Die Aufgeregten | Page 9

Johann Wolfgang von Goethe
die gr??ten Handlungen geschahen, die je die Welt gesehen hat, Zeuge zu sein des seligen Taumels, der eine gro?e Nation in dem Augenblick ergriff, als sie sich zum ersten Mal frei und von den Ketten entbunden f��hlte, die sie so lange getragen hatte, dass diese schwere fremde Last gleichsam ein Glied ihres elenden, kranken K?rpers geworden.
Gr?fin. Ich habe wunderbare Begebenheiten gesehen, aber wenig Erfreuliches.
Magister. Wenngleich nicht f��r die Sinne, doch f��r den Geist. Wer aus gro?en Absichten fehl greift, handelt immer lobensw��rdiger, als wer dasjenige tut, was nur kleinen Absichten gem?? ist. Man kann auf dem rechten Wege irren und auf dem falschen recht gehen-- --

Vierter Auftritt Die Vorigen. Luise.
(Durch die Ankunft dieses vorz��glichen Frauenzimmers wird die Lebhaftigkeit des Gespr?chs erst gemildert und sodann die Unterredung von dem Gegenstande g?nzlich abgelenkt. Der Magister, der nun weiter kein Interesse findet, entfernt sich, und das Gespr?ch unter den beiden Frauenzimmern setzt sich fort, wie folgt.)
Gr?fin. Was macht mein Sohn? Ich war eben im Begriff, zu ihm zu gehen.
Luise. Er schl?ft recht ruhig, und ich hoffe, er wird bald wieder herumspringen und in kurzer Zeit keine Spur der Besch?digung mehr ��brig sein.
Gr?fin. Das Wetter ist gar zu ��bel, sonst ging' ich in den Garten. Ich bin recht neugierig, zu sehen, wie alles gewachsen ist, und wie der Wasserfall, wie die Br��cke und die Felsenkluft sich jetzt ausnehmen.
Luise. Es ist alles vortrefflich gewachsen; die Wildnisse, die Sie angelegt haben, scheinen nat��rlich zu sein; sie bezaubern jeden, der sie zum ersten Mal sieht, und auch mir geben sie noch immer in einer stillen Stunde einen angenehmen Aufenthalt. Doch muss ich gestehen, dass ich in der Baumschule unter den fruchtbaren b?umen lieber bin. Der Gedanke des Nutzens f��hrt mich aus mir selbst heraus und gibt mir eine Fr?hlichkeit, die ich sonst nicht empfinde. Ich kann s?en, pfropfen, okulieren; und wenngleich mein Auge keine malerische Wirkung empfindet, so ist mir doch der Gedanke von Fr��chten h?chst reizend, die einmal und wohl bald jemanden erquicken werden.
Gr?fin. Ich sch?tze Ihre guten h?uslichen Gesinnungen.
Luise. Die einzigen, die sich f��r den Stand schicken, der ans Notwendige zu denken hat, dem wenig Willk��r erlaubt ist.
Gr?fin. Haben Sie den Antrag ��berlegt, den ich Ihnen in meinem letzten Briefe tat? K?nnen Sie sich entschlie?en, meiner Tochter Ihre Zeit zu widmen, als Freundin, als Gesellschafterin mit ihr zu leben?
Luise. Ich habe kein Bedenken, gn?dige Gr?fin.
Gr?fin. Ich hatte viel Bedenken, Ihnen den Antrag zu tun. Die wilde und unb?ndige Gem��tsart meiner Tochter macht ihren Umgang unangenehm und oft sehr verdrie?lich. So leicht mein Sohn zu behandeln ist, so schwer ist es meine Tochter.
Luise. Dagegen ist ihr edles Herz, ihre Art, zu handeln, aller Achtung wert. Sie ist heftig, aber bald zu bes?nftigen, unbillig, aber gerecht, stolz, aber menschlich.
Gr?fin. Hierin ist sie ihrem Vater--
Luise. ?u?erst ?hnlich. Auf eine sehr sonderbare Weise scheint die Natur in der Tochter den rauen Vater, in dem Sohne die z?rtliche Mutter wieder hervorgebracht zu haben.
Gr?fin. Versuchen Sie, Luise, dieses wilde, aber edle, Feuer zu d?mpfen. Sie besitzen alle Tugenden, die ihr fehlen. In Ihrer N?he, durch Ihr Beispiel wird sie gereizt werden, sich nach einem Muster zu bilden, das so liebensw��rdig ist.
Luise. Sie besch?men mich, gn?dige Gr?fin. Ich kenne an mir keine Tugend als die, dass ich mich bisher in mein Schicksal zu finden wusste, und selbst diese hat kein Verdienst mehr, seitdem Sie, gn?dige Gr?fin, so viel getan haben, um es zu erleichtern. Sie tun jetzt noch mehr, da Sie mich n?her an sich heranziehen. Nach dem Tode meines Vaters und dem Umsturz meiner Familie habe ich vieles entbehren lernen, nur nicht gesitteten und verst?ndigen Umgang.
Gr?fin. Bei Ihrem Onkel m��ssen Sie von dieser Seite viel ausstehen.
Luise. Es ist ein guter Mann; aber seine Einbildung macht ihn oft h?chst albern, besonders seit der letzten Zeit, da jeder ein Recht zu haben glaubt, nicht nur ��ber die gro?en Welth?ndel zu reden, sondern auch darin mitzuwirken.
Gr?fin. Es geht ihm wie sehr vielen.
Luise. Ich habe manchmal meine Bemerkungen im stillen dar��ber gemacht. Wer die Menschen nicht kennte, w��rde sie jetzt leicht kennen lernen. So viele nehmen sich der Sache der Freiheit, der allgemeinen Gleichheit an, nur um f��r sich eine Ausnahme zu machen, nur um zu wirken, es sei, auf welche Art es wolle.
Gr?fin. Sie h?tten nichts mehr erfahren k?nnen, und wenn Sie mit mir in Paris gewesen w?ren.

F��nfter Auftritt Friederike. Der Baron. Die Vorigen.
Friederike. Hier, liebe Mutter, ein Hase und zwei Feldh��hner! Ich habe die drei St��cke geschossen, der Vetter hat immer gepudelt.
Gr?fin. Du siehst wild aus, Friederike; wie du durchn?sst bist!
Friederike (das Wasser vom Hute abschwingend). Der erste gl��ckliche Morgen, den ich seit langer Zeit gehabt habe.
Baron. Sie jagt mich nun schon vier Stunden im Felde herum.
Friederike. Es war eine rechte Lust. Gleich nach Tische wollen wir wieder hinaus.
Gr?fin. Wenn du's so heftig treibst, wirst du es blad ��berdr��ssig werden.
Friedericke. Geben Sie mir
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