Die Verschwoerung des Fiesco zu Genua | Page 2

Friedrich von Schiller
Maler. Frei, einfach und stolz.
Muley Hassan, Mohr von Tunis. Ein confiscirter Mohrenkopf. Die
Physiognomie eine originelle Mischung von Spitzbüberei und Laune.
Deutscher der herzoglichen Leibwache. Ehrliche Einfalt. Handfeste
Tapferkeit.
Drei aufrührerische Bürger.
Leonore, Fiesco's Gemahlin. Dame von 18 Jahren. Blaß und
schmächtig. Fein und empfindsam. Sehr anziehend, aber weniger
blendend. Im Gesicht schwärmerische Melancholie. Schwarze
Kleidung.
Julia, Gräfin Wittwe Imperiali, Dorias Schwester. Dame von 25 Jahren.
Groß und voll. Stolze Kokette. Schönheit, verdorben durch Bizarrerie.
Blendend und nicht gefallend. Im Gesicht ein böser moquanter
Charakter. Schwarze Kleidung.
Bertha, Verrinas Tochter. Unschuldiges Mädchen.
Rosa, Arabella, Leonorens Kammermädchen.
Mehrere Nobili, Bürger, Deutsche, Soldaten, Bediente, Diebe.
Der Schauplatz Genua.--Die Zeit 1547.

Erster Aufzug
Saal bei Fiesco
Man hört in der Ferne eine Tanzmusik und den Tumult eines Balls.

Erster Auftritt.
Leonore maskiert, Rosa, Arabella fliehen zerstört auf die Bühne.
Leonore (reißt die Maske ab). Nichts mehr! Kein Wort mehr! Es ist am
Tag. (Sie wirft sich in einen Sessel.) Das wirft mich nieder.
Arabella. Gnädige Frau-Leonore (aufstehend). Vor meinen Augen! eine
stadtkundige Kokette! im Angesicht des ganzen Adels von Genua!
(Wehmütig.) Rosa! Bella! und vor meinen weinenden Augen.
Rosa. Nehmen Sie die Sache für Das, was sie wirklich war--eine
Galanterie-Leonore. Galanterie?--und das emsige Wechselspiel ihrer
Augen? das ängstliche Lauern auf ihre Spuren? der lange verweilende
Kuß auf ihren entblößten Arm, daß noch die Spur seiner Zähne im
flammrothen Fleck zurückblieb? Ha! und die starre tiefe Betäubung,
worein er, gleich dem gemalten Entzücken, versunken saß, als wär' um
ihn her die Welt weggeblasen und er allein mit dieser Julia im ewigen
Leeren? Galanterie?--gutes Ding, das noch nie geliebt hat, streite mir
nicht über Galanterie und Liebe.
Rosa. Desto besser, Madonna. Einen Gemahl verlieren heißt zehen
Cicisbeo Profit machen.
Leonore. Verlieren?--ein kleiner aussetzender Puls der Empfindung
und Fiesco verloren? Geh, giftige Schwätzerin--komm mir nie wieder
vor die Augen!--eine unschuldige Neckerei--vielleicht eine Galanterie?
Ist es nicht so, meine empfindende Bella?
Arabella. O ja! ganz zuverlässig so!
Leonore (in Tiefsinn versunken). Daß sie darum in seinem Herzen sich
wüßte?--daß hinter jedem seiner Gedanken ihr Name im Hinterhalt
läge?--ihn anspräche in jeder Fußtapfe der Natur?--Was ist das? wo
gerath' ich hin? Daß ihm die schöne majestätische Welt nichts wäre, als
der prächtige Demant, worauf nur ihr Bild--nur ihr Bild gestochen
ist?--daß er sie liebte?--Julien! O deinen Arm her--halte mich, Bella!
(Pause. Die Musik läßt sich von Neuem hören.)
Leonore (aufgefahren). Horch! War das nicht die Stimme Fiescos, die
aus dem Lärme hervordrang? Kann er lachen, wenn seine Leonore im
Einsamen weinet? Nicht doch, mein Kind! Es war Gianettino Dorias
bäurische Stimme.
Arabella. Sie war's, Signora! Aber kommen Sie in ein anderes Zimmer.
Leonore. Du entfärbst dich, Bella! du lügst--ich lese in euren Augen--in
den Gesichtern der Genueser ein Etwas--ein Etwas. (Sich verhüllend.)

O gewiß! diese Genueser wissen mehr, als für das Ohr einer Gattin
taugt.
Rosa. O der Alles vergrößernden Eifersucht!
Leonore. (schwermüthig schwärmend). Da er noch Fiesco
war--dahertrat im Pomeranzenhain, wo wir Mädchen lustwandeln
gingen, ein blühender Apoll, verschmolzen in den männlich-schönen
Antinous. Stolz und herrlich trat er daher, nicht anders, als wenn das
durchlauchtige Genua auf seinen jungen Schultern sich wiegte; unsere
Augen schlichen diebisch ihm nach und zuckten zurück, wie auf dem
Kirchenraub ergriffen, wenn sein wetterleuchtender Blick sie traf. Ach,
Bella! wie verschlangen wir seine Blicke! wie parteiisch zählte sie der
ängstliche Neid der Nachbarin zu! Sie fielen unter uns wie der
Goldapfel des Zanks, zärtliche Augen brannten wilder, sanfte Busen
pochten stürmischer, Eifersucht hatte unsere Eintracht zerrissen.
Arabella. Ich besinne mich. Das ganze weibliche Genua kam in
Aufruhr um diese schöne Eroberung.
Leonore (begeistert). Und nun mein ihn zu nennen! verwegenes,
entsetzliches Glück! Mein Genuas größten Mann, (mit Anmuth) der
vollendet sprach aus dem Meißel der unerschöpflichen Künstlerin, alle
Größen seines Geschlechts im lieblichsten Schmelze verband--Höret,
Mädchen! kann ich's nun doch nicht mehr verschweigen!--Höret,
Mädchen, ich vertraue euch etwas, (geheimnißvoll) einen
Gedanken--als ich am Altar stand neben Fiesco--seine Hand in meine
Hand gelegt--hatt' ich den Gedanken, den zu denken dem Weibe
verboten ist--dieser Fiesco, dessen Hand jetzt in der deinigen
liegt--dein Fiesco--aber still! daß kein Mann uns belausche, wie hoch
wir uns mit dem Abfall seiner Vortrefflichkeit brüsten--dieser dein
Fiesco--Weh euch, wenn das Gefühl euch nicht höher wirft!--wird--uns
Genua von seinen Tyrannen erlösen!
Arabella (erstaunt). Und diese Vorstellung kam einem Frauenzimmer
am Brauttag?
Leonore. Erstaune, Bella! Der Braut in der Wonne des Brauttags!
(Lebhafter.) Ich bin ein Weib--aber ich fühle den Adel meines Bluts,
kann es nicht dulden, daß dieses Haus Doria über unsre Ahnen
hinauswachsen will. Jener sanftmüthige Andreas--es ist eine Wollust,
ihm gut zu sein--mag immer Herzog von Genua heißen, aber Gianettino
ist sein Neffe--sein Erbe--und Gianettino hat ein freches, hochmüthiges

Herz. Genua zittert vor ihm, und Fiesco, (in Wehmuth hinabgefallen)
Fiesco--weinet um mich--liebt seine Schwester.
Arabella. Arme, unglückliche Frau-Leonore. Geht jetzt und sehet
diesen Halbgott der Genueser im schamlosen Kreis der
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