Ein Bruderzwist in Habsburg | Page 8

Franz Grillparzer
Türkin). Ist's wahr?--Sie kann nicht reden. Wenn's wahr so spalt ich ihr den Kopf. Doch jetzt, Jetzt ist sie mein und--
Kürassiere (die Hand am S?bel) Wollen eben sehn.
Soldat. Kommt an, kommt an! Ob einer gegen zwei. Ist niemand da, der einem Landsmann hilft?
Hauptmann (zwischen sie tretend). Zurück Saml?nder, ketzerische Hunde!
Kürassier. Was sagen Mann?
Hauptmann. Ist's etwa nicht bekannt, Da? Türk' und Lutheraner stets im Bunde? Wie ging' sonst alles schief in Rat und Lager? Die heute nacht der Flucht das Beispiel gaben, Die Ketzer waren's, sinnend auf Verrat.
Fahnentr?ger (im Vorgrunde rechts). Wer das sagt lügt.
Hauptmann (sein Schwert halb gezogen). Mir das? Wer hat gesprochen?
Zweiter Soldat (rechts im Vorgrunde). Mit Gunst: hat er doch recht. Hier dieser Mann, Obgleich ein Luthrischer und Kirchenleugner, Gefochten hat er in der heut'gen Schlacht Wie einer der gedenkt des ew'gen Heils. Und ob ich gleich als rechter Katholik Verdammen mu? was seine Pred'ger lehren, Im Lager hier sind alle Tapfern Brüder, Und somit meine Hand.
Fahnentr?ger (einschlagend). Hier meine.
Mehrere (ein Gleiches tuend). Freund und Bruder!
Ringsherum. Auf Ja und Nein! Trotz Papst und Rom! Wir alle!
Hauptmann. H?rt Ihr?
Ramee. La?t nur!
Geschrei (im Hintergrunde). Hoheisa! Die Zigeuner!
(Im Hintergrunde tritt schlechte Musik auf. Einige Paare folgen sich bei den H?nden haltend und zum Tanze anschickend. Die anwesenden Soldaten sammeln sich bei dem dort stehenden Marketenderzelte. Musik und T?nzer gehen hinein. Gel?chter, Zutrinken.)
Klesel (von der rechten Seite kommend). Du heil'ger Gott! bin ich im Christenlager, Und dient kathol'schen Fürsten dieses Heer?
Ramee. Wenn Euch das kr?nkt, seid wohlgemut, Das Lager wird Euch fürder nicht mehr ?rgern. Ihr seid nach Prag berufen, wissen wir, Der Kaiser sieht Euch hier nicht allzugern. Wann reist Ihr ab?
Klesel. Wenn's meine Pflicht erheischt, Die keineswegs mir Prag bis jetzt bezeichnet. Der Seelenhirt geh?rt in seinen Sprengel.
Ramee. Und ist Eu'r Sprengel hier im Lager? Neustadt, Neustadt und Wien, dort leuchte Euer Licht. Ihr seid hier Schuld an manchem Schief' und Argem, Setzt Eure Meinung durch und führt den Krieg Als eine Wallfahrt nach 'nem Gnadenort, Nebstdem da? wenig Gnad' in Euerm Tun. Verkehrt Ihr doch mit eitel Protestanten Und wendet Euerm Herrn die Herzen ab, Die ihm bereit aus den getreuen Landen. Doch ist zur Zeit ein andres Regiment. Mathias, dieses Lagers Fürst und Führer, Er fand den Rückweg nicht der andern Flücht'gen, Und die Erzherzoge, die Ihr berieft Aus Gr?z und Wien, zu einem Ratschlag hei?t es, Sie sind im Lager, treten in sein Amt Und werden Euerm Flüstern wenig horchen.
Klesel. Ob Ihr beleidigt mich, es sei verziehn, Allein um aller Heil'gen willen sagt Was von Erzherzog Mathias Euch bekannt.
Ramee. Bekannt, da? nichts bekannt. Er ist nicht hier, Ob nun in Wien, ob--Hoffen wir das Beste, Euch sei genug: im Lager ist er nicht. Drum reist nur ab; wenn Ihr nicht vorher noch Bei denen, die ihm folgen im Befehl Und die dort nahn, wollt Euer Heil versuchen. Stellt euch in Ordnung! Die Erzherzoge.
(Die im Hintergrunde Befindlichen stellen sich in eine Reihe. Von der linken Seite kommen die Erzherzoge Ferdinand, Leopold und Maximilian.)
Maximilian (ein beleibter, wohlbehaglicher Herr). Die Wege rütteln wie das b?se Fieber. Hat noch von unserm Bruder nichts verlautet?
Klesel (der in den Vorgrund rechts getreten, auf sie zugebend). Gott segne Euern Eintritt, edle Herrn!
(Die Erzherzoge gehen nach der entgegengesetzten Seite und gehen quer über die Bühne ab.)
Klesel (sich zurückziehend). Du heil'ger Gott!
Erzherzog Leopold (der zurückgeblieben, links in den Vordergrund tretend). Ramee!
Oberst Ramee (zu ihm tretend). Erlauchter Herr!
Erzherzog Leopold. Es steht hier schlimm, und doch, bedenk ich's recht, M?cht ich fast sagen: gut. Sie haben Pl?ne. Das Lager hier, ich fürchte, l?st sich auf. Hast du versucht ob ein und andre willig Bei uns zu dienen im Passauer Heer?
Ramee. Bei zwanzig Führer.
Leopold. Halt, sprich leise, hier!
(Er zieht sich mit ihm nach der linken Seite, wo Ramee zu ihm spricht.)
Klesel (in der Mitte der Bühne mit einer Bewegung gegen den Erzherzog.). Ob ich's versuche, noch einmal versuche?
(Eine Gruppe Soldaten rechts im Vorgrunde.)
Erster (halblaut). Des Kaisers Sohn Don C?sar ist im Lager. Er wirbt Gehilfen zu geheimem Anschlag. Es soll 'ner Kutsche mit zwei Frauen gelten, Begleitet nur von wenigen Berittnen.
Zweiter. Das w?r' ja wie ein R?uberüberfall.
Erster. Des Kaisers Sohn und R?uber? Dann zuletzt, Was kümmert's dich? Sieh hier, man zahlt mit Gold. (Münzen zeigend.)
Zweiter. Gehst du?
Erster. Jawohl! und Kunz und Hans und M?rten.
Klesel (im Mittelgrunde). Nein, lieber sterben, als den Einsichtslosen Die Einsicht opfern und gerechten Stolz.
Leopold (zu Ramee). Sei rasch und klug und hüte dich vor dem! (Auf Klesel zeigend, ab.)
Zweiter Soldat (rechts im Vorgrunde). Hier hast du mich! Soll's bald?
Erster. Heut abend.
Zweiter. Gut!
Geschrei (hinter der Szene). Vivat! Vivat!
Ramee. Was ist?
Hauptmann (in die Szene nach links blickend). Ein Mann--umgeben-- In ung'risch niedrer Tracht.--'s ist der Erzherzog.
Ramee. Mathias?
Hauptmann. Wohl!--Nun vivat, vivat denn, Wer's treu mit ?streich meint und seinem Haus.
(Klesel, der bei dem Worte Mathias zusammengefahren, stürzt jetzt auf den Hauptmann zu, ihm die Rechte mit beiden H?nden
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