Die unheilbringende Krone oder König ohne Reich | Page 2

Ferdinand Raimund
sich donnernd drob' empört, Daß
ich's gewagt, als meiner Siege Lohn, Zu fordern Agrigentens goldnen
Thron, Und ausgesprochen unter ew'gen Blitzen; "Ich dürfe nie ein
Reich der Welt besitzen, Und Agrigent kann dann nur Glück erringen,
Wird auf dem Thron Kreon das Zepter schwingen." So logen sie, als
ich zurückgekehrt, Aus blut'ger Schlacht zum heißerkämpften Herd, So
logen sie, von aller Scham entwöhnt, Als Siegesdank fand ich Kreon
gekrönt. Da außen ich des Landes Feind bekriegt, Hat eigner mich im
Innern hier besiegt. Drum will ich fliehn aus dir, verhaßtes Land, Doch
nimm den Schwur als dräuend Unterpfand, Daß ich noch einmal zu dir
wiederkehre, Zu rächen die durch Trug geraubte Ehre.
(Will ab und erblickt entsetzt der Rachefurien Höhle.)

Ha, welch ein Pfad hat mich zu euch geleitet, Blutlose Schwestern, die
ihr stets bereitet, Als der Vergeltung grauenvolle Bürgen, Gewalt'ge
Sünder dieser Welt zu würgen. Euch fordr' ich auf, an euch will ich
mich wenden, Sprengt auf das Tor mit den entfleischten Händen,
Reicht mir ein Schwert, mich an der Welt zu rächen, Die mich verhöhnt,
und ihren Bau zu brechen.
(Fürchterlicher Donnerschlag, der verrollt; die Pforte dröhnt und
erzittert, dann leuchten schwache Blitze auf das Gebüsche rechts, das
sich in der Mitte auseinanderteilt. Man erblickt darin Hades, in Lumpen
gehüllt, mit bleichem Antlitz auf einem Steine sitzen, er hat einen Sack
über dem Rücken hängen.)

Zweite Szene. Phalarius und Hades. (Hades grinst Phalarius an, der ihn
mit Entsetzen betrachtet.)
Phalarius. Welch ekliche Gestalt, wer bist du?
Hades (mit etwas hohler Stimme, lauernd und gezogen). Ich?
Phalarius. Bist du der Rachefurien eine? (Starr.) Sprich!
Hades (langsam aufstehend, er geht gebeugt und spricht langsam im
hohlen Tone). Bin keine von den Rachefurien, Kann selbst kaum mehr
auf morschen Knochen stehn; Bin nicht Tisiphone, Megär', Alecto,
Nein, nein, ich bin,--vergib,--mich schauert so.
Phalarius. Du kannst nicht ganz der Erde angehören, Du könntest sonst
den schönen Glauben stören, Daß nach dem hohen Götterbild des Zeus
Der Mensch geformet sei durch Prometheus.
Hades. Nicht ganz ist mehr die Erd' mein Vaterland, Tief unten ruft es
mich am styg'schen Strand; Harpyen, die wie Nachtigallen klagen,
Verkünden, daß die Furien um mich fragen.
Phalarius. Hast du so bös gehaust in dieser Welt, Daß dir im Enden
jeder Trost nun fehlt? Bist du so arm, daß dich Verzweiflung faßt, Und

hast wohl einst im Übermut gepraßt?
Hades. So ist es, du hast furchtbar wahr gesprochen, Doch jetzt ist
meines Glückes Stab gebrochen; Viel hab' ich einst auf dieser Erd'
besessen, Geliebt ward ich, ich werd' es nie vergessen, Doch jetzt bin
ich gehaßt, bin unbeweibt, (Weinend.) So arm, daß mir nichts mehr, als
eine Krone bleibt.
Phalarius (nach einer Pause des Erstaunens). Was sprichst du, eine
Kron'? Wahnwitzig Tier!
Hades. Willst du sie sehn? ich trage sie mit mir. (Mit stärkerer Stimme.)
Ich schenk' sie dir, willst du's mit ihr versuchen, Ich hörte dich vorher
um eine Krone fluchen, Doch trägst du sie, legst du sie nimmer ab, Sie
bleibt dem Haupte treu bis an das Grab.
Phalarius. Was nützt die Krone mich, nenn' mir ihr Reich.
Hades (stark). Die Welt!--Hast du genug?--Was wirst du bleich?
Phalarius. Soll ich's nicht werden? Mich befällt ein Grauen, Wer kann
in solchen Riesenhimmel schauen, Die Erd', so weit sie reicht,
unendlich Bild, Hat nie die Neugier eines Augs gestillt. Entflieh, verlaß
mich, trügerischer Geist, Der Hölle gibt, da er zum Himmel weist. Zeig'
her die Kron', wenn du mich nicht geneckt.
Hades. In meinem Bettelsack ist sie versteckt; Dem Drachen gleich, der
in der Höhle kauert, Auf fette Beut' mit gift'gem Zahne lauert.
Phalarius. Ein Diadem in eines Bettlers Tasche?
Hades. In schlichter Urn' ruht königliche Asche. (Mit erhobener
Stimme.) Durch diese Kron', ruht sie auf einem Haupt, Wird dem, der
sie erblickt, des Mutes Kraft geraubt. Ja, ihr Besitzer darf nur leise
winken, Wer sich ihm naht, muß huld'gend niedersinken. Es wird der
Baum, mit üppig grünen Zweigen, Sein duftend Haupt vor dieser Krone
neigen; Des Waldes Tiere werden bang' erzittern Und heulend sie in
weiter Ferne wittern. Was er befiehlt, muß streng' vollzogen werden,

Und keiner lebt, der sie entwenden kann auf Erden. Selbst wenn er
schläft, die sorgsam stille Nacht, Geschloßnen Aug's, ihr Eigentum
bewacht. Kein Speer, kein Dolch, kein Pfeil kann ihn erreichen, Der
Krone Macht wird nur dem Mondlicht weichen; Solang sie dies
bestrahlt, ist er verloren, Und jedes Feindes Schwert kann ihn
durchbohren. Solch Glück bringt dieser Reif und solches Bangen; Nun
sprich, trägt deine Herrschsucht noch nach ihm Verlangen?
Phalarius. Den Sturm versöhn' durch eines Schiffes Wrack, Golkondens
Schatz verbirg im Bettelsack, Dem Pfeil befiehl, er soll den Rückweg
nehmen, Des Ätna Glut verhindre auszuströmen, Nur mich bered' nicht,
von der Kron' zu lassen, Gib sie heraus, sie muß das Haupt umfassen.
(Legt den Helm ab.)
Hades. Wohlan, schau' nicht zum Himmel, blick' zur
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