Die Verschwoerung des Fiesco zu Genua | Page 5

Friedrich von Schiller
Freiheit zu Tod
zappeln soll. (Die drei Masken treten zurück.)
Lomellin. Das Mädchen ist eben jetzt allein. Ihr Vater ist hier und eine
von den drei Masken.
Gianettino. Erwünscht, Lomellin. Gleich bringe mich zu ihr.
Lomellin. Aber Sie werden eine Buhlerin suchen und eine
Empfindlerin finden.
Gianettino. Gewalt ist die beste Beredsamkeit. Führe mich alsobald hin;
den republikanischen Hund will ich sehen, der am Bären Doria
hinaufspringt. (Fiesco begegnet ihm an der Thür.) Wo ist die Gräfin?

Sechster Auftritt
Vorige. Fiesco.
Fiesco. Ich habe sie in den Wagen gehoben. (Er faßt Gianettinos Hand
und hält sie gegen seine Brust.) Prinz, ich bin jetzt doppelt in Ihren
Banden. Gianettino herrscht über meinen Kopf und Genua; über mein
Herz Ihre liebenswürdige Schwester.
Lomellin. Fiesco ist ganz Epikuräer worden. Die große Welt hat viel an
Ihnen verloren.

Fiesco. Aber Fiesco nichts an der großen Welt. Leben heißt träumen;
weise sein, Lomellin, heißt angenehm träumen. Kann man das besser
unter den Donnern des Throns, wo die Räder der Regierung ewig ins
gellende Ohr krachen, als am Busen eines schmachtenden Weibs?
Gianettino Doria mag über Genua herrschen. Fiesco wird lieben.
Gianettino. Brich auf, Lomellin! Es wird Mitternacht. Die Zeit rückt
heran. Lavagna, wir danken für deine Bewirtung. Ich war zufrieden.
Fiesco. Das ist alles, was ich wünschen kann, Prinz.
Gianettino. Also gute Nacht. Morgen ist Spiel bei Doria, und Fiesco ist
eingeladen. Komm, Procurator.
Fiesco. Musik! Lichter!
Gianettino (trotzig durch die drei Masken). Platz dem Namen des
Herzogs.
Eine von den drei Masken (murmelt unwillig). In der Hölle! Niemals in
Genua!
Gäste (in Bewegung). Der Prinz bricht auf. Gute Nacht, Lavagna!
(Taumeln hinaus.)

Siebenter Auftritt
Die drei schwarzen Masken. Fiesco. Pause.
Fiesco. Ich werde hier Gäste gewahr, die die Freuden meines Festes
nicht theilen.
Masken (murmeln verdrießlich durcheinander). Nicht Einer.
Fiesco (verbindlich). Sollte mein guter Wille einen Genueser
mißvergnügt weglassen? Hurtig, Lakaien! man soll den Ball erneuern
und die großen Pokale füllen. Ich wollte nicht, daß Jemand hier
Langeweile hätte. Darf ich Ihre Augen mit Feuerwerken ergötzen?
Wollen Sie die Künste meines Harlekins hören? Vielleicht finden Sie
bei meinem Frauenzimmer Zerstreuung? Oder wollen wir uns zum
Pharao setzen und die Zeit mit Spielen betrügen?
Eine Maske. Wir sind gewohnt, die mit Thaten zu bezahlen!
Fiesco. Eine männliche Antwort, und--das ist Verrina.
Verrina (nimmt die Maske ab). Fiesco findet seine Freunde
geschwinder in ihren Masken, als sie ihn in der seinigen.
Fiesco. Ich verstehe das nicht. Aber was soll der Trauerflor an deinem
Arm? Sollte Verrina Jemand begraben haben und Fiesco nichts darum
wissen?

Verrina. Trauerpost taugt nicht für Fiescos lustige Feste.
Fiesco. Doch, wenn ein Freund ihn auffordert. (Drückt seine Hand mit
Wärme.) Freund meiner Seele! wer ist uns Beiden gestorben?
Verrina. Beiden! Beiden! O allzuwahr!--Aber nicht alle Söhne trauern
um ihre Mutter.
Fiesco. Deine Mutter ist lange vermodert.
Verrina (bedeutend). Ich besinne mich, daß Fiesco mich Bruder nannte,
weil ich der Sohn seines Vaterlands war.
Fiesco (scherzhaft). Ah! ist es das? Also auf einen Spaß war es
abgezielt? Trauerkleider um Genua! und es ist wahr, Genua liegt
wirklich in letzten Zügen. Der Gedanke ist einzig und neu. Unser
Vetter fängt an, ein witziger Kopf zu werden!
Calcagno. Er hat es ernsthaft gesagt, Fiesco!
Fiesco. Freilich! freilich! Das war's eben. So trocken weg und so
weinerlich. Der Spaß verliert Alles, wenn der Spaßmacher selber lacht.
Mit einer wahren Leichenbittersmiene! Hätt' ich's je gedacht, daß der
finstre Verrina in seinen alten Tagen noch ein so lustiger Vogel würde!
Sacco. Verrina, komm! Er ist nimmermehr unser.
Fiesco. Aber lustig weg, Landsmann. Laß uns aussehen wie listige
Erben, die heulend hinter der Bahre gehen und desto lauter ins
Schnupftuch lachen. Doch dürften wir dafür eine harte Stiefmutter
kriegen. Sei's drum, wir lassen sie keifen, und schmausen.
Verrina (heftig bewegt). Himmel und Erde! und thun nichts?--Wo bist
du hingekommen, Fiesco? Wo soll ich den großen Tyrannenhasser
erfragen? Ich weiß eine Zeit, wo du beim Anblick einer Krone Gichter
bekommen hättest.--Gesunkener Sohn der Republik! du wirst's
verantworten, daß ich keinen Heller um meine Unsterblichkeit gebe,
wenn die Zeit auch Geister abnützen kann.
Fiesco. Du bist der ewige Grillenfänger. Mag er Genua in die Tasche
stecken und einem Kaper von Tunis verschachern, was kümmert's uns?
Wir trinken Cyprier und küssen schöne Mädchen.
Verrina (blickt ihn ernst an). Ist das deine wahre, ernstliche Meinung?
Fiesco. Warum nicht, Freund? Ist es denn eine Wollust, der Fuß des
trägen, vielbeinigen Thiers Republik zu sein? Dank' es Dem, der ihm
Flügel gibt und die Füße ihrer Ämter entsetzt. Gianettino Doria wird
Herzog. Staatsgeschäfte werden uns keine grauen Haare mehr machen.
Verrina. Fiesco?--ist das deine wahre, ernstliche Meinung?

Fiesco. Andreas erklärt seinen Neffen zum Sohn und Erben seiner
Güter, wer wird der Thor sein, ihm das Erbe seiner Macht abzustreiten?
Verrina (mit äußerstem Unmut). So kommt, Genueser! (Er verläßt den
Fiesco schnell, die Andern folgen.)
Fiesco. Verrina!--Verrina!--dieser
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