Die Argonauten | Page 9

Franz Grillparzer
vergeudet ist ein Tor!
(Die meisten stoßen ihre Speere in den Boden.)
Nun kommt zu Kolchis' König. Gerne tauscht er Die eigne Sicherheit
wohl aus für unsre!
Erster Argonaut. Halt noch. Dort nahn zwei Griechen! Milo ist's Der
fort mit Jason ging und--
(schreiend)

Jason selber! Jason!
Mehrere. Jason!
Alle (tumultuarisch). Jason!
Milo
(hinter der) Szene). Hier Gefährten! Hier Jason, Argonauten!
Erster Argonaut (zum zweiten). Was sagst du nun?
Zweiter Argonaut. Daß Jason da ist, sag' ich Freund wie du. Statt
meines Rates gibt er euch die Tat. Nur da er fort war hatt' ich eine
Meinung! Milo (tritt auf), Jason (an der Hand führend.)
Milo. Hier habt ihr ihn! Hier ist er ganz und gar! Nun seht euch satt an
ihm und schreit und jubelt!
(Die Argonauten drängen sich um Jason, fassen seine Hände und
drücken ihre Freude aus.)
Vermischte Stimmen. Willkommen--Jason!--Freund!--Willkommen
Bruder!
Jason. Habt ihr um mich gebangt? Hier bin ich wieder!
(Indem er den Andrängenden die Hände reicht.)
Milo (den nächststehenden umarmend). Freund siehst du, er ist da?
Gesund und rüstig! Und's ging ihm nah ans Leben, ei beim Himmel!
Ein Haar! und ihr saht Jason nimmer mehr! Er wagte sich, allein--ich
durft' nicht mit-- Um euretwillen Freunde wagt' er sich, Im dichten
Wald, allein, in einen Turm, Der voll Barbaren steckte bis zum Giebel.
Da hieß es fechten.
Jason. Ja fürwahr es galt! Verloren war ich, wenn ein Mädchen nicht--
Milo. Ein Mädchen? Ein Barbarenmädchen?
Jason. Ja!
Milo. Sieh davon sagtest du mir früher nichts! Und war sie schön?
Jason. So schön so reizend so-- Doch eine arge, böse Zauberin.-- Ihr
dank' ich dies mein Leben!
Milo. Wackres Mädchen!
Jason. Ich schlug mich durch und--doch genug, ich lebe Und bin bei
euch!--Doch was führt euch hierher?
Zweiter Argonaut. Zur Zweisprach ließ uns laden Kolchis' König
Vernehmen will er unsre Forderung Und dann entscheiden.
Jason. Hier?
Zweiter Argonaut. Hier ist sein Sitz!
Jason. Ich will ihn sprechen. Fügt er sich in Frieden Gut denn! wenn

nicht, dann mag das Schwert entscheiden.
(Auf die seitwärts gestellten Speere zeigend.)
Doch diese Waffen!--Seid ihr hier so sicher Daß ihr des Schutzes selber
euch beraubt?
(Sie nehmen beschämt die weggelegten Speere wieder auf.)
Ihr schweigt und schlagt beschämt die Augen nieder? Habt ihr?--
(Zu Milo.)
Oh sieh, sie meiden meinen Blick! Unglückliche! es war doch nicht die
Furcht-- Die (Furcht) Hellenen, die den Speer euch nahm? Es war's
nicht--?
(Zu Milo.)
Ach es war's! Die Unglücksel'gen Sie wagen's nicht der Lüge mich zu
zeihn. Was hat euch denn verblendet arme Brüder?-- Es war die
(Furcht)!--
(Zu einem der sprechen will.)
Ich bitte dich, sprich nicht Ich kann mir denken was du fühlst. Sprich
nicht! Mach' nicht, daß ich mich schäme vor mir selbst! Denn, o nicht
ohne Tränen könnt' ich schauen In ein von Scham gerötet
Männerantlitz. Ich will's vergessen wenn ich kann.
(Ein Kolcher tritt auf.)
Kolcher. Der König naht!
Jason. So laßt uns stark sein und entschlossen, Freunde Nicht ahne der
Barbar, was hier geschehn! Aietes (tritt auf mit) Gefolge.
Aietes. Wer ist der das Wort führt für die Fremden!
Jason (vortretend). Ich!
Aietes. Beginn!
Jason. Hochmütiger Barbar, du wagst--?
Aietes. Was willst du?
Jason. Achtung!
Aietes. Achtung?
Jason. Meiner Macht, Wenn meinem Namen nicht!
Aietes. Wohlan, so sprich!
Jason. Thessaliens Beherrscher, Pelias, Mein Oheim und mein Herr,
schickt mich zu dir, Mich, Jason, dieser Männer Kriegeshaupt, Zu dir
zu reden, wie ich jetzo rede! Gekommen ist die Kunde übers Meer, Daß
Phryxus, ein Hellene, hohen Stammes, Den Tod gefunden hier in
deinem Reich!

Aietes. Ich schlug ihn nicht.
Jason. Warum verteidigst du dich, Eh ich dich noch beschuldigt? Hör'
mich erst. Mit Schätzen und mit Gute reich beladen War Phryxus'
Schiff. Das blieb in deiner Hand Als er verblich geheimnisvollen Todes!
Sein Haus ist aber nahverwandt dem meinen, Drum in dem Namen
meines Ohms und Herrn Fordr' ich, daß du erstattest, was sein eigen,
Und was nun mein und meines Fürstenhauses.
Aietes. Nichts weiß ich von Schätzen.
Jason. Laß mich enden. Das Köstlichste von Phryxus' Gütern aber Es
war ein köstliches, geheimnisvolles Vließ, Des er entkleidete in
Delphis hoher Stadt Das Bildnis eines unbekannten Gottes Das dort seit
grauen Jahren aufgestellt, Man sagt, von den Urvätern unsers Landes,
Die fernher kommend, und von Oben stammend, Das Land betraten
und der Menschheit Samen Weitbreitend in die leere Wildnis streuten,
Und Hellas' Väter wurden, unsre Ahnen Von ihnen sagt man stamme
jenes Zeichen, Ein teures Pfand für Hellas' Heil und Glück. Vor allem
nun dies Vließ fordr' ich von dir, Daß es ein Kleinod bleibe der
Hellenen Und nicht in trotziger Barbaren Hand Zum Siegeszeichen
diene wider sie. Sag' was beschließest du?
Aietes. Ich hab's nicht!
Jason. Nicht? Das goldne Vließ?
Aietes. Ich hab's nicht, sag' ich dir!
Jason. Ist dies dein letztes Wort?
Aietes. Mein letztes!
Jason. Wohlan!
(Wendet sich zu gehn.)
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