Ein Landarzt | Page 5

Franz Kafka
den Nomaden verschlungen. Auch ihre Pferde fressen Fleisch; oft liegt ein Reiter neben seinem Pferd und beide n?hren sich vom gleichen Fleischst��ck, jeder an einem Ende. Der Fleischhauer ist ?ngstlich und wagt es nicht, mit den Fleischlieferungen aufzuh?ren. Wir verstehen das aber, schie?en Geld zusammen und unterst��tzen ihn. Bek?men die Nomaden kein Fleisch, wer wei?, was ihnen zu tun einfiele; wer wei? allerdings, was ihnen einfallen wird, selbst wenn sie t?glich Fleisch bekommen.
Letzthin dachte der Fleischer, er k?nne sich wenigstens die M��he des Schlachtens sparen, und brachte am Morgen einen lebendigen Ochsen. Das darf er nicht mehr wiederholen. Ich lag wohl eine Stunde ganz hinten in meiner Werkstatt platt auf dem Boden und alle meine Kleider, Decken und Polster hatte ich ��ber mir aufgeh?uft, nur um das Gebr��ll des Ochsen nicht zu h?ren, den von allen Seiten die Nomaden ansprangen, um mit den Z?hnen St��cke aus seinem warmen Fleisch zu rei?en. Schon lange war es still, ehe ich mich auszugehen getraute; wie Trinker um ein Weinfa? lagen sie m��de um die Reste des Ochsen.
Gerade damals glaubte ich den Kaiser selbst in einem Fenster des Palastes gesehen zu haben; niemals sonst kommt er in diese ?u?eren Gem?cher, immer nur lebt er in dem innersten Garten; diesmal aber stand er, so schien es mir wenigstens, an einem der Fenster und blickte mit gesenktem Kopf auf das Treiben vor seinem Schlo?.
?Wie wird es werden?? fragen wir uns alle. ?Wie lange werden wir diese Last und Qual ertragen? Der kaiserliche Palast hat die Nomaden angelockt, versteht es aber nicht, sie wieder zu vertreiben. Das Tor bleibt verschlossen; die Wache, fr��her immer festlich ein- und ausmarschierend, h?lt sich hinter vergitterten Fenstern. Uns Handwerkern und Gesch?ftsleuten ist die Rettung des Vaterlandes anvertraut; wir sind aber einer solchen Aufgabe nicht gewachsen; haben uns doch auch nie ger��hmt, dessen f?hig zu sein. Ein Mi?verst?ndnis ist es, und wir gehen daran zugrunde.?

Vor dem Gesetz.
Vor dem Gesetz steht ein T��rh��ter. Zu diesem T��rh��ter kommt ein Mann vom Lande und bittet um Eintritt in das Gesetz. Aber der T��rh��ter sagt, da? er ihm jetzt den Eintritt nicht gew?hren k?nne. Der Mann ��berlegt und fragt dann, ob er also sp?ter werde eintreten d��rfen. ?Es ist m?glich,? sagt der T��rh��ter, ?jetzt aber nicht.? Da das Tor zum Gesetz offensteht wie immer und der T��rh��ter beiseite tritt, b��ckt sich der Mann, um durch das Tor in das Innere zu sehn. Als der T��rh��ter das merkt, lacht er und sagt: ?Wenn es dich so lockt, versuche es doch, trotz meines Verbotes hineinzugehn. Merke aber: Ich bin m?chtig. Und ich bin nur der unterste T��rh��ter. Von Saal zu Saal stehn aber T��rh��ter, einer m?chtiger als der andere. Schon den Anblick des dritten kann nicht einmal ich mehr ertragen.? Solche Schwierigkeiten hat der Mann vom Lande nicht erwartet; das Gesetz soll doch jedem und immer zug?nglich sein, denkt er, aber als er jetzt den T��rh��ter in seinem Pelzmantel genauer ansieht, seine gro?e Spitznase, den langen, d��nnen, schwarzen tatarischen Bart, entschlie?t er sich, doch lieber zu warten, bis er die Erlaubnis zum Eintritt bekommt. Der T��rh��ter gibt ihm einen Schemel und l??t ihn seitw?rts von der T��r sich niedersetzen. Dort sitzt er Tage und Jahre. Er macht viele Versuche, eingelassen zu werden, und erm��det den T��rh��ter durch seine Bitten. Der T��rh��ter stellt ?fters kleine Verh?re mit ihm an, fragt ihn ��ber seine Heimat aus und nach vielem andern, es sind aber teilnahmslose Fragen, wie sie gro?e Herren stellen, und zum Schlusse sagt er ihm immer wieder, da? er ihn noch nicht einlassen k?nne. Der Mann, der sich f��r seine Reise mit vielem ausger��stet hat, verwendet alles, und sei es noch so wertvoll, um den T��rh��ter zu bestechen. Dieser nimmt zwar alles an, aber sagt dabei: ?Ich nehme es nur an, damit du nicht glaubst, etwas vers?umt zu haben.? W?hrend der vielen Jahre beobachtet der Mann den T��rh��ter fast ununterbrochen. Er vergi?t die andern T��rh��ter und dieser erste scheint ihm das einzige Hindernis f��r den Eintritt in das Gesetz. Er verflucht den ungl��cklichen Zufall, in den ersten Jahren r��cksichtslos und laut, sp?ter, als er alt wird, brummt er nur noch vor sich hin. Er wird kindisch, und, da er in dem jahrelangen Studium des T��rh��ters auch die Fl?he in seinem Pelzkragen erkannt hat, bittet er auch die Fl?he, ihm zu helfen und den T��rh��ter umzustimmen. Schlie?lich wird sein Augenlicht schwach, und er wei? nicht, ob es um ihn wirklich dunkler wird, oder ob ihn nur seine Augen t?uschen. Wohl aber erkennt er jetzt im Dunkel einen Glanz, der unverl?schlich aus der T��re des Gesetzes bricht. Nun lebt er nicht mehr lange. Vor seinem Tode sammeln sich in seinem Kopfe alle Erfahrungen der ganzen Zeit zu einer Frage, die er bisher an den T��rh��ter noch nicht gestellt hat. Er winkt ihm zu, da er seinen erstarrenden K?rper nicht mehr aufrichten
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