Die Leute von Seldwyla, vol 1 | Page 6

Gottfried Keller
er in einen Burnus geh��llt, alles dies, wie es franz?sische Milit?rs aus Afrika mitzubringen pflegen, und die F��?e stemmte er gegen eine kolossale L?wenhaut, welche auf dem Boden des Wagens lag; auf dem R��cksitze vor ihm lag ein S?bel und eine halblange arabische Pfeife neben anderen fremdartigen Gegenst?nden.
Dieser Mann sperrte ungeachtet des ernsten Gesichtes, das er machte, die Augen weit auf und suchte mit denselben rings auf dem Platze ein Haus, wie einer, der aus einem schweren Traume erwacht. Beinahe taumelnd, sprang er aus dem Wagen, der von ungef?hr auf der Mitte des Pl?tzchens stillhielt; doch ergriff er die L?wenhaut und seinen S?bel und ging sogleich sicheren Schrittes in das H?uschen der Witwe, als ob er erst vor einer Stunde aus demselben gegangen w?re. Die Mutter und Estherchen sahen dies voll Verwunderung und Neugierde und horchten auf, ob der Fremde die Treppe heraufk?me; denn obgleich sie kaum noch von Pankrazius gesprochen, hatten sie in diesem Augenblick keine Ahnung, da? er es sein k?nnte, und ihre Gedanken waren von der ��berraschten Neugierde himmelweit von ihm weggef��hrt. Doch urpl?tzlich erkannten sie ihn an der Art, wie er die obersten Stufen ��bersprang und ��ber den kurzen Flur weg fast gleichzeitig die Klinke der Stubent��r ergriff, nachdem er wie der Blitz vorher den lose steckenden Stubenschl��ssel fester ins Schlo? gesto?en, was sonst immer die Art des Verschwundenen gewesen, der in seinem M��?iggange eine seltsame Ordnungsliebe bew?hrt hatte. Sie schrien laut auf und standen festgebannt vor ihren St��hlen, mit offenem Munde nach der aufgehenden T��re sehend. Unter dieser stand der fremde Pankrazius mit dem d��rren und harten Ernste eines fremden Kriegsmannes, nur zuckte es ihm seltsam um die Augen, indessen die Mutter erzitterte bei seinem Anblick und sich nicht zu helfen wu?te und selbst Estherchen zum erstenmal g?nzlich verbl��fft war und sich nicht zu regen wagte. Doch alles dies dauerte nur einen Augenblick; der Herr Oberst, denn nichts Geringeres war der verlorene Sohn, nahm mit der H?flichkeit und Achtung, welche ihn die wilde Not des Lebens gelehrt, sogleich die M��tze ab, was er nie getan, wenn er fr��her in die Stube getreten; eine unaussprechliche Freundlichkeit, wenigstens wie es den Frauen vorkam, die ihn nie freundlich gesehen noch also denken konnten, verbreitete sich ��ber das gefurchte und doch noch nicht alte Soldatengesicht und lie? schneewei?e Z?hne sehen, als er auf sie zueilte und beide mit ausbrechendem Herzensweh in die Arme schlo?.
Hatte die Mutter erst vor dem martialischen und vermeintlich immer noch b?sen Sohne sonderbar gezittert, so zitterte sie jetzt erst recht in scheuer Seligkeit, da sie sich in den Armen dieses wiedergekehrten Sohnes f��hlte, dessen achtungsvolles M��tzenabnehmen und dessen aufleuchtende nie gesehene Anmut, wie sie nur die R��hrung und die Reue gibt, sie schon wie mit einem Zauberschlage ber��hrt hatten. Denn noch ehe das B��rschchen sieben Jahre alt gewesen, hatte es schon angefangen, sich ihren Liebkosungen zu entziehen und seither hatte Pankraz in bitterer Spr?digkeit und Verstockung sich geh��tet, seine Mutter auch nur mit der Hand zu ber��hren, abgesehen davon, da? er unz?hlige Male schmollend zu Bett gegangen war, ohne Gutenacht zu sagen. Daher bed��nkte es sie nun ein unbegreiflicher und wundersamer Augenblick, in welchem ein ganzes Leben lag, als sie jetzt nach wohl drei?ig Jahren sozusagen zum erstenmal sich von dem Sohne umfangen sah. Aber auch Estherchen bed��nkte dieses ver?nderte Wesen so ernsthaft und wichtig, da? sie, die den Schmollenden tausendmal ausgelacht hatte, jetzt nicht im mindesten den bekehrten Freundlichen anzulachen vermochte, sondern mit klaren Tr?nen in den Augen nach ihrem Sesselchen ging und den Bruder unverwandt anblickte.
Pankraz war der erste, der sich nach mehreren Minuten wieder zusammennahm und als ein guter Soldat einen ��bergang und Ausweg dadurch bewerkstelligte, da? er sein Gep?ck heraufbef?rderte. Die Mutter wollte mit Estherchen helfen; aber er f��hrte sie ?u?erst holdselig zu ihrem Sitze zur��ck und duldete nur, da? Estherchen zum Wagen herunterkam und sich mit einigen leichten Sachen belud. Den weiteren Verlauf f��hrte indessen Estherchen herbei, welche bald ihren guten Humor wiedergewann und nicht l?nger unterlassen konnte, die L?wenhaut an dem langen gewaltigen Schwanze zu packen und auf dem Boden herumzuziehen, indem sie sich kranklachen wollte und einmal ��ber das andere rief: ?Was ist dies nur f��r ein Pelz? Was ist dies f��r ein Ungeheuer?"
?Dies ist," sagte Pankraz, seinen Fu? auf das Fell sto?end, ?vor drei Monaten noch ein lebendiger L?we gewesen, den ich get?tet habe. Dieser Bursche war mein Lehrer und Bekehrer und hat mir zw?lf Stunden lang so eindringlich gepredigt, da? ich armer Kerl endlich von allem Schmollen und B?ssein f��r immer geheilt wurde. Zum Andenken soll seine Haut nicht mehr aus meiner Hand kommen. Das war eine sch?ne Geschichte!" setzte er mit einem Seufzer hinzu.
In der Voraussicht, da? seine Leutchen, im Fall er sie noch lebendig antr?fe, jedenfalls nicht viel Kostbares im Hause h?tten, hatte er in der letzten gr??eren Stadt, wo er durchgereist, einen Korb
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