Elfen.
Kreon. So gern du, Göttin, magst nach deiner Heimat ziehn, So
schmerzlich fällt es mir, die meinige zu fliehn. (Mit tiefer Rührung.) O
du mein teures Reich, ich muß mich von dir trennen, Den rauhen
Felsen nur kann meine Qual ich nennen. Wo lebt ein König wohl, der
solches Leid getragen, Daß seinem Volke er kein Lebewohl darf sagen?
O Echo, dessen Schall in allen Bergen tönt, Verkünd' das Trauerwort;
leb' wohl, mein Agrigent. Nun folg' ich Göttin dir ins traumbeglückte
Land, Verlaß mein wirkliches, aus dem man mich verbannt; Doch
wenn die Wolken mir mein treues Volk verhüllen, Wird sich des
Königs Aug' mit heißen Tränen füllen. Magst du den Schmerz als
kleinlich auch betrachten, Er ist ein heil'ges Weh, du darfst ihn nicht
verachten. (Er kniet vor ihr.)
Lucina (gerührt die Hand auf sein Haupt legend). Ich ehre tief dein
Leid, es führt dich einst zum Lohne, Der Schmerz gehört der Welt,
drum trägt ihn auch die Krone. (Hebt ihn auf.) Erhebe dich mein Fürst.
(läßt ihn in den Wolkenwagen steigen.) Ein Thron soll dich
umrauschen. (Die Wolke bildet einen Thronhimmel um Kreons Haupt.)
Ist mir Fortuna hold, sollst du ihn bald vertauschen.
(unter zart klagender Musik schwingen sich beide langsam fort.)
Neunte Szene. (Romantische Gegend.)
(Vorne links ein kleines Häuschen mit einem Schilde, worauf eine
goldene Schere gemalt ist. Diesem gegenüber eine natürliche
Rasenbank, von einem Baum überschattet. Die Musik geht nach der
Verwandlung in Simplizius' Ariette über.)
Simplizius (in bürgerlicher Kleidung). Ariette. 's gibt wenig, die so
glücklich sind Wie ich aus dieser Welt, Ich hab' kein Weib und hab'
kein Kind, Und hab' kein' Kreuzer Geld. Wenn ich auch keine Schulden
hätt', Ich wüßt' vor Freud' nicht, was ich tät'. Ich will im voraus nicht
stolziern, Mein Glück fängt erst recht an, Mir scheint, ich werd' mein
Gwerb' verliern, Dann bin ich prächtig dran; Und 's Überraschendste
wird sein, Wenn s' kommen werdn und sperrn mich ein.
Dann schau' ich um ein' Freund mich um, Der in der Not mich tröst',
Der macht, daß ich aus d' Festung kumm, Da sitz' ich erst recht fest;
Und wenn s' mich dort vielleicht noch schlagn, Das wär' ein
Glück,--nicht zum Ertragn.
Ja, ja, mancher, der mich so reden hört, würd' sagen: O je, da kommt
schon wieder einer daher, der lamentiert, daß er kein Geld hat und
voller Schulden ist und daß er soll eing'sperrt werdn. O Jemine, das ist
ein' alte G'schicht'. (Hochdeutsch.) Ja, wenn's aber nicht anders ist, was
soll man denn machen? Es ist einmal so, ich hab' einmal kein Geld, und
sie sperrn mich einmal ein, vielleicht auch zweimal, (lokal) und wenn
das so fortgeht, so komm' ich aus dem Einsperren gar nicht mehr
heraus. Ich bin ein rechtschaffener Mann, doch von was soll ich denn
zahlen? Ich bin zwar der angesehnste Schneider hier im Ort, aber ich
hab' nur eine einzige Kundschaft, und das ist mein Gläubiger, ein
Weinhandler, der weint um seine fünfhundert Taler, so oft er mich
anschaut. Jetzt bin ich ihm das Geld schon sieben Jahr' schuldig, er ist
aber schon lang gezahlt, denn statt den Interessen hat er mit mir
ausgemacht, daß ich ihm alles umsonst arbeiten müßt', was in seinem
Haus ang'schafft wird. Da kommen aber die Leut' vom ganzen Dorf in
sein Haus, lassen sich das Maß nehmen, ich muß ihnen umsonst
arbeiten, und er laßt sich zahlen dafür. Da hab' ich einen Zimmerherrn
drin--(deutet auf sein Haus, geheimnisvoll) der zahlt auch nichts. Ist ein
Schmied, ein Reimschmied, schreibt jetzt gar ein Theaterstuck. Auf die
Letzt bringt er mich noch in ein Stuck hinein, denn ich hör', jetzt
können s' gar kein Stuck mehr aufführen, wo s' nicht was von ein'
Schneider drin haben, und er gar, er schreibt eins, das heißt "Die
getrennten Brüder", das wird doch aufs z'sam'nahn hinausgehn. Er
erwartet immer das Geld von der Post, und jetzt ist ein so ein schlechter
Weg, da bleibt's halt stecken. (Ruft zum Fenster hinein.) Guten Morgen,
Monsieur Ewald, schon wieder fleißig? Scribendum!
Zehnte Szene. Voriger. Ewald.
Ewald (schlägt von innen auf den Tisch). So stören Sie mich doch nicht
mit Ihrem unsinnigen Geschwätz. (Kommt heraus im einfachen
Gehrock. mit einem Manuskripte, Tinte und Feder.) Es ist nicht
möglich, daß ich einen vernünftigen Gedanken fassen kann, wenn Sie
in meiner Nähe sind. Gehen Sie doch hinein, ich will hier schreiben.
Simplizius. Schreiben Sie, wo Sie wollen und an wen Sie wollen, aber
sein Sie nicht unartig mit mir.
Ewald. Lieber Hausherr, nehmen Sie meine Heftigkeit nicht so auf, Sie
sehen, ich bin ein Dichter, ein begeisterter Mensch. Wenn man in
Jamben arbeitet, Sie verstehen das nicht so, es sind fünffüßige Verse.
Simplizius. Ja, das ist ja eben das Unglück, wenn die Vers' eine Menge
Füß' haben und kein' Kopf. Das tragt nichts ein, ich wollt', ich
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