Der Parasit, oder die Kunst, sein Glueck zu machen. | Page 3

Friedrich von Schiller
Winde wu?te er zu segeln. Denken Sie nicht, da? ich ihn verleumde! Man wei?, wie es unter dem vorigen Minister zuging.--Nun, er ist todt--ich will ihm nichts B?ses nachreden.--Aber wie wu?te dieser Selicour seinen Schw?chen, seinen Lastern durch die sch?ndlichsten Kupplerdienste zu schmeicheln!--Und kaum f?llt der Minister, so ist er der Erste, der ihn verl??t, der ihn verleugnet!
Karl. Aber wie kann er sich bei dem neuen Herrn behaupten, der ein so würdiger Mann ist?
La Roche. Wie? Mit Heucheln. Der wei? sich nach seinen Leuten zu richten und seinen Charakter nach den Umst?nden zu ver?ndern.--Auch auf eine gute Handlung kommt's ihm nicht an, wenn dabei etwas zu gewinnen ist, so wenig, als auf ein Bubenstück, wenn es zum Zwecke führt.
Karl. Aber Herr Narbonne hat einen durchdringenden Geist und wird seinen Mann bald ausgefunden haben.
La Roche. Das ist's eben, was er fürchtet.--Aber so leer sein Kopf an allen nützlichen Kenntnissen ist, so reich ist er an Kniffen.--So, zum Beispiel, spielt er den Ueberh?uften, den Gesch?ftvollen und wei? dadurch jeder gründlichen Unterredung zu entschlüpfen, wo seine Unwissenheit ans Licht kommen k?nnte.--Uebrigens tr?gt er sich mit keinen kleinen Projecten; ich kenne sie recht gut, ob er sie gleich tief zu verbergen glaubt.
Firmin. Wieso? Was sind das für Projecte?
La Roche. Narbonne, der bei dem Gouvernement jetzt sehr viel zu sagen hat, sucht eine f?hige Person zu einem gro?en Gesandtschaftsposten. Er hat die Pr?sentation; wen er dazu empfiehlt, der ist's. Nun hat dieser Narbonne auch eine einzige Tochter, siebzehn Jahre alt, sch?n und liebenswürdig und von unerme?lichem Verm?gen.--Gelingt's nun dem Selicour, in einem so hohen Posten aus dem Land und dem hellsehenden Minister aus den Augen zu kommen, so kann er mit Hilfe eines geschickten und diskreten Sekret?rs seine Hohlk?pfigkeit lange verbergen.--Kommt sie aber auch endlich an den Tag, wie es nicht fehlen kann, was thut das alsdann dem Schwiegersohn des Ministers? Der Minister mu? also zuerst gewonnen werden, und da gibt man sich nun die Miene eines geübten Diplomatikers.--Die Mutter des Ministers ist eine gute schwatzhafte Alte, die eine Kennerin sein will und sich viel mit der Musik wei?.--Bei dieser Alten hat er sich eingenistet, hat ihr Charaden und Sonette vorgesagt, ja, und der Stümper hat die Dreistigkeit, ihr des Abends Arien und Lieder auf der Guitarre vorzuklimpern.--Das Fr?ulein hat Romane gelesen; bei ihr macht er den Empfindsamen, den Verliebten, und so ist er der Liebling des ganzen Hauses, von der Mutter geh?tschelt, von der Tochter gesch?tzt. Die Gesandtschaft ist ihm so gut als schon gewi?, und n?chstens wird er um die Hand der Tochter anhalten.
Karl. Was h?r' ich! Er sollte die Kühnheit haben, sich um Charlotten zu bewerben?
La Roche. Die hat er, das k?nnen Sie mir glauben.
Karl. Charlotten, die ich liebe, die ich anbete.
La Roche. Sie lieben Sie? Sie?
Firmin. Er ist ein Narr! Er ist nicht bei Sinnen! H?ren Sie ihn nicht an!
La Roche. Was h?r' ich! Ist's m?glich?--Nein, nein, Herr Firmin! Diese Liebe ist ganz und gar keine Narrheit.--Wart--wart, die kann uns zu etwas führen.--Diese Liebe kommt mir erwünscht--die pa?t ganz in meine Projecte!
Karl. Was tr?umt er?
La Roche. Dieser Selicour ist in die Luft gesprengt! In die Luft, sag' ich.--Rein verloren!--In seinem Ehrgeiz soll ihn der Vater, in seiner Liebe soll ihn der Sohn aus dem Sattel heben.
Firmin. Aber ich bitte Sie--
La Roche. La?t nur mich machen! La?t mich machen, sag' ich! Und über kurz oder lang sind Sie Ambassadeur, und Karl heirathet Fr?ulein Charlotten.
Karl. Ich Charlotten heirathen!
Firmin. Ich Ambassadeur!
La Roche. Nun! Nun! Warum nicht? Sie verdienten es besser, sollt' ich meinen, als dieser Selicour.
Firmin. Lieber La Roche! Eh Sie uns andern so gro?e Stellen verschaffen, d?chte ich, Sie sorgten, Ihre eigene wieder zu erhalten.
Karl. Das gleicht unserm Freund! So ist er! Immer unternehmend! immer Plane schmiedend! Aber damit langt man nicht aus! Es braucht Gewandtheit und Klugheit zur Ausführung--und da? der Freund es so leicht nimmt, das hat ihm schon schwere H?ndel angerichtet!
La Roche. Es mag sein, ich verspreche vielleicht mehr, als ich halten kann. Aber alles, was ich sehe, belebt meine Hoffnung, und der Versuch kann nichts schaden.--Für mich selbst m?chte ich um keinen Preis eine Intrigue spielen--aber diesen Selicour in die Luft zu sprengen, meinen Freunden einen Dienst zu leisten--das ist l?blich, das ist k?stlich, das macht mir ein himmlisches Vergnügen-- und an dem Erfolg--an dem ist gar nicht zu zweifeln.
Firmin. Nicht zu zweifeln? So haben Sie Ihren Plan schon in Ordnung?
La Roche. In Ordnung--wie? Ich habe noch gar nicht daran gedacht; aber das wird sich finden, wird sich finden.
Firmin. Ei!--Ei! Dieser gef?hrliche Plan ist noch nicht weit gediehen, wie ich sehe.
La Roche. Sorgen Sie nicht--Ich werde mich mit Ehren herausziehn; dieser Selicour soll es mir nicht abgewinnen, das soll er nicht, dafür steh' ich.--Was braucht's der Umwege? Ich gehe geradezu, ich melde mich bei dem Minister, es ist nicht schwer, bei ihm vorzukommen; er liebt Gerechtigkeit, er kann die
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