Die schönsten Geschichten der Lagerlöf | Page 7

Selma Lagerlöf
sind, aber munter und vergnügt und augenscheinlich sehr zufrieden mit ihrem Tag.
In den Stübchen stehen die M?bel geordnet, die Kisten sind fortger?umt, Stroh und Papierschnitzel fortgekehrt. Hugo macht gerade im ersten Zimmer die Betten für die Knaben. Das zweite Zimmer soll Vaters Schlafstube sein, und da steht sein Bett, mit so viel Sorgfalt gemacht, wie er sich's nur wünschen kann.
Jetzt geht mit Vater ein eigentümlicher Umschwung vor. Als er heimkam, war er mit sich selbst unzufrieden gewesen, weil er sich von der Arbeit davongemacht und die Knaben ohne Speise und Trank zurückgelassen hatte. Aber jetzt, wo er sieht, da? sie guter Laune sind, und da? ihnen nichts abzugehen scheint, bereut er es, da? er ihrethalben seine Freunde verlassen hat; er wird reizbar und streitsüchtig.
Er sieht wohl, da? die Knaben stolz auf alle die Arbeit sind, die sie geleistet haben, und da? sie erwarten, von ihm gelobt zu werden; aber dazu ist er gar nicht geneigt. Er fragt vielmehr, wer dagewesen sei und ihnen geholfen habe, und bittet sie, sich gef?lligst zu merken, da? man in Stockholm nichts geschenkt bekomme und der Hausknecht für alles, was er t?te, bezahlt werden müsse. Die Knaben antworten, da? sie keine Hilfe in Anspruch genommen, sondern alles allein gemacht h?tten, aber er h?rt nicht auf, zu zanken. Es sei unrecht von ihnen gewesen, die gro?e Kiste zu ?ffnen. Sie h?tten sich dabei etwas zuleide tun k?nnen. Er h?tte ihnen doch verboten, sie zu ?ffnen. Sie h?tten jetzt ihm zu gehorchen. Er sei für sie verantwortlich.
Er nimmt die Kerze, geht in die Küche und leuchtet in die Schr?nke. Der kleine Vorrat an Glas und Porzellan ist in guter Ordnung auf den Brettern aufgestellt.
Er prüft alles haargenau, um Anla? zu weiterem Tadel zu finden.
Pl?tzlich erblickt Vater ein paar überreste des Abendbrots der Knaben und beginnt sogleich zu zanken, weil sie Huhn gegessen haben. Woher sie sich das verschafft h?tten? Ob sie wie die Prinzen zu leben ged?chten? Ob sie sein Geld hinauswürfen, um Hühner zu essen?
Dann f?llt ihm ein, da? er ihnen ja kein Geld zurückgelassen hat. Er fragt, ob sie das Huhn gestohlen h?tten, und ger?t ganz au?er sich.
Er spricht und ermahnt, zankt und tost, aber jetzt bekommt er von den Knaben keine Antwort. Sie wollen ihm nicht sagen, woher sie das Huhn haben, sondern lassen ihn austoben. Und er h?lt ganze Reden, ganze Predigten, er ersch?pft seine letzten Kr?fte. Schlie?lich bittet und bettelt er.
?Ich beschw?re euch, sagt mir die Wahrheit! Ich will euch alles verzeihen, was ihr auch begangen haben m?gt, wenn ihr mir nur die Wahrheit sagt.?
Jetzt k?nnen es die Knaben nicht l?nger aushalten. Vater h?rt einen prustenden Laut. Sie werfen die Decken ab und setzen sich auf, und er merkt, da? sie vor unterdrücktem Lachen ganz rot im Gesicht sind. Und w?hrend sie jetzt ungezügelt herauslachen, sagt Lennart, von best?ndigem Kichern unterbrochen: ?Mutter hat uns doch ein Hühnchen in den E?korb gelegt, den sie uns auf die Reise mitgegeben hat.?
Vater richtet sich auf, sieht die Knaben an, will sprechen, findet aber keine passenden Worte. Er richtet sich noch majest?tischer empor, sieht sie mit tiefster Verachtung an und geht ohne weiteres auf sein Zimmer.
* * * * *
Vater hatte jetzt herausgebracht, wie geschickt die Knaben sind, und er benützt dies, um ein Dienstm?dchen zu ersparen. Morgens schickt er Lennart in die Küche und l??t ihn Kaffee kochen, w?hrend Hugo den Frühstückstisch deckt und Brot vom B?cker holt. Nach dem Frühstück setzt Vater sich auf einen Stuhl und sieht zu, wie die Knaben die Betten machen, die Zimmer kehren und die ?fen heizen. Er gibt unaufh?rlich Befehle und kommandiert sie von einer Arbeit zur andern, nur um seine Macht zu zeigen. Wenn das Morgenaufr?umen vorüber ist, geht er aus und bleibt den ganzen Vormittag weg. Das Mittagessen l??t er aus einer benachbarten Kochschule holen. Dann l??t Vater die Knaben für den Abend allein und verlangt von ihnen nichts andres, als da? sein Bett gemacht sei, wenn er heimkommt.
Die Knaben sind so fast den ganzen Tag allein und k?nnen sich besch?ftigen, womit sie wollen.
Eine ihrer wichtigsten Arbeiten besteht darin, an Mutter zu schreiben. Sie bekommen von ihr jeden Tag einen Brief, und sie schickt ihnen Papier und Marken, damit sie ihr antworten k?nnen.
Mutters Briefe enthalten haupts?chlich Ermahnungen, artig gegen Vater zu sein. Sie schreibt immer, wie liebenswert Vater gewesen sei, als sie ihn kennenlernte, und sie erz?hlt ihnen, wie hochstrebend und arbeitsam er im Anfang seiner Laufbahn gewesen sei. Sie sollten z?rtlich und liebevoll gegen ihn sein. Sie dürften nie vergessen, wie unglücklich er w?re.
?Wenn Ihr so recht gut gegen Vater seid, dann hat er vielleicht Mitleid mit Euch und l??t Euch wieder nach Hause zu mir kommen,? schreibt Mutter.
Mutter erz?hlt, da? sie beim Pfarrer und beim Bürgermeister gewesen sei, um zu fragen, ob es nicht m?glich w?re, die Knaben wieder zu bekommen. Aber alle beide
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