hie? es, er sei verreist, um in der Stille eines Landaufenthalts Sammlung zu gewinnen. Aber schon nach ein paar Tagen kehrte er zurück. Sein Aussehen erregte Besorgnis. Tiefe Gruben hatten sich in den Wangen gebildet; der Blick war der eines Kranken. Er kam wieder zu den Freunden und gestand, die Einsamkeit sei ihm Pein. Doch auch Geselligkeit schien ihn nicht aufmuntern zu k?nnen. Man machte ihm in liebevoll-scherzhafter Weise den Hof, man schmeichelte ihm, man erwies ihm zarte kleine Ehrungen; umsonst, es war ihm kaum ein L?cheln abzulocken. Er stellte sich fast jeden Abend ein, wie einer, der vor sich flieht; er bat, man m?ge ihn blo? dulden, wenn es zum ?rgsten komme, werde er trachten, nicht zur Last zu fallen. Was er unter dem ?rgsten verstand, darüber ?u?erte er sich nicht; die Hausfrau, die seine ergebenste Anh?ngerin war, zog ihn beiseite und beschwor ihn, sich zu fassen, zu erheben; er mache durchaus den Eindruck eines Menschen, den ein Phantom zum Narren h?lt; man sei so viel Befeuerung von ihm gew?hnt, so viel gesunde, heilsam wirkende Kraft, dies k?nne doch nicht mit einem Mal zu nichte werden; ob sie ihm helfen k?nne, ob er sie des Vertrauens nicht mehr würdige? Sie sei zu jedem Opfer bereit, sie wie auch alle andern, die bestürzte Zeugen seiner Verwandlung seien.
Er schüttelte den Kopf. ?Zu helfen ist da nicht,? antwortete er; ?es w?re besser, Sie zerrten mich nicht aus der Dumpfheit heraus. Das letzte Versteck darf man mir nicht nehmen; gegen Beleuchtung wehrt sich alles in mir, die Dinge bekommen dadurch ein zu prahlerisches Gesicht. Mein Fall ist an sich gering; legt ihr ihm Bedeutung bei, so werdet ihr nur zu Urhebern von neuen Leiden. Was ich an mir erfahre, ist doch blo? die Folge einer vielfach verschlungenen Kette von Selbstt?uschungen und Selbstübersch?tzungen. Man hat sich zu lange gefallen, man hat sich zu lange beruhigt, man hat immerfort behaglich im lauen Wasser gepl?tschert. Die Erkenntnis ist schmerzlich. Wie w?re einem Menschen zu helfen, der niemals in einen Spiegel gesehen hat, der bis zu dem Moment, in dem es geschieht, im Wahn befangen war, er sei sch?n, er sei wohlgebildet, er habe angenehme Züge, und pl?tzlich grinst ihm aus dem Glas eine abscheuliche Fratze entgegen? Wie wollen Sie dem helfen? Da? mich ein Phantom zum Narren h?lt, ist au?erdem noch wahr.? Er z?gerte in ungewisser Scham und fuhr fort: ?Stellen Sie sich vor, da? ich nicht allein sein kann, ohne da? mir zumute ist, ein dringlich fordernder Gl?ubiger sei hinter mir her und verlange die Bezahlung einer Schuld. Und zwar ein Gl?ubiger, dem ich zu Dank verpflichtet bin, der mir gro?e Dienste geleistet hat, den ich wiederholt, mit guten und schlechten Gründen, habe vertr?sten müssen und der nun, selbst in Bedr?ngnis, das langgefristete Darlehen nicht mehr stunden will. Das ist keine Figur, liebe Freundin, kein Gleichnis für einen beengten Zustand, es ist eine Realit?t. Auch okkulter Einflu? kann eine Realit?t sein. Sie wissen, da? ich Skeptiker genug bin, um solchen Anfechtungen zu widerstehen. Wer hat sich nicht schon über meine Trockenheit beklagt, in dieser wie in anderer Beziehung! Hier scheitern vernünftige Erw?gungen an einer Vision, an der der ganze Organismus teil hat, das furchtbar genaue Wissen darum, wie es um mich bestellt ist. Leute meines Schlags kennen ihr eigenes Innere so gut wie die Bureauschreiber ihren Registrier-Apparat, und wo da die Tugend aufh?rt und die Sünde beginnt, ist schwer zu sagen. Die Quelle, die uns n?hrt, ist zugleich vergiftet, und wir sterben daran, ohne das Gift zu spüren.?
?Aber was wir davon spüren, wir Zuschauer und Zuh?rer, ist Freude und erh?htes Leben,? versetzte die Freundin herzlich und reichte ihm beide H?nde.
M?rner blickte grübelnd vor sich hin. ?Bei alledem, sollte man es glauben,? sagte er mit einem Rest von Selbstverspottung im Ton, ?bei alledem ist es wie eine letzte Genugtuung, da? er kommt, dieser Gl?ubiger, da? er mahnt. Er h?lt mich also noch für zahlungsf?hig, ich habe also noch Kredit in der Geisterwelt. Sonderbar, da? wir nicht ?rmer werden, wenn wir dort unsere Schulden begleichen, im Gegenteil. Nur mu? man eben zahlen k?nnen, und ich kanns nicht. Die Kassen sind leer bis auf die Neige. So arm darf man nicht werden, oder man hat miserabel gewirtschaftet.?
M?rner begab sich wieder zu den übrigen, die harmlos plauderten, die Hausfrau folgte ihm mit zwiesp?ltigem Gefühl. Die unerbittliche Logik in der Verwirrung überraschte sie und stimmte sie nachdenklich. Da ging eine Abrechnung vor sich, hartn?ckiger und ernsthafter als dem blo? für Alltags-Ungemach geschulten Blick erkennbar war.
Das Gespr?ch geriet auf die Zeitumst?nde, und ein junger Lehrer der Philosophie machte die Bemerkung, in einer Epoche, wo die Wirklichkeit soviel Stoff produziere wie in der gegenw?rtigen, das stürmisch flie?ende Schicksal soviel rohes Material ans Ufer schwemme, in einer solchen Epoche müsse die schaffende Phantasie durch ein automatisch funktionierendes Ausgleichsgesetz erlahmen; erst sp?tere Geschlechter seien
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