon in Lachen da, rauchte empor, der K?rper war an mehreren Stellen weit aufgerissen. Sie konnten nicht widerstehen; wieder waren sie da; wieder hob der F��hrer die Peitsche; ich fa?te seinen Arm.
?Du hast Recht, Herr,? sagte er, ?wir lassen sie bei ihrem Beruf; auch ist es Zeit aufzubrechen. Gesehen hast du sie. Wunderbare Tiere, nicht wahr? Und wie sie uns hassen!?

Ein Besuch im Bergwerk.
Heute waren die obersten Ingenieure bei uns unten. Es ist irgendein Auftrag der Direktion ergangen, neue Stollen zu legen, und da kamen die Ingenieure, um die allerersten Ausmessungen vorzunehmen. Wie jung diese Leute sind und dabei schon so verschiedenartig! Sie haben sich alle frei entwickelt, und ungebunden zeigt sich ihr klar bestimmtes Wesen schon in jungen Jahren.
Einer, schwarzhaarig, lebhaft, l??t seine Augen ��berallhin laufen.
Ein Zweiter mit einem Notizblock, macht im Gehen Aufzeichnungen, sieht umher, vergleicht, notiert.
Ein Dritter, die H?nde in den Rocktaschen, so da? sich alles an ihm spannt, geht aufrecht; wahrt die W��rde; nur im fortw?hrenden Bei?en seiner Lippen zeigt sich die ungeduldige, nicht zu unterdr��ckende Jugend.
Ein Vierter gibt dem Dritten Erkl?rungen, die dieser nicht verlangt; kleiner als er, wie ein Versucher neben ihm herlaufend, scheint er, den Zeigefinger immer in der Luft, eine Litanei ��ber alles, was hier zu sehen ist, ihm vorzutragen.
Ein F��nfter, vielleicht der oberste im Rang, duldet keine Begleitung; ist bald vorn, bald hinten; die Gesellschaft richtet ihren Schritt nach ihm; er ist bleich und schwach; die Verantwortung hat seine Augen ausgeh?hlt; oft dr��ckt er im Nachdenken die Hand an die Stirn.
Der Sechste und Siebente gehen ein wenig geb��ckt, Kopf nah an Kopf, Arm in Arm, in vertrautem Gespr?ch; w?re hier nicht offenbar unser Kohlenbergwerk und unser Arbeitsplatz im tiefsten Stollen, k?nnte man glauben,
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