er nicht
früher Antwort ertheilt hat. Es war gerade Niemand zu finden, der
hierher wollte. Um die Jungfrau aus ihrem Blumenzustande zu erlösen,
ist nur dies nöthig: Gehet an das Ufer des Flusses, werfet eure Kleider
ab und schmiert euch den Körper über und über mit Schlamm ein, so
daß kein weißer Fleck bleibt; dann nehmt die Nasenspitze zwischen die
Finger und rufet: »»Aus dem Mann ein Krebs!«« Augenblicklich
werdet ihr zum Krebs, dann geht in die Tiefe des Flusses; Ertrinken
habt ihr nicht zu befürchten. Drängt euch dreist unter die Wurzeln des
Teichröschens, und löset sie von Schlamm und Schilf, so daß sie
nirgends mehr fest sitzen. Hängt euch dann mit euren Scheeren an ein
Zweiglein der Wurzel an, so wird euch das Wasser sammt dem
Blümchen auf die Oberfläche heben. Dann treibet mit dem Strom so
lange fort, bis euch links am Ufer eine Eberesche mit beblätterten
Zweigen zu Gesicht kommt. Nicht weit von der Eberesche steht ein
Stein von der Höhe einer kleinen Badstube. Beim Steine müßt ihr die
Worte ausstoßen: »»Aus der Teichrose die Jungfrau, aus dem Krebs der
Mann!«« In demselben Augenblick wird es so geschehen.« Als der
Adler geendigt hatte, hob er die Fittige und flog davon. Der Jüngling
sah ihm eine Weile nach und wußte nicht, was er davon halten sollte.
Unter zweifelnden Gedanken verstrich ihm über eine Woche; er hatte
weder Muth noch Vertrauen genug, die Befreiung in dieser Weise zu
versuchen. Da hörte er eines Tages aus dem Munde einer Krähe: »Was
zögerst du, der Weisung des Alten nachzukommen? Der alte Zauberer
hat noch nie falschen Bescheid geschickt, und auch die Vogelsprache
hat noch nie getrogen. Eile an das Ufer des Flusses und trockne die
Sehnsuchtsthränen der Jungfrau.« Die Rede der Krähe machte dem
Jünglinge Muth; er dachte: Größeres Unglück kann mir nicht
widerfahren als der Tod, aber leichter ist der Tod als unaufhörliches
Trauern. Er setzte sich zu Pferde und ritt den bekannten Weg zum Ufer
des Flusses. Als er an die Brücke kam, hörte er den Gesang:
»Durch der Mutter Fluch beschworen Muß ich hier im Schlummer
liegen, Muß das junge Kind verwelken, In der Wellen Schoos
hinsiechen. Feucht und kalt das tiefe Bette Decket jetzt die zarte
Jungfrau.«
Der Königssohn legte seinem Pferde die Fußfessel an, damit es sich
nicht zu weit von der Brücke entfernen könnte, warf die Kleider ab,
schmierte den Körper über und über mit Schlamm, so daß nirgends ein
weißer Fleck blieb, faßte sich dann an die Nasenspitze und sprang in's
Wasser mit dem Rufe: »Aus dem Mann ein Krebs!« Einen Augenblick
zischte das Wasser auf, dann war Alles wieder still wie zuvor.
Das in einen Krebs verwandelte Männlein begann die Wurzeln der
Teichrose aus dem Flußbette loszumachen, brauchte aber viel Zeit dazu.
Die Würzelchen saßen im Schlamm und Schilf fest, so daß der Krebs
sieben Tage schwere Arbeit hatte, bis die Sache von Statten ging. Als
die Arbeit beendigt war, hakte das Krebsmännlein seine Scheeren in ein
Zweiglein der Wurzel ein, und das Wasser hob ihn sammt dem
Blümchen auf die Oberfläche des Flusses. Die schaukelnden Wellen
trieben Krebs und Teichrose nur allmählich vorwärts, und wiewohl
Bäume und Sträuche genug am Ufer sichtbar wurden, so kam doch
immer die Eberesche mit dem großen Stein nicht zum Vorschein.
Endlich sah er links am Ufer den Baum mit seinem Laube und den
rothen Beerenbüscheln, und etwas weiterhin stand auch der Fels, der
die Höhe einer kleinen Badstube hatte. Jetzt stieß das Krebsmännlein
die Worte aus: »Aus der Teichrose die Jungfrau, aus dem Krebse der
Mann!« -- Augenblicklich schwammen auf dem Wasser zwei
Menschenhäupter, ein männliches und ein weibliches, das Wasser trieb
sie an's Ufer, aber Beide waren splitternackt, wie Gott sie geschaffen.
Die verschämte Jungfrau bat nun: »Lieber Jüngling, ich habe keine
Kleider anzuziehen, darum mag ich nicht aus dem Wasser steigen.« --
Der Jüngling bat dagegen: »Tretet an's Ufer unter die Eberesche, ich
mache so lange die Augen zu, bis ihr hinauf klettert und euch unter
dem Baume berget. Dann eile ich zur Brücke, wo ich mein Pferd und
meine Kleider ließ, als ich in den Fluß sprang.« Die Jungfrau hatte sich
unter der Eberesche verborgen, und der Jüngling eilte zur Brücke, wo
er Kleider und Pferd gelassen hatte; aber er fand dort weder das Eine
noch das Andere. Daß sein Krebszustand so viele Tage gedauert hatte,
wußte er nicht, vielmehr glaubte er nur einige Stunden auf dem Grunde
des Wassers gewesen zu sein. Siehe, da kommt ihm am Ufer eine
prächtige mit sechs Pferden bespannte Kutsche langsam entgegen. In
der Kutsche fand er alles Nöthige, sowohl für sich, wie für die aus dem
Wasserkerker erlöste Jungfrau; sogar ein Diener und eine Zofe waren
mit der Kutsche angekommen. Den Diener behielt der Königssohn für
sich, das Mädchen schickte er mit der Kutsche und den Kleidern dahin,
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