Der Verschwender | Page 4

Ferdinand Raimund
viele?
Sockel. Mein Gott, soviel Sie wollen, verschaffen Sie mir nur den Bau.
Wolf. Ja das muß ich wissen.
Sockel. Fünf, und zwei noch zu erwarten! Verstanden?
Wolf. Entsetzlich! Das rührt mich!
Sockel. Lassen Sie sich erweichen. Nehmen Sie die zweitausend
Gulden.
Wolf (mit Bedauern). Sie sind Familienvater! Sie haben fünf Kinder!
Warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Und der andere Baumeister
hat vielleicht keine Kinder.
Sockel. Kein einziges.
Wolf. Ah, da müssen Sie ja den Bau erhalten. Das wäre ja die höchste
Ungerechtigkeit.
Sockel. O Sie edelmütger Mann!
Wolf. Jetzt kann ich Ihr Geschenk annehmen. Aber Sie müssen mir
versprechen, ein Meisterstück für die Ewigkeit hinzustellen--
Sockel. Zehn Jahre keine Reparatur--
Wolf. Denn der Vorteil meiner gnädgen Herrschaft geht mir über alles.
Sockel (weinend). Große Seele!
(Beide in Flottwells Kabinett ab.)

Sechster Auftritt
Valentin.
Valentin. Lied Heissa lustig ohne Sorgen Leb ich in den Tag hinein,
Niemand braucht mir was zu borgen, Schön ists, ein Bedienter z' sein.
Erstens bin ich zart gewachsen Wie der schönste Mann der Welt, Alle
Säck hab ich voll Maxen, Was den Mädchen so gefällt. Zweitens kann
ich viel ertragen, Hab ein lampelfrommen Sinn, Vom Verstand will ich
nichts sagen, Weil ich zu bescheiden bin. Drittens kann ich prächtig
singen, Meine Stimme gibt so aus, Denn kaum laß ich sie erklingen,
Laufen s' alle gleich hinaus.
Viertens kann ich schreiben, lesen, Hab vom Rechnen eine Spur, Bin
ein Tischlergsell gewesen-- Und ein Mann von Politur. Fünftens,
sechstens, siebntens, achtens Fallt mir wirklich nichts mehr ein, Darum
muß meines Erachtens Auch das Lied zu Ende sein.

Ah! heut kann ich einmal mit Recht sagen: Morgenstund tragt Gold im
Mund. Hat mir die Sängerin, die neulich bei unserm Konzert eine
chinesische Arie gesungen hat, für das Honorar, was ich ihr von dem
gnädigen Herrn überbracht hab, zwei blanke Dukaten geschenkt. Der
gnädige Herr hat ihr aber auch für eine einzige Arie fünfzig Dukaten
bezahlen müssen. Das ist ein schönes Geld. Aber das ist doch nichts
gegen Engeland. In London, hör ich, da singen s' gar nach dem
Gewicht. Da kommt eine von den großen Noten auf ein ganzes Pfund,
drum heißt man s' auch die Pfundnoten. Da verdient sich eine an einen
einzigen Abend einige Zenten. Die müssen immer ein Paar Pferd halten,
daß sie ihnen das Honorar nachführen. Aber es war auch etwas
Göttliches um diese Sängerin. Ich versteh doch auch etwas von der
Musik, weil ich in meiner Jugend öfter nach den Noten geprügelt
worden bin, aber im Distonieren kommt ihr keine gleich. Ich hab die
ganze Arie nicht hören können, weil ich im Hof unten war und die
Jagdhund besänftigt hab, damit s' nicht so stark dreingeheult haben,
aber einmal hat sie einen Schrei herausgelassen--Nein, ich hab schon

verschiedene Frauenzimmer schreien ghört, doch dieser Ton hat mein
Innerstes erschüttert. Aber den schönsten Wohlklang hat sie doch erst
gezeigt, wie sie die zwei Dukaten auf den Tisch geworfen hat, das
macht sie unsterblich. Und wenn ich ein Theaterdirektor wär: die
engagieret ich unter den schönsten Bedingungen. (Rosa schleicht sich
herein, tritt langsam vor und steht bei den letzten Worten mit
verscblungenen Armen neben ihm.) Und gelächelt hat sie auf
mich--gelächelt hat sie--
Rosa. Nun und wie hat sie denn gelächelt? (Lächelt boshaft.) Wie denn?
Hat sie so gelächelt--so?
Valentin. Ah, hör auf! Das ist ja nur eine Travestie auf ihr Lächeln. Du
wirst dir doch nicht einbilden, daß du das auch imstand bist?
Rosa. Warum? Warum soll sie besser lachen können als ich?
Valentin. Nun, eine Person, die für eine Arie fünfzig Dukaten kriegt,
die wird doch kurios lachen können?
Rosa. Ja, aber wer zuletzt lacht, lacht am besten, und die werd ich sein.
Ich brauch keinen solchen Liebhaber, der in die Stadt hineinlauft und
den Theaterprinzessinnen die Cour macht.
Valentin. Ich muß tun, was mir mein Herr befiehlt. Punktum!
Rosa. Du und dein Herr ist einer wie der andere.
Valentin. Nu das wär mir schon recht, da wär ich auch ein Millionär
wie er.
Rosa. Du hast deine Amouren in der Stadt, und er hat s' im Wald draus.
Und wie schaust denn wieder aus? Den ganzen Tag hat man zu
korrigiern an ihm! Ist denn das ein Halstuch gebunden, du lockerer
Mensch? Geh her! (Bindet es ihm.)
Valentin. So hör auf, du erwürgst mich ja, schnür mich nicht so
zusamm!

Rosa. Das muß sein.
Valentin. Nein, das Schnüren ist sehr ungesund. Es wird jetzt ganz aus
der Mod kommen. Du sollst dich auch nicht so zusammradeln.
Rosa. Das geht keinen Menschen was an!
Valentin. Aber wohl! Das Schnüren hätt sollen gerichtlich verboten
werden, aber die Wirt sind dagegen eingekommen.
Rosa. Wegen meiner! Ja apropos, du stehst ja da, als wann ein Feiertag
heut wär? Wirst gleich gehn und dich anziehn auf die Jagd!
Valentin. Jetzt muß ich wieder auf die verdammte Jagd.
Rosa.
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