Ihnen nicht noch einen Zahn ausgezogen für das Bild?"--"Nein, Herr Chirurg", erwiderte Wehmüller, "ich habe alle meine Z?hne frisch und gesund, wenn Sie zuschauen wollen." Nun fa?te der Feldscher einigen Mut; Wehmüller sperrte das Maul auf, er sah nach und gestand ihm zu, da? er ganz ein andrer Mensch sei; denn jetzt, da er ihn weder aus der Ferne noch von Rauch getrübt ansehe, müsse er ihm gestehen, da? der andre Wehmüller viel glatter und auch etwas fetter sei, ja da? sie beide, wenn sie nebeneinander st?nden, kaum verwechselt werden k?nnten; aber durchpassieren lassen k?nne er ihn jetzt doch nicht. Es habe zuviel Aufsehens bei der Wache gemacht, und er k?nne Verdru? haben; morgen früh werde aber der Kordonkommandant mit einer Patrouille bei der Visitation hieher kommen, und da lie?e sich sehen, was er für ihn tun k?nne; er m?ge bis dahin nach der Schenke des Dorfs zurückkehren, er wolle ihn rufen lassen, wenn es Zeit sei; er solle auch das Bild mitnehmen und ihm den Schnauzbart etwas spitzer malen, damit es ganz ?hnlich werde. Wehmüller bat, in seiner Erdhütte einen Brief an sein Tonerl schreiben zu dürfen und ihm den Brief hinüber zu besorgen. Der Chirurg war es zufrieden. Wehmüller schrieb seiner Frau, erz?hlte ihr sein Unglück, bat sie um Gottes willen, nicht den falschen Wehmüller mit ihm zu verwechseln und lieber sogleich ihm entgegen zu reisen. Der Chirurg besorgte den Brief und gab Wehmüllern noch ein Attestat, da? seine Person eine ganz andre sei als die des ersten Wehmüllers, und nun kehrte unser Maler, durchger?uchert wie ein Quarant?nebrief, nach der Dorfschenke zurück.
Hier war die Gesellschaft vermehrt, die Erz?hlung von dem doppelten Wehmüller hatte sich im Dorfe und auf einem benachbarten Edelhof ausgebreitet, und es waren allerlei Leute bei der Wirtin zusammengekommen, um sich wegen der Geschichte zu befragen. Unter dieser Gesellschaft waren ein alter invalider Feuerwerker und ein Franzose die Hauptpersonen. Der Feuerwerker, ein Venetianer von Geburt, hie? Baciochi und war ein Allesinallem bei dem Edelmanne, der einen Büchsenschu? von dem Dorfe wohnte. Der Franzose war ein Monsieur Devillier, der, von einer alten reichen Ungarin gefesselt, in Ungarn sitzen geblieben war; seine G?nnerin starb und hinterlie? ihm ein kleines Gütchen, auf welchem er lebte und sich bei seinen Nachbarn umher mit der Jagd und allerlei Liebesh?ndeln die Zeit vertrieb. Er hatte gerade eine Kammerjungfer auf dem Edelhofe besucht, der er Sprachunterricht gab, und diese hatte ihn mit dem Hofmeister des jungen Edelmanns auf seinem Rückwege in die Schenke begleitet, um ihrer Herrschaft von dem doppelten Wehmüller Bericht zu erstatten. Die Kammerjungfer hie? Nanny, und der Hofmeister war ein geborner Wiener mit Namen Lindpeindler, ein zartfühlender Dichter, der oft verkannt worden ist. Die berühmteste Person von allen war aber der Violinspieler Michaly, ein Zigeuner von etwa drei?ig Jahren, von eigentümlicher Sch?nheit und Kühnheit, der wegen seinem gro?en Talent, alle m?glichen T?nze ununterbrochen auf seiner Violine zu erfinden und zu variieren, bei allen gro?en Hochzeiten im Lande allein spielen mu?te. Er war hieher gereist, um seine Schwester zu erwarten, die bis jetzt bei einer verstorbenen Gro?mutter gelebt und nun auf der Reise zu ihm durch den Pestkordon von ihm getrennt war. Zu diesen Personen fügte sich noch ein alter kroatischer Edelmann, der einen einsamen Hof in der N?he der türkischen Grenze besa?; er übernachtete hier, von einem Kreistage zurückkehrend. Ein Tiroler Teppichkr?mer und sein Reisegeselle, ein Savoyardenjunge, dem sein Murmeltier gestorben war, und der sich nach Hause bettelte, machten die Gesellschaft voll, au?er der alten Wirtin, die Tabak rauchte und in ihrer Jugend als Amazone unter den Wurmserschen Husaren gedient hatte. Sie trug noch den Dolman und die Mütze, die Haare in einen Zopf am Nacken und zwei kleine Z?pfe an den Schl?fen geknüpft, und hatte hinter ihrem Spinnrad ein martialisches Ansehen. Diese bunte Versammlung sa? in der Stube, welche zugleich die Küche und der Stall für zwei Büffelkühe war, um den lodernden, niedern Feuerherd und war im vollen Gespr?ch über den doppelten Wehmüller, als dieser in der D?mmerung an der verschlossenen Haustüre pochte. Die Wirtin fragte zum Fenster hinaus, und als sie Wehmüller sah, rief sie: "Gott steh uns bei! Da ist noch ein dritter Wehmüller; ich mache die Türe nicht eher auf, bis sie alle drei zusammen kommen!"
Ein lautes Gel?chter und Geschrei des Verwunderns aus der Stube unterbrach des armen Malers Bitte um Einla?. Er nahte sich dem Fenster und h?rte eine lebhafte Beratschlagung über sich an. Der kroatische Edelmann behauptete, er k?nne sehr leicht ein Vampyr sein oder die Leiche des ersten an der Pest verstorbenen Wehmüllers, die hier den Leuten das Blut aussaugen wolle; der Feuerwerker meinte, er k?nne die Pest bringen, er habe wahrscheinlich den Kordon überschritten und sei wieder zurückgeschlichen; der Tiroler bewies, er würde niemand fressen; die Kammerjungfer verkroch sich hinter dem Franzosen, der, nebst dem Hofmeister, die Gastfreiheit und Menschlichkeit verteidigte. Devillier
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