Der Streit Über die Tragödie

Theodor Lipps
Der Streit Ueber Die Tragoedie,
by Theodor Lipps

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Title: Der Streit Ueber Die Tragoedie
Author: Theodor Lipps
Release Date: June, 2005 [EBook #8375] [This file was first posted on

July 4, 2003]
Edition: 10
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
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STREIT UEBER DIE TRAGOEDIE ***

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DER STREIT ÜBER DIE TRAGÖDIE
von
THEODOR LIPPS
Professor der Philosophie in Breslau.

Inhalt.
Einleitung. Die "Resignation" des tragischen Helden. Die "poetische
Gerechtigkeit". Schuld und "Strafe". Die "sittliche Weltordnung". Das
Ende der "poetischen Gerechtigkeit". Die "vorübergehende
Schmerzempfindung". Das Mitleid. Genaueres über die Bedeutung des
Leidens. Die Bestrafung der Bösen und die Macht des Guten. Zwei
Gattungen der Tragödie. Tragödie und ernstes Schauspiel. Die
poetische Motivierung. Der Untergang des Helden. Schluß.

EINLEITUNG.

So wenig wie die künstlerische Thätigkeit, ebenso wenig ist auch unser
Kunstgenuß bedingt durch die verständesmäßige Einsicht in die Gründe,
auf denen die Wirkung des Kunstwerkes beruht. Und es ist gut, daß es
sich so verhält. Wäre es anders, aller Kunstgenuß geriete ins
Schwanken. Vor allem dürfte kein tragisches Kunstwerk auf eine
sichere und bei allen gleichartige Wirkung rechnen. So groß ist die
Unsicherheit und Gegensätzlichkeit der Anschauungen über den
"Grund unseres Vergnügens an tragischen Gegenständen."
Die verstandesmäßige Einsicht bedingt nicht den Kunstgenuß. Aber die
vermeintliche Einsicht, die falsche Theorie vermag ihn empfindlich zu
schädigen. Nicht bei solchen, die die Theorie haben, aber klug genug
sind, von ihr angesichts des Kunstwerkes keinen Gebrauch zu machen;
die sich zu Hause an ihrer Theorie der Tragödie, im Theater an der
Tragödie erfreuen. Sie schaffen sich nur einen doppelten Genuß. Für
sie ist die Theorie ein Luxus, den man ihnen wohl gönnen mag. Wohl
aber muß die falsche Theorie Schaden stiften bei denjenigen, die damit
praktisch Ernst machen. Sie suchen, durch die Theorie verleitet, im
Kunstwerk, was die Theorie vorschreibt, und finden natürlich, was sie
suchen. Und sie übersehen mit ihrem durch die Theorie mißleiteten
Blick, was das Kunstwerk bieten will und bietet.
Vielleicht beruht die falsche Theorie immerhin auf ästhetischem Boden;
sie ist hervorgegangen aus oberflächlicher und einseitiger Betrachtung
des Kunstwerkes. Dies ist der bei weitem günstigere Fall. Schlimmer
ist es, wenn eine der Kunst fremde Theorie, eine Welt- oder
Lebensauffassung, wie sie der "Philosoph" aus der Betrachtung der
Wirklichkeit gewonnen oder in seinen Mußestunden erträumt hat, dem
Kunstwerk untergeschoben, und dies zum Mittel gemacht wird, jene
Welt- oder Lebensauffassung zu verkündigen oder zu bestätigen.

DIE "RESIGNATION" DES TRAGISCHEN HELDEN.
Es giebt eine Weltanschauung, die, ausgehend von der Betrachtung des
Leides in der Welt, zur Überzeugung gelangt, daß es besser wäre, die
Welt wäre nicht. Das Leid in der Welt fordere eine Erlösung. Diese sei

gegeben in der Abkehr vom Leben, der Preisgabe des Daseins, der
"Weltüberwindung" in diesem Sinne. Im Aufhören des Daseins, im
Nichtsein also, sei die Disharmonie der Welt in "Harmonie" aufgelöst;
hier sei "Ruhe, Versöhnung, Frieden".
Lassen wir dahingestellt, wie der Verkündiger dieser "pessimistischen"
Weltanschauung seine Lehre zu beweisen gedenkt. Nur dies interessiert
uns hier einigermaßen, wie er die sonderbare Vorstellung rechtfertigen
will, daß das Individuum nach Preisgabe seines Daseins, daß also das
nicht mehr existierende Individuum, doch noch von eben dieser
Nichtexistenz etwas habe; daß es, obgleich nicht mehr empfindend,
doch sein Nichtsein als Harmonie, Versöhnung, Ruhe, kurz irgendwie
befriedigend empfinde. Denn die Befriedigung, die ich nicht empfinde,
ist ja doch für mich keine Befriedigung, so sehr sie es für einen anderen
sein mag; Erlösung, Versöhnung, Harmonie, das alles sind Worte, die
auf das nicht mehr existierende also auch nicht mehr empfindende
Individuum angewandt völlig ihren Sinn verlieren. Was, frage ich,
veranlaßt den Vertreter jener Theorie trotzdem mit diesen Worten zu
spielen, statt überall das so klare und viel einfachere Wort "Nichts" an
die Stelle zu setzen.
Das Spiel ist ja allzuleicht zu durchschauen. Ruhe ist ein
doppelsinniges Wort. Ruhe ist
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