Die Regentrude | Page 3

Theodor W. Storm
er finster, indem er sich mit der Hand den Schwei? von der hei?en Stirn strich.
Die Frauen sahen mehr in sein Gesicht als auf die tote Kreatur. "Nimm dir's nicht so zu Herzen, Andrees!" sagte Maren. "Wir wollen die Regenfrau wecken, und dann wird alles wieder gut werden."
"Die Regenfrau!" wiederholte er tonlos. "Ja, Maren, wer die wecken k?nnte! --Es ist aber auch nicht wegen dem allein; es ist mir etwas widerfahren drau?en."-Die Mutter fa?te z?rtlich seine Hand. "So sag es von dir", ermahnte sie, "damit es dich nicht siech machte!"
"So h?rt denn!" erwiderte er.--"Ich wollte nach unsern Schafen sehen und ob das Wasser, das ich gestern abend f��r sie hinaufgetragen, noch nicht verdunstet sei. Als ich aber auf den Weideplatz kam, sah ich sogleich, da? es dort nicht seine Richtigkeit habe; der Wasserzuber war nicht mehr, wo ich ihn hingestellt, und auch die Schafe waren nicht zu sehen. Um sie zu suchen, ging ich den Rain hinab bis an den Riesenh��gel. Als ich auf die andre Seite kam, da sah ich sie alle liegen, keuchend, die H?lse lang auf die Erde gestreckt; die arme Kreatur hier war schon krepiert. Daneben lag der Zuber umgest��rzt und schon g?nzlich ausgetrocknet. Die Tiere konnten das nicht getan haben; hier mu?te eine b?swillige Hand im Spiele sein."
"Kind, Kind", unterbrach ihn die Mutter, "wer sollte einer armen Witwe Leides zuf��gen!"
"H?rt nur zu, Mutter, es kommt noch weiter. Ich stieg auf den H��gel und sah nach allen Seiten ��ber die Ebene hin; aber kein Mensch war zu sehen, die sengende Glut lag wie alle Tage lautlos ��ber den Feldern. Nur neben mit auf einem der gro?en Steine, zwischen denen das Zwergenloch in den H��geln hinabgeht, sa? ein dicker Molch und sonnte seinen h??lichen Leib. Als ich noch so halb ratlos, halb ingrimmig um mich her starrte, h?rte ich auf einmal hinter mir von der andern Seite des H��gels her ein Gemurmel, wie wenn einer eifrig mit sich selber redet, und als ich mich umwende, sehe ich ein knorpsiges M?nnlein im feuerroten Rock und roter Zipfelm��tze unten zwischen dem Heidekraut auf und ab stapfen.--Ich erschrak mich, denn wo war es pl?tzlich hergekommen!--Auch sah es gar so arg und mi?geschaffen aus. Die gro?en braunroten H?nde hatte es auf dem R��cken gefaltet, und dabei spielten die krummen Finger wie Spinnenbeine in der Luft. Ich war hinter den Dornbusch getreten, der neben den Steinen aus dem H��gel w?chst, und konnte von hier aus alles sehen, ohne selbst bemerkt zu werden. Das Unding drunten war noch immer in Bewegung; es b��ckte sich und ri? ein B��ndel versengten Grases aus dem Boden, da? ich glaubte, es m��sse mit seinem K��rbiskopf vorn��ber schie?en; aber es stand schon wieder auf seinen Spindelbeinen, und indem es das d��rre Kraut zwischen seinen gro?en F?usten zu Pulver rieb, begann es so entsetzlich zu lachen, da? auf der andern Seite des H��gels die halbtoten Schafe aufsprangen und in wilder Flucht an dem Rain hinunterjagten. Das M?nnlein aber lachte noch gellender, und dabei begann es von einem Bein auf das andre zu springen, da? ich f��rchtete, die d��nnen St?bchen m��?ten unter seinem klumpigen Leibe zusammenbrechen. Es war grauenvoll anzusehen, denn es funkelte ihm dabei ordentlich aus seinem kleinen schwarzen Augen."
Die Witwe hatte leise des M?dchens Hand gefa?t.
"Wei?t du nun, wer der Feuermann ist?" sagte sie. Maren nickte.
"Das allergrausenhafteste aber", fuhr Andrees fort, "war seine Stimme. 'Wenn sie es w��?ten, wenn sie es w��?ten!' schrie er, 'die Flegel, die Bauernt?lpel!' Und dann sang er mit seiner schnarrenden, qu?kenden Stimme ein seltsames Spr��chlein; immer von vorn nach hinten, als k?nne er sich gar daran nicht ers?ttigen. Wartet nur, ich bekomm's wohl noch beisammen!"
Und nach einigen Augenblicken fuhr er fort:
"Dunst ist die Welle, Staub ist die Quelle!"
Die Mutter lie? pl?tzlich ihr Spinnrad stehen, das sie w?hrend der Erz?hlung eifrig gedreht hatte, und sah ihren Sohn mit gespannten Augen an. Der aber schwieg wieder und schien sich zu besinnen.
"Weiter!" sagte sie leise.
"Ich wei? nicht weiter, Mutter; es ist fort, und ich hab's mir unterwegs doch wohl hundertmal vorgesagt."
Als aber Frau Stine mit unsicherer Stimme selbst fortfuhr:
"Stumm sind die W?lder, Feuermann tanzet ��ber die Felder!"
da setzte er rasch hinzu:
"Nimm dich in acht! Eh du erwacht, Holt dich die Mutter Heim in die Nacht!"
"Das ist das Spr��chlein der Regentrude!" rief Frau Stine; "und nun rasch noch einmal! Und du, Maren, merk wohl auf, damit es nicht wiederum verlorengeht!"
Und nun sprachen Mutter und Sohn noch einmal zusammen und ohne Ansto?:
"Dunst ist die Welle, Staub ist die Quelle! Stumm sind die W?lder, Feuermann tanzet ��ber die Felder! Nimm dich in acht! Eh du erwacht, Holt dich die Mutter Heim in die Nacht!"
"Nun hat alle Not ein Ende!" rief Maren; "nun wecken wir die Regentrude; morgen sind alle Felder wieder gr��n, und ��bermorgen gibt's Hochzeit!" Und mit fliegenden Worten und gl?nzenden Augen erz?hlte sie dem Andrees, welches Versprechen sie
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