Der Verschwender | Page 4

Ferdinand Raimund
Sorgen Leb ich in den Tag hinein, Niemand braucht mir was zu borgen, Sch?n ists, ein Bedienter z' sein. Erstens bin ich zart gewachsen Wie der sch?nste Mann der Welt, Alle S?ck hab ich voll Maxen, Was den M?dchen so gef?llt. Zweitens kann ich viel ertragen, Hab ein lampelfrommen Sinn, Vom Verstand will ich nichts sagen, Weil ich zu bescheiden bin. Drittens kann ich pr?chtig singen, Meine Stimme gibt so aus, Denn kaum la? ich sie erklingen, Laufen s' alle gleich hinaus.
Viertens kann ich schreiben, lesen, Hab vom Rechnen eine Spur, Bin ein Tischlergsell gewesen-- Und ein Mann von Politur. Fünftens, sechstens, siebntens, achtens Fallt mir wirklich nichts mehr ein, Darum mu? meines Erachtens Auch das Lied zu Ende sein.

Ah! heut kann ich einmal mit Recht sagen: Morgenstund tragt Gold im Mund. Hat mir die S?ngerin, die neulich bei unserm Konzert eine chinesische Arie gesungen hat, für das Honorar, was ich ihr von dem gn?digen Herrn überbracht hab, zwei blanke Dukaten geschenkt. Der gn?dige Herr hat ihr aber auch für eine einzige Arie fünfzig Dukaten bezahlen müssen. Das ist ein sch?nes Geld. Aber das ist doch nichts gegen Engeland. In London, h?r ich, da singen s' gar nach dem Gewicht. Da kommt eine von den gro?en Noten auf ein ganzes Pfund, drum hei?t man s' auch die Pfundnoten. Da verdient sich eine an einen einzigen Abend einige Zenten. Die müssen immer ein Paar Pferd halten, da? sie ihnen das Honorar nachführen. Aber es war auch etwas G?ttliches um diese S?ngerin. Ich versteh doch auch etwas von der Musik, weil ich in meiner Jugend ?fter nach den Noten geprügelt worden bin, aber im Distonieren kommt ihr keine gleich. Ich hab die ganze Arie nicht h?ren k?nnen, weil ich im Hof unten war und die Jagdhund bes?nftigt hab, damit s' nicht so stark dreingeheult haben, aber einmal hat sie einen Schrei herausgelassen--Nein, ich hab schon verschiedene Frauenzimmer schreien gh?rt, doch dieser Ton hat mein Innerstes erschüttert. Aber den sch?nsten Wohlklang hat sie doch erst gezeigt, wie sie die zwei Dukaten auf den Tisch geworfen hat, das macht sie unsterblich. Und wenn ich ein Theaterdirektor w?r: die engagieret ich unter den sch?nsten Bedingungen. (Rosa schleicht sich herein, tritt langsam vor und steht bei den letzten Worten mit verscblungenen Armen neben ihm.) Und gel?chelt hat sie auf mich--gel?chelt hat sie--
Rosa. Nun und wie hat sie denn gel?chelt? (L?chelt boshaft.) Wie denn? Hat sie so gel?chelt--so?
Valentin. Ah, h?r auf! Das ist ja nur eine Travestie auf ihr L?cheln. Du wirst dir doch nicht einbilden, da? du das auch imstand bist?
Rosa. Warum? Warum soll sie besser lachen k?nnen als ich?
Valentin. Nun, eine Person, die für eine Arie fünfzig Dukaten kriegt, die wird doch kurios lachen k?nnen?
Rosa. Ja, aber wer zuletzt lacht, lacht am besten, und die werd ich sein. Ich brauch keinen solchen Liebhaber, der in die Stadt hineinlauft und den Theaterprinzessinnen die Cour macht.
Valentin. Ich mu? tun, was mir mein Herr befiehlt. Punktum!
Rosa. Du und dein Herr ist einer wie der andere.
Valentin. Nu das w?r mir schon recht, da w?r ich auch ein Million?r wie er.
Rosa. Du hast deine Amouren in der Stadt, und er hat s' im Wald draus. Und wie schaust denn wieder aus? Den ganzen Tag hat man zu korrigiern an ihm! Ist denn das ein Halstuch gebunden, du lockerer Mensch? Geh her! (Bindet es ihm.)
Valentin. So h?r auf, du erwürgst mich ja, schnür mich nicht so zusamm!
Rosa. Das mu? sein.
Valentin. Nein, das Schnüren ist sehr ungesund. Es wird jetzt ganz aus der Mod kommen. Du sollst dich auch nicht so zusammradeln.
Rosa. Das geht keinen Menschen was an!
Valentin. Aber wohl! Das Schnüren h?tt sollen gerichtlich verboten werden, aber die Wirt sind dagegen eingekommen.
Rosa. Wegen meiner! Ja apropos, du stehst ja da, als wann ein Feiertag heut w?r? Wirst gleich gehn und dich anziehn auf die Jagd!
Valentin. Jetzt mu? ich wieder auf die verdammte Jagd.
Rosa. Ja wer kann dafür, da? du so ein guter J?ger bist?
Valentin. Ah, ich jag ja nicht, ich werd ja gejagt. Sie behandeln mich ja gar nicht wie einen J?ger. Ich gh?r ja unters Wildpret. Das letztemal hat der gn?dige Herr eine Wildente geschossen, und weil kein Jagdhund bei der Hand war, so hab ich sie müssen aus den Wasser apportieren, und wie ich mitten drin war, haben sie mich nimmer herauslassen.
Rosa. Und das la?t du dir so alles gfallen?
Valentin. Ja weil ich halt für meinen Herrn ins Feuer geh, so geh ich halt auch für ihn ins Wasser.
Rosa. Nu so tummel dich, es wird gleich losgehen.
Valentin. Die verflixte Jagd! Wann man nur nicht so hungrig würd, aber ich versichere dich: Ein J?ger und ein Hund fri?t alle Viertelstund.
Rosa. Sch?m dich doch!
Valentin. Du glaubst nicht, was man auszustehen hat. Was einem die G?st alles antun. Meiner Seel, wenn mir nicht wegen dem gn?digen Herrn w?r, ich prügelt sie alle
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