eine wütende Leidenschaft. Auch Sénecé liebte sie; aber es waren schon acht Monate her, da? dieses Verh?ltnis dauerte, und die Zeit, welche die Leidenschaft einer Italienerin verdoppelt, t?tet die eines Franzosen. Die Eitelkeit des Chevalier tr?stete ihn ein wenig über seine Langeweile: er hatte schon zwei oder drei Bildnisse der Campobasso nach Paris geschickt. Er übertrug die Gleichgültigkeit seines Charakters gegen Güter und Vorteile aller Art, mit denen er seit seiner Kindheit überschüttet worden war, auch auf die Interessen der Eitelkeit, die sonst die Herren seiner Nation gew?hnlich sehr besorgt hüten.
Sénecé verstand nicht im geringsten den Charakter seiner Geliebten; deshalb bel?stigten ihn ?fters ihre Seltsamkeiten. So hatte er jedesmal an allen kirchlichen Feiertagen, wie am Festtag der Heiligen Balbina, deren Namen sie trug, die Verzückungen und die Selbstanklagen einer glühenden und wahren Fr?mmigkeit auszuhalten. Sénecé hatte seine Geliebte nicht die Religion vergessen lassen, wie dies bei den gew?hnlichen Frauen Italiens vorkommt; er hatte sie nur mit starker Kraft besiegt, und der Kampf erneuerte sich immer wieder.
Dieses Hindernis, das erste, das dem mit allen Gaben des Glückes überschütteten jungen Mann in seinem Leben begegnet war, hielt die Gewohnheit lebendig, z?rtlich und zuvorkommend gegen die Fürstin zu sein; von Zeit zu Zeit erachtete er es für seine Pflicht, sie zu lieben. Sénecé hatte nur einen Vertrauten in seinem Botschafter, dem Herzog von Saint-Aignan, dem er durch die Campobasso manchen Dienst leisten konnte. Au?erdem war ihm die Bedeutung, die er durch seine Liebesaff?re in den Augen des Botschafters gewann, au?erordentlich schmeichelhaft. Die Campobasso, ganz anders als er, war dagegen von der gesellschaftlichen Stellung ihres Liebhabers gar nicht berührt. Geliebt oder nicht geliebt zu sein war alles für sie. "Ich opfere ihm meine ewige Seligkeit," sagte sie, "und er, der ein H?retiker, ein Franzose ist, kann mir nichts, was dem gleicht, opfern." Aber sobald der Chevalier erschien, füllte seine gef?llige und dabei so ungezwungene Heiterkeit die Seele der Campobasso mit Entzücken und bezauberte sie. Bei seinem Anblick verschwand alles, was sie sich ihm zu sagen vorgenommen hatte, und alle trüben Gedanken. Dieser für diese hochmütige Seele so neue Zustand hielt noch lange an, nachdem Sénecé gegangen war. Und schlie?lich fand sie, da? sie fern von Sénecé weder denken noch leben k?nne.
W?hrend in Rom durch zwei Jahrhunderte die Spanier in Mode gewesen waren, begann man sich damals ein wenig den Franzosen zuzuneigen. Man begann, einen Charakter zu verstehn, der Vergnügen und Heiterkeit überall hinbrachte, wo er sich zeigte, und diesen Charakter gab es damals nur in Frankreich; seit der Revolution von 1789 gibt es ihn nirgends mehr. Denn eine so best?ndige Frohmütigkeit braucht Unbekümmertsein, Sorglosigkeit, und es gibt für niemand mehr heute eine sichere Zukunft in Frankreich, nicht einmal für geniale Menschen, falls es solche g?be. Es herrscht erkl?rter Krieg zwischen Menschen vom Schlage Sénecés und der Masse der Nation. Auch Rom war damals vom heutigen Rom sehr verschieden. Um 1726 hatte man keine Ahnung von dem, was sich siebenundsechzig Jahre sp?ter ereignen sollte, als das von einigen Geistlichen aufgehetzte Volk den Jakobiner Basseville umbrachte, der, wie er sagte, die Hauptstadt der christlichen Welt zivilisieren wollte.
Durch Sénecé hatte die Campobasso zum erstenmal die Vernunft verloren, hatte sich, aus Gründen, die vom gesunden Menschenverstand nicht gebilligt werden, bald im Himmel befunden, bald im fürchterlichen Unglück. Nun hatte Sénecé auch die Religion besiegt; nun mu?te sich diese Liebe, welche für diese strenge und wahre Frau weit gr??ere und ganz andere Bedeutung als die Vernunft hatte, schnell in die wildeste Leidenschaft steigern.
Die Fürstin hatte einen Monsignore Ferraterra begünstigt und seine Laufbahn erleichtert. Wie wurde ihr zumute, als dieser Ferraterra ihr mitteilte, da? Sénecé nicht nur ?fter als üblich zur Orsini gehe, sondern da? die Gr?fin seinetwegen den berühmten Kastraten fortgeschickt habe, der seit mehreren Wochen ihr offizieller Liebhaber gewesen war!
Hier beginnt, was wir zu erz?hlen haben: An dem Abend des Tages, wo die Campobasso diese verh?ngnisvolle Nachricht erhalten hatte.
Sie sa? reglos in einem hohen Lehnstuhl aus goldfarbenem Leder. Neben ihr, auf einem kleinen schwarzen Marmortisch standen auf hohen Fü?en zwei silberne Lampen, Meisterwerke des Cellini, und erleuchteten kaum das Dunkel eines weitl?ufigen Saales im Erdgescho? ihres Palastes. Kaum, da? Licht auf die Gem?lde an den W?nden fiel, die nachgedunkelt waren; denn die Zeit der gro?en Maler lag damals schon weit zurück.
Der Fürstin gegenüber und fast zu ihren Fü?en zeigte der junge Sénecé auf einem kleinen Stuhl aus Ebenholz, mit Ornamenten aus massivem Gold verziert, seine elegante Person. Die Fürstin hatte den Blick auf ihn gerichtet; sie war ihm nicht entgegengeeilt, als er eintrat, hatte sich nicht in seine Arme gestürzt und nicht ein Wort an ihn gerichtet.
Im Jahre 1726 war Paris schon K?nigin des reichen und eleganten Lebens. Sénecé lie? durch Kuriere regelm??ig alles kommen, was die Reize eines der hübschesten M?nner Frankreichs hervorheben konnte. Trotz der für einen Mann seines Ranges natürlichen Sicherheit, noch dadurch verst?rkt, da?
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