Die Versuchung des Pescara | Page 9

Conrad Ferdinand Meyer
scheuer D?mon in seinem Zauberschlosse, Italien mit vollendeter Kunst regierte, und aus welcher er seine G��nstlinge, sobald sie erkrankten, wegtragen lie?, damit niemals der Tod an diese Marmorpforten klopfe.
Ein guter Theil der alten Pracht war verfallen, oder zertreten und versch��ttet durch den Krieg und die neu aufgeworfenen Bollwerke. Immerhin blieb noch genug ��brig f��r die schmeichelnde Bewunderung des sch?nen L?lius, und Franz Sforza verlebte ein paar h��bsche Stunden. Nur da sie eine Reitbahn betraten, welche der Bourbon w?hrend seiner mail?ndischen Statthalterschaft errichtet, verschatteten sich die f��rstlichen Z��ge, um sich dann aber gleich wieder zu erheitern. Er hatte das schallende Gel?chter Guicciardins vernommen und darauf diesen selbst erblickt, der sich in eine l?ndliche Veranda hemd?rmlig mitten unter lombardische Stallknechte gesetzt hatte, mit ihnen Karten spielte und einem herben Landweine zusprach. "Die Vergn��gungen eines Republikaners", spottete Franz Sforza. "Er erholt sich von seinem f��rstlichen Umgange." Der sch?ne Lelio l?chelte zweideutig, und sie setzten ihren Lustwandel fort.
Der Erste, welcher sich in dem moosgr��nen Kabinette einfand, wenn er es nicht etwa gleich nach aufgehobener Tafel betreten und nicht wieder verlassen hatte, war Girolamo Morone. Er stand vertieft in das Bild. Eine Weile mochte er die entz��ckten Augen an dem holdseligen Weibe geweidet haben, jetzt aber durchforschte er mit angestrengtem Blicke das Antlitz des Pescara, und was er aus den starken Z��gen heraus oder in dieselben hinein las, gestaltete sich in dem erregten Manne zu heftigen Geb?rden und abgebrochenen Lauten. "Wie wirst du spielen, Pescara?" stammelte er, die schalkhafte Frage, die in Victorias unschuldigem Auge lag, ingrimmig wiederholend und die pechschwarze Braue zusammenziehend.
Da erhielt er einen kr?ftigen Schlag auf die Schulter. "Verliebst du dich in die g?ttliche Victoria, du Sumpf?" fragte ihn Guicciardin mit einem derben Gel?chter.
"Spa? beiseite, Guicciardin, was denkst du von Dem hier mit dem rothen Wamse?", und der Kanzler wies auf den Feldherrn.
"Er sieht wie ein Henker."
"Nicht, Guicciardin. Ich meine: was sagst du zu diesen Z��gen? Sind es die eines Italieners oder die eines Spaniers?"
"Eine sch?ne Mischung, Morone. Die Laster von beiden: falsch, grausam und geizig! So habe ich ihn erfahren, und du selbst, Kanzler, hast mir ihn so gezeichnet. Erinnere dich! in Rom, vor zwei Jahren, da der witzige Jakob uns zusammen ��ber den Tiber setzte."
"Hab ich? Dann war es der Irrthum eines momentanen Eindrucks. Menschen und Dinge wechseln."
"Die Dinge, ja; die Menschen, nein: sie verkleiden und spreizen sich, doch sie bleiben, wer sie sind. Nicht wahr, Hoheit?" Guicciardin wendete sich gegen den Herzog, welcher eben eintrat und dem der Venezianer auf dem Fu?e folgte.
Die vier gr��nen Schemel besetzten sich und die T��ren wurden verboten. Das offene Fenster f��llte ein gl��hender Abendhimmel.
"Herrschaften", begann der Herzog mit w��rdiger Miene, "wie weit die Vollmachten?"
"Meine Bescheidenheit", sagte der sch?ne L?lius, "ist beauftragt abzuschlie?en."
"Die Weisheit des heiligen Vaters", folgte Guicciardin, "w��nscht ebenfalls ein Ende. Die Liga war langeher der Liebling ihrer Gedanken: sie stellt sich, wie ihr geb��hrt, an die Spitze, mit Vorbehalt der schonenden Formen des h?chsten Hirtenamtes."
"Die Liga ist geschlossen!" rief der Herzog muthig. "Kanzler, statte Bericht ab!"
"Herrschaften", begann dieser, "in ihren Briefen verspricht die franz?sische Regentschaft, im Einverst?ndnis mit dem zu Madrid gefangen sitzenden K?nige, ein ansehnliches Heer und entsagt zugleich endg��ltig, in die H?nde des heiligen Vaters, den Anspr��chen auf Neapel und Mailand."
"Optime!" jubelte der Herzog. "Und Schweizer bek?men wir soviel wir wollen, in lichten Haufen, wenn wir nur Ducaten h?tten, ihnen damit zu klingeln. Nicht wahr, Kanzler?"
"Da ist Rat zu schaffen", versicherten die zwei Andern.
"Aber, Herren", dr?ngte Morone, "es eilt! Der Borbone war hier. Man blickt uns in die Karten. Die drei Feldherrn drohen in Monatsfrist Mailand zu nehmen, wenn wir nicht abr��sten. Wir m��ssen losschlagen, und um loszuschlagen, m��ssen wir unsern Capitano w?hlen, jetzt, sogleich!"
"Dazu sind wir gekommen", sprachen die Zweie wiederum einstimmig.
"Der Liga den Feldherrn geben!" wiederholte der Kanzler. "Das ist nicht weniger als ��ber das Los Italiens entscheiden! Wen stellen wir dem Pescara entgegen, dem gr??ten Feldherrn der Gegenwart? Nennet mir den ebenb��rtigen Geist! Unsern gro?en Kriegsleuten, dem Alviano, dem Trivulzio, ist l?ngst die Grabschrift gemacht, und die ��brigen hat Pavia get?dtet. Nennet mir ihn! Zeiget mir die m?chtige Gestalt! Wo ist die gepanzerte rettende Hand, da? ich sie ergreife?"
Eine tr��be Stimmung kam ��ber die Gesellschaft, und der Kanzler weidete sich an der Niedergeschlagenheit der Verb��ndeten.
"Wir haben den Urbinaten oder den Ferraresen", meinte Nasi, doch Guicciardin erkl?rte b��ndig, den Herzog von Ferrara schlie?e die Heiligkeit aus als ihren abtr��nnigen Lehensmann. "W?hlen wir den Herzog von Urbino. Er ist kleinlich und selbsts��chtig, ohne weiten Blick, ein ewiger Verschlepper und Zauderer, aber ein versuchter Kriegsmann, und es bleibt uns kein Anderer", sprach der Florentiner mit gerunzelter Stirn.
"Da w?re noch Euer Hans Medici, Guicciardin, und Ihr h?ttet den jungen Waghals, nach dem euer Herz zu begehren scheint", neckte ihn der Venezianer.
"H?hnt Ihr mich, Nasi?" z��rnte Guicciardin. "Da? ein junger Frevler unsere patriotische Sache entweihe und ein tollk��hner Bube unsern letzten
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