Der zerbrochene Krug | Page 5

Heinrich von Kleist
dritte aus, die ich mir leihen wollte: Ich mu? kahlk?pfig den Gerichtstag halten.
Walter Kahlk?pfig!
Adam Ja, beim ew'gen Gott! So sehr Ich ohne der Perücke Beistand um Mein Richteransehn auch verlegen bin. --Ich mü?t es auf dem Vorwerk noch versuchen, Ob mir vielleicht der P?chter--?
Walter Auf dem Vorwerk! Kann jemand anders hier im Orte nicht--?
Adam Nein, in der Tat--
Walter Der Prediger vielleicht.
Adam Der Prediger? Der--
Walter Oder Schulmeister.
Adam Seit der Sackzehnte abgeschafft, Ew. Gnaden, Wozu ich hier im Amte mitgewirkt, Kann ich auf beider Dienste nicht mehr rechnen.
Walter Nun, Herr Dorfrichter? Nun? Und der Gerichtstag? Denkt Ihr zu warten, bis die Haar Euch wachsen?
Adam Ja, wenn Ihr mir erlaubt, schick ich aufs Vorwerk.
Walter --Wie weit ists auf das Vorwerk?
Adam Ei! Ein kleines Halbstündchen.
Walter Eine halbe Stunde, was! Und Eurer Sitzung Stunde schlug bereits. Macht fort! Ich mu? noch heut nach Hussahe.
Adam Macht fort! ja--
Walter Ei, so pudert Euch den Kopf ein! Wo Teufel auch, wo lie?t Ihr die Perücken? --Helft Euch, so gut Ihr k?nnt. Ich habe Eile.
Adam Auch das.
Der Büttel tritt auf. Hier ist der Büttel!
Adam Kann ich inzwischen Mit einem guten Frühstück, Wurst aus Braunschweig, Ein Gl?schen Danziger etwa--
Walter Danke sehr.
Adam Ohn Umst?nd!
Walter Dank, Ihr h?rts, habs schon genossen. Geht Ihr, und nutzt die Zeit, ich brauche sie, In meinem Büchlein etwas mir zu merken.
Adam Nun, wenn Ihr so befehlt--Komm, Margarete!
Walter --Ihr seid ja b?s verletzt, Herr Richter Adam. Seid Ihr gefallen?
Adam --Hab einen wahren Mordschlag Heut früh, als ich dem Bett entstieg, getan: Seht, gn?d'ger Herr Gerichtsrat, einen Schlag Ins Zimmer hin, ich glaubt, es w?r ins Grab.
Walter Das tut mir leid.--Es wird doch weiter nicht Von Folgen sein?
Adam Ich denke nicht. Und auch In meiner Pflicht solls weiter mich nicht st?ren. Erlaubt!
Walter Geht, geht!
Adam zum Büttel. Die Kl?ger rufst du--Marsch!
(Adam, die Magd und der Büttel ab.)

Sechster Auftritt
Frau Marthe, Eve, Veit und Ruprecht treten auf.--Walter und Licht im Hintergrunde.
Frau Marthe Ihr krugzertrümmerndes Gesindel, ihr! Ihr sollt mir bü?en, ihr!
Veit Sei Sie nur ruhig, Frau Marth! Es wird sich alles hier entscheiden.
Frau Marthe O ja. Entscheiden. Seht doch! Den Klugschw?tzer! Den Krug mir, den zerbrochenen, entscheiden! Wer wird mir den geschiednen Krug entscheiden? Hier wird entschieden werden, da? geschieden Der Krug mir bleiben soll. Für so'n Schiedsurteil Geb ich noch die geschiednen Scherben nicht.
Veit Wenn Sie sich Recht erstreiten kann, Sie h?rts, Ersetz ich ihn.
Frau Marthe Er mir den Krug ersetzen. Wenn ich mir Recht erstreiten kann, ersetzen. Setz Er den Krug mal hin, versuch Ers mal, Setz Er'n mal hin auf das Gesims! Ersetzen! Den Krug, der kein Gebein zum Stehen hat, Zum Liegen oder Sitzen hat, ersetzen!
Veit Sie h?rts! Was geifert Sie? Kann man mehr tun? Wenn einer Ihr von uns den Krug zerbrochen, Soll Sie entsch?digt werden.
Frau Marthe Ich entsch?digt! Als ob ein Stück von meinem Hornvieh spr?che. Meint Er, da? die Justiz ein T?pfer ist? Und k?men die Hochm?genden und b?nden Die Schürze vor, und trügen ihn zum Ofen, Die k?nnten sonst was in den Krug mir tun, Als ihn entsch?digen. Entsch?digen!
Ruprecht La? Er sie, Vater. Folg Er mir. Der Drache! 's ist der zerbrochne Krug nicht, der sie wurmt, Die Hochzeit ist es, die ein Loch bekommen, Und mit Gewalt hier denkt sie sie zu flicken. Ich aber setze noch den Fu? eins drauf: Verflucht bin ich, wenn ich die Metze nehme.
Frau Marthe Der eitle Flaps! Die Hochzeit ich hier flicken! Die Hochzeit, nicht des Flickdrahts, unzerbrochen, Nicht Einen von des Kruges Scherben wert. Und stünd die Hochzeit blankgescheuert vor mir, Wie noch der Krug auf dem Gesimse gestern, So fa?t ich sie beim Griff jetzt mit den H?nden, Und schlüg sie gellend Ihm am Kopf entzwei, Nicht aber hier die Scherben m?cht ich flicken! Sie flicken!
Eve Ruprecht!
Ruprecht Fort, du--!
Eve Liebster Ruprecht!
Ruprecht Mir aus den Augen!
Eve Ich beschw?re dich.
Ruprecht Die liederliche--! Ich mag nicht sagen, was.
Eve La? mich ein einz'ges Wort dir heimlich--
Ruprecht Nichts!
Eve Du gehst zum Regimente jetzt, o Ruprecht, Wer wei?, wenn du erst die Muskete tr?gst, Ob ich dich je im Leben wieder sehe. Krieg ists, bedenke, Krieg, in den du ziehst: Willst du mit solchem Grolle von mir scheiden?
Ruprecht Groll? Nein, bewahr mich Gott, das will ich nicht. Gott schenk dir so viel Wohlergehn, als er Erübrigen kann. Doch kehrt ich aus dem Kriege Gesund, mit erzgego?nem Leib zurück, Und würd in Huisum achtzig Jahre alt, So sagt ich noch im Tode zu dir: Metze! Du willsts ja selber vor Gericht beschw?ren.
Frau Marthe zu Eve. Hinweg! Was sagt ich dir? Willst du dich noch Beschimpfen lassen? Der Herr Korporal Ist was für dich, der würd'ge Holzgebein, Der seinen Stock im Milit?r geführt, Und nicht dort der Maulaffe, der dem Stock Jetzt seinen Rücken bieten wird. Heut ist Verlobung, Hochzeit, w?re Taufe heute, Es w?r mir recht, und mein Begr?bnis leid ich, Wenn ich dem Hochmut erst den Kamm zertreten, Der mir
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