so unhold wäre, wär'
alles gut. Ich merke, ich merke, das Schicksal hat mir harte Prüfungen
zugedacht. Doch guten Muts! Ein leichter Sinn trägt alles! Ein leichter
Sinn? Das macht mich zu lachen, wie das Wort in meine Feder kommt.
O ein bißchen leichteres Blut würde mich zum Glücklichsten unter der
Sonne machen. Was! Da, wo andere mit ihrem bißchen Kraft und
Talent vor mir in behaglicher Selbstgefälligkeit herumschwadronieren,
verzweifle ich an meiner Kraft, an meinen Gaben? Guter Gott, der du
mir das alles schenktest, warum hieltest du nicht die Hälfte zurück und
gabst mir Selbstvertrauen und Genügsamkeit?
Geduld! Geduld! Es wird besser werden. Denn ich sage dir, Lieber, du
hast recht. Seit ich unter dem Volke alle Tage herumgetrieben werde
und sehe, was sie tun und wie sie's treiben, stehe ich viel besser mit mir
selbst. Gewiß, weil wir doch einmal so gemacht sind, daß wir alles mit
uns und uns mit allem vergleichen, so liegt Glück oder Elend in den
Gegenständen, womit wir uns zusammenhalten, und da ist nichts
gefährlicher als die Einsamkeit. Unsere Einbildungskraft, durch ihre
Natur gedrungen sich zu erheben, durch die phantastischen Bilder der
Dichtkunst genährt, bildet sich eine Reihe Wesen hinauf, wo wir das
unterste sind und alles außer uns herrlicher erscheint, jeder andere
vollkommner ist. Und das geht ganz natürlich zu. Wir fühlen so oft,
daß uns manches mangelt, und eben was uns fehlt, scheint uns oft ein
anderer zu besitzen, dem wir denn auch alles dazu geben, was wir
haben, und noch eine gewisse idealistische Behaglichkeit dazu. Und so
ist der Glückliche vollkommen fertig, das Geschöpf unserer selbst.
Dagegen, wenn wir mit all unserer Schwachheit und Mühseligkeit nur
gerade fortarbeiten, so finden wir gar oft, daß wir mit unserem
Schlendern und Lavieren es weiter bringen als andere mit ihrem Segeln
und Rudern--und--das ist doch ein wahres Gefühl seiner selbst, wenn
man andern gleich oder gar vorläuft.
Am 26. November
Ich fange an, mich insofern ganz leidlich hier zu befinden. Das beste ist,
daß es zu tun genug gibt; und dann die vielerlei Menschen, die allerlei
neuen Gestalten machen mir ein buntes Schauspiel vor meiner Seele.
Ich habe den Grafen C... kennen lernen, einen Mann, den ich jeden Tag
mehr verehren muß, einen weiten, großen Kopf, und der deswegen
nicht kalt ist, weil er viel übersieht; aus dessen Umgange so viel
Empfindung für Freundschaft und Liebe hervorleuchtet. Er nahm teil
an mir, als ich einen Geschäftsauftrag an ihn ausrichtete und er bei den
ersten Worten merkte, daß wir uns verstanden, daß er mit mir reden
konnte wie nicht mit jedem. Auch kann ich sein offnes Betragen gegen
mich nicht genug rühmen. So eine wahre, warme Freude ist nicht in der
Welt, als eine große Seele zu sehen, die sich gegen einen öffnet.
Am 24. Dezember
Der Gesandte macht mir viel Verdruß, ich habe es vorausgesehn. Er ist
der pünktlichste Narr, den es nur geben kann; Schritt vor Schritt und
umständlich wie eine Base; ein Mensch, der nie mit sich selbst
zufrieden ist, und dem es daher niemand zu Danke machen kann. Ich
arbeite gern leicht weg, und wie es steht, so steht es; da ist er imstande,
mir einen Aufsatz zurückzugeben und zu sagen:"er ist gut, aber sehen
Sie ihn durch, man findet immer ein besseres Wort, eine reinere
Partikel."--Da möchte ich des Teufels werden. Kein Und, kein
Bindewörtchen darf außenbleiben, und von allen Inversionen, die mir
manchmal entfahren, ist er ein Todfeind; wenn man seinen Period nicht
nach der hergebrachten Melodie heraborgelt, so versteht er gar nichts
drin. Das ist ein Leiden, mit so einem Menschen zu tun zu haben.
Das Vertrauen des Grafen von C... ist noch das einzige, was mich
schadlos hält. Er sagte mir letzthin ganz aufrichtig, wie unzufrieden er
mit der Langsamkeit und Bedenklichkeit meines Gesandten sei. Die
Leute erschweren es sich und andern. "Doch," sagte er, "man muß sich
darein resignieren wie ein Reisender, der über einen Berg muß; freilich,
wäre der Berg nicht da, so wär der Weg viel bequemer und kürzer; er
ist nun aber da, und man soll hinüber!"
Mein Alter spürt auch wohl den Vorzug, den mir der Graf vor ihm gibt,
und das ärgert ihn, und er ergreift jede Gelegenheit, Übels gegen mich
vom Grafen zu reden, ich halte, wie natürlich, Widerpart, und dadurch
wird die Sache nur schlimmer. Gestern gar brachte er mich auf, denn
ich war mit gemeint: zu so Weltgeschäften sei der Graf ganz gut, er
habe viele Leichtigkeit zu arbeiten und führe eine gute Feder, doch an
gründlicher Gelehrsamkeit mangle es ihm wie allen Belletristen. Dazu
machte er eine Miene, als ob er sagen wollte: "fühlst du den Stich?"
Aber es tat bei mir nicht die Wirkung; ich verachtete den Menschen,
der so denken und sich so betragen konnte. Ich hielt ihm stand und
focht mit ziemlicher Heftigkeit. Ich sagte,
Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.