mich oft, (oder soll ich sagen zu oft?) gerade in dieser Form fesseln lassen; denn ein Gefesseltsein geh?rt zu jener Hingabe, die auch von Glut durchpulst sein mu?, wenn sie vollkommen sch?n sein soll. Aber ich zergliedere nicht, sobald meine Seele sich an eine fremde Seele schmiegt -- das schl?sse von Beginn an jede Unbefangenheit aus. Ich m?chte von einem unstillbaren Hang zur Verschwendung sprechen, unheilbar und unhemmbar. Mir geht es wie dem K��nstler, der sich in immer neue Gebilde verliert, die seine schaffenstrunkene Phantasie formt. Kommt doch auch f��r ihn so ��berraschend schnell eine Zeit, in der er ohne Extase vor einer Sch?pfung steht, die einmal Inhalt all seines Denkens und F��hlens gewesen ist. Ihm selbst unergr��ndliche Gewalten rei?en ihn zu neuen Sch?pfungen, in deren Bann er sich wehrlos verlieren mu?. --
Dies alles aber ber��hrt nicht das Bestehen von Vereinigungen festen und dauernden Gepr?ges. In diesen Freundschaften nimmt man sich hin, wie man ist, geheimnist nichts ineinander hinein, vergleicht nicht mit ertr?umter Vollkommenheit, ruht aus in mitf��hlender Innigkeit, erwartet nicht letztes Verstehen und genie?t doch ein sch?nes Begl��cktsein in dieser Freunde N?he. Im geheimen aber sch?men wir uns vor ihnen der Hoffnungen, die nie sterben wollen, des Durstes nach dem Unbekannten, des immer Bereitbleibens, weiter in nebelverhangene Lande zu wandern. Erst der Tod kann uns von diesen Freunden trennen, nie das Leben. Nur den Wunsch nach Hingerissenheit k?nnen sie uns in dem gleichf?rmigen, wenn auch ges��nderem Tale, in dem sie leben, nicht erf��llen. Sie bel?cheln unsere Himmelstr?ume, soweit sie sie zu ahnen verm?gen. St��rme, die kr?ftiges, neues Werden k��nden, kennen sie nicht.
Gel?nge es mir doch, Ihnen diese scheinbare Erkaltung, von der ich vorher schrieb, diese Zwiesp?ltigkeit meines F��hlens, dieses gefa?t dem Wandel Entgegengehen verst?ndlich zu machen. Mich d��nkt, als wollte selbst die weite Natur nicht unver?nderliches Beharren. Sie bereichert, auch wenn sie scheinbar verarmt; ihre Gesetzm??igkeit ist's ja auch, die uns zuweilen wie Grausamkeit erscheinen kann; denn Wachstum wehrt sich gegen kraftlos Gewordenes; es st??t Welkendes ab, m?gen wir es auch in leiser Wehmut fallen sehen. Nur die Gewi?heit ersiegen wir uns schlie?lich doch: nichts von allem fr��heren, das uns einst kostbar d��nkte, kann jemals wieder ganz verloren gehen. Ein Schimmer bleibt und begl��ckt und kann aufleuchten wie in den Augenblicken, da wir die lange schon Entfernten, die Weitergewanderten, die von uns Zur��ckgelassenen oder die ��ber uns Hinfortgestiegenen am st?rksten zu lieben glaubten. --
Roland, haben Sie immer noch Mut zu mir? W?ren Sie doch ein weibliches Wesen, dann beunruhigte mich nicht der Gedanke, Sie k?nnten sich tief in mich versenken. Gestern irrte sekundenlang ein Fremdes durch Ihren Blick; dieses Fremden halber erhalten Sie heute statt der gewohnten Zettel einen so langen Brief, lieber gro?er Junge, von
Ihrer Mutter.
Roland an Maria.
Liebe Frau Maria, doch, ich habe Mut. Wie immer es auch kommen mag! Sie l?cheln: ?Kommen mag?? Was sollte zwischen Ihnen und mir, der immer nur Einer zwischen Vielen war, kommen? Nichts an mir berechtigte je zu besonderen Hoffnungen, eher wohl zu besonderen Sorgen. Da waren meine f��nf Br��der ganz andere Kerle, begabt und draufg?ngerisch. Die erste Tat in meinem ganzen Leben ist der Besuch bei Ihnen gewesen; ja, Tat mu? ich es nennen. Unbeirrbar, ohne Z?gern nahm ich den Weg, der an Ihre Schwelle f��hrte. Jeden Tag bin ich wiedergekommen, bewu?t wiedergekommen, weil ich entschlossen bin, meine Seligkeit festzuhalten; Seligkeit, auch wenn sie mich vernichtet.
Immer kann ich noch bis drei Uhr der schweigsame Bankbuchhalter sein, genau bis drei Uhr. Aber dann? Sagen Sie, was bin ich dann?
Oberfl?chlich, nur ganz oberfl?chlich, m?chte ich Ihnen doch endlich schnell etwas von meinem Werdegang, der nie ein richtiger Werdegang wurde, sagen. Die Stunde neben Ihnen ist zu schade, Sie von der einzigen Kunst zu unterrichten, die ich bisher verstand, von der: klein zu bleiben. --
Meine Eltern sind froh gewesen, als ich mit dem Reifezeugnis nach Hause kam. Ohne dieses Zeugnis h?tte mein Vater mir unter keiner Bedingung irgend welche Lebenst��chtigkeit zugetraut. Alles, was nicht zu der Reife geh?rte, machte einen Jungen in unserer kleinen Stadt l?cherlich und mu?te im Geheimen betrieben werden. So wurde jeder Gedanke in glatte Alltagsbahnen gepre?t. Niemand um mich sprach Silben, die nicht deutlich, fest und bestimmt ausdr��ckten, was sie ausdr��cken sollten. Kein Wort h?rte ich, das zu den Sternen wollte. Ich wurde nicht bleich, nicht schwerm��tig, -- nur allt?glich.
Das Gef��rchtetste bei uns bestand darin, sich irgendwie hervorzutun. Dazu gen��gte schon ein Hut, welcher anders war, als die H��te der Mehrzahl; ��berhaupt hatten wir immer nur wie die Mehrzahl zu sein. Ausnahmegesetze erkannte mein Vater nicht an. Nie hat, so sehe ich es jetzt, ein frischer Wind durch unsere kleine Stadt geweht, der ihre heilige Ordnung h?tte bedrohen k?nnen. Unantastbar blieb der Glaube an die Autorit?t, besonders an die Autorit?t der Gesellschaft. Mir fehlte, -- Bismarck r��gte es treffend an fast all seinen Zeitgenossen: Zivilcourage. In den wenigen Monaten hier
Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.