Die Hochzeit des Moenchs | Page 6

Conrad Ferdinand Meyer
mit schreiender und scheltender Stimme f��hrte. M?nch und Weib blieben am Eingang des Saales unter dem bleichen Gesinde stehen. Die Diener zitterten an allen Gliedern. Der Greis hatte sie mit den heftigsten Verw��nschungen ��berh?uft und dann mit geballten F?usten weggejagt, weil sie ihm versp?tete Botschaft vom Strand gebracht und dieselbe hervorzustottern sich kaum getraut. ��berdies hatte dieses Gesinde der gef��rchtete Schritt des Tyrannen versteinert. Es war bei Todesstrafe verboten, ihn anzumelden. Unaufgehalten wie ein Geist betrat er H?user und Gem?cher.
'Und das berichtest du so gelassen, Grausamer', tobte der Alte in seiner Verzweiflung, 'als erz?hltest du den Verlust eines Rosses oder einer Ernte? Du hast mir die viere get?tet, niemand anders als du! Was brauchtest du gerade zu jener Stunde am Strande zu reiten? Was brauchtest du auf die Brenta hinauszugr��?en? Das hast du mir zuleide getan! H?rst du wohl?'
'Schicksal', antwortete Ezzelin.
'Schicksal?' schrie der Vicedomini. 'Schicksal und Sternguckerei und Beschw?rungen und Verschw?rungen und Enthauptungen, von der Zinne auf das Pflaster sich werfende Weiber und hundert pfeildurchbohrte J��nglinge vom Ro? sinkend in deinen versuchten, waghalsigen Schlachten, das ist deine Zeit und Regierung, Ezzelin, du Verfluchter und Verdammter! Uns alle ziehst du in deine blutigen Gleise, alles Leben und Sterben wird neben dir gewaltsam und unnat��rlich, und niemand endet mehr als reuiger Christ in seinem Bett!'
'Du tust mir unrecht', versetzte der andere. Ich zwar habe mit der Kirche nichts zu schaffen. Sie l??t mich gleichg��ltig. Aber dich und deinesgleichen habe ich nie gehindert, mit ihr zu verkehren. Das wei?t du, sonst w��rdest du dich nicht erk��hnen, mit dem Heiligen Stuhl Briefe zu wechseln. Was drehst du da in deinen H?nden und verbirgst mir das p?pstliche Siegel? Einen Abla?? Ein Breve? Gib her! Wahrhaftig, ein Breve! Darf ich es lesen? Du erlaubst? Dein G?nner, der Heilige Vater, schreibt dir, da?, w��rde dein Stamm erl?schen bis auf deinen Vierten und Letzten, den M?nch, dieser ipso facto seiner Gel��bde ledig sei, wenn er aus freiem Willen und eigenem Entschlu? in die Welt zur��ckkehre. Schlauer Fuchs, wie viele Unzen Goldes hat dich dieses Pergament gekostet?'
'Verh?hnst du mich?' heulte der Alte. Was anderes blieb mir ��brig nach dem Tod meines Zweiten und Dritten? F��r wen h?tte ich gesammelt und gespeichert? F��r die W��rmer? F��r dich? Willst du mich berauben? ... Nein? So hilf mir, Gevatter'--der noch ungebannte Ezzelin hatte den dritten Knaben Vicedominis aus der Taufe gehoben, denselben, der sich f��r ihn auf dem Schlachtfeld geopfert--, 'hilf mir den M?nch ��berwinden, da? er wieder weltlich werde und ein Weib nehme, befiehl es ihm, du Allgewaltiger, gib ihn mir statt des Sohnes, den du mir geschlachtet hast, halte mir den Daumen, wenn du mich liebst!'
'Das geht mich nichts an', erwiderte der Tyrann ohne die geringste Erregung. Das mache er mit sich selbst aus. Freiwillig, sagt das Breve. Warum sollte er, wenn er ein guter M?nch ist, wie ich glaube, seinen Stand wechseln? Damit das Blut der Vicedomini nicht versiege? Ist das eine Lebensbedingung der Welt? Sind die Vicedomini eine Notwendigkeit?'
Jetzt kreischte der andere in rasender Wut: 'Du B?ser, du M?rder meiner Kinder! Ich durchblicke dich! Du willst mich beerben und mit meinem Geld deine wahnsinnigen Feldz��ge f��hren!' Da gewahrte er seine Schwiegertochter, welche vor dem z?gernden M?nch durch das Gesinde und ��ber die Schwelle getreten war. Trotz seiner Leibesschwachheit st��rzte er ihr mit wankenden Schritten entgegen, ergriff und ri? ihre H?nde, als wollte er sie zur Verantwortung ziehen f��r das ��ber sie beide gekommene Unheil. 'Wo hast du meinen Sohn, Diana?' keuchte er.
'Er liegt in der Brenta', antwortete sie traurig, und ihre blauen Augen dunkelten.
'Wo meine drei Enkel?'
'In der Brenta', wiederholte sie.
'Und dich bringst du mir als Geschenk? Dich behalte ich?' lachte der Alte mi?t?nig.
'Wollte der Allm?chtige', sagte sie langsam, 'mich z?gen die Wellen, und die andern st��nden hier statt meiner!'
Sie schwieg. Dann geriet sie in einen j?hen Zorn. 'Beleidigt dich mein Anblick und bin ich dir ��berl?stig, so halte dich an diesen: er hat mich, da ich schon gestorben war, an den Haaren gerissen und ins Leben zur��ckgezogen!'
Jetzt erst erblickte der Alte den M?nch, seinen Sohn, und sein Geist sammelte sich mit einer Kraft und Schnelligkeit, welche der schwere Jammer eher gest?hlt als gel?hmt zu haben schien.
'Wirklich? Dieser hat dich aus der Brenta geholt? Hm! Merkw��rdig! Die Wege Gottes sind doch wunderbar!'
Er ergriff den M?nch an Arm und Schulter, als wollte er sich desselben Leib und Seele bem?chtigen, und schleppte ihn und sich gegen seinen Krankenstuhl, auf welchen er hinfiel, ohne den gepre?ten Arm des nicht Widerstrebenden freizugeben. Diana folgte und kniete sich auf der andern Seite des Sessels nieder mit h?ngenden Armen und gefalteten H?nden, das Haupt auf die Lehne legend, so da? nur der Knoten ihres blonden Haares wie ein lebloser Gegenstand sichtbar blieb. Der Gruppe gegen��ber sa? Ezzelin, die Rechte auf das gerollte Breve wie auf einen Feldherrnstab gest��tzt.
'S?hnchen, S?hnchen', wimmerte der Alte mit einer
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