Der Neffe als Onkel | Page 4

Friedrich von Schiller
einem Duell verlieren!--Es ist mir auch schwer angekommen, ihn in seinem Schmerz zu verlassen! Aber der Dienst ist jetzt so scharf! Auf den zwanzigsten müssen alle Offiziere--beim Regiment sein! Heut ist der neunzehnte, und ich habe nur einen Sprung nach Paris gethan und mu? schon heute Abend wieder--nach meiner Garnison zurückreisen.
Fr. v. Dorsigny. Wie? So bald?
Dorsigny. Das ist einmal der Dienst! Was ist zu machen? Jetzt auf unsere Tochter zu kommen-Fr. v. Dorsigny. Das liebe Kind ist sehr niedergeschlagen und schwermüthig, seitdem Sie weg waren.
Dorsigny. Wissen Sie, was ich denke? Diese Partie, die wir ihr ausgesucht, war--nicht nach ihrem Geschmack.
Fr. v. Dorsigny. So? Wissen Sie?
Dorsigny. Ich wei? nichts--Aber sie ist fünfzehn Jahre alt--Kann sie nicht für sich selbst schon gew?hlt haben, eh wir es für sie thaten?
Fr. v. Dorsigny. Ach Gott ja! Das begegnet alle Tage.
Dorsigny. Zwingen m?chte ich ihre Neigung nicht gern.
Fr. v. Dorsigny. Bewahre uns Gott davor!

Siebenter Auftritt.
Die Vorigen. Sophie.
Sophie (beim Anblick Dorsigny's stutzend). Ah! mein Vater-Fr. v. Dorsigny. Nun, was ist dir? Fürchtest du dich, deinen Vater zu umarmen?
Dorsigny (nachdem er sie umarmt, für sich). Sie haben's doch gar gut, diese V?ter! Alles umarmt sie!
Fr. v. Dorsigny. Du wei?t wohl noch nicht,. Sophie, da? ein unglücklicher Zufall deine Heirath getrennt hat?
Sophie. Welcher Zufall?
Fr. v. Dorsigny. Herr von Lormeuil ist todt.
Sophie. Mein Gott!
Dorsigny (hat sie mit den Augen fixiert). Ja, nun--was sagst du dazu, meine Sophie?
Sophie. Ich, mein Vater?--Ich beklage diesen unglücklichen Mann von Herzen--aber ich kann es nicht anders als für ein Glück ansehen, da?--da? sich der Tag verz?gert, der mich von Ihnen trennt.
Dorsigny. Aber, liebes Kind! wenn du gegen diese Heirath--etwas einzuwenden hattest, warum sagtest du uns nichts davon? Wir denken ja nicht daran, deine Neigung zwingen zu wollen.
Sophie. Das wei? ich, lieber Vater--aber die Schüchternheit-Dorsigny. Weg mit der Schüchternheit! Rede offen! Entdecke mir dein Herz.
Fr. v. Dorsigny. Ja, mein Kind! H?re deinen Vater! Er meint es gut, er wird dir gewi? das Beste rathen.
Dorsigny. Du ha?test also diesen Lormeuil zum Voraus--recht herzlich?
Sophie. Das nicht--aber ich liebte ihn nicht.
Dorsigny. Und du m?chtest Keinen heirathen, als den du wirklich liebst?
Sophie. Das ist wohl natürlich.
Dorsigny. Du liebst also--einen Andern?
Sophie. Das habe ich nicht gesagt.
Dorsigny. Nun, nun, beinahe doch--Heraus mit der Sprache! La? mich alles wissen.
Fr. v. Dorsigny. Fasse Muth, mein Kind! Vergi?, da? es dein Vater ist, mit dem du redest.
Dorsigny. Bilde dir ein, da? du mit deinem besten, deinem z?rtlichsten Freunde spr?chest--und Der, den du liebst. wei? er, da? er geliebt wird?
Sophie. Behüte der Himmel! Nein.
Dorsigny. Ist's noch ein junger Mensch?
Sophie. Ein sehr liebenswürdiger junger Mann, und der mir darum doppelt werth ist, weil Jedermann findet, da? er Ihnen gleicht--ein Verwandter von uns, der unsern Namen führt--Ach! Sie müssen ihn errathen.
Dorsigny. Noch nicht ganz, liebes Kind!
Fr. v. Dorsigny. Aber ich errathe ihn! Ich wette, es ist ihr Vetter, Franz Dorsigny.
Dorsigny. Nun, Sophie, du antwortest nichts?
Sophie. Billigen Sie meine Wahl?
Dorsigny (seine Freude unterdrückend, für sich). Wir müssen den Vater spielen--Aber mein Kind--das müssen wir denn doch bedenken.
Sophie. Warum bedenken? Mein Vetter ist der beste, verst?ndigste-Dorsigny. Der? Ein Schwindelkopf ist er, ein Wildfang, der in den zwei Jahren, da? er weg ist, nicht zweimal an seinen Onkel geschrieben hat.
Sophie. Aber mir hat er desto flei?iger geschrieben, mein Vater!
Dorsigny. So? hat er das? Und du hast ihm wohl--frischweg geantwortet? Hast du? Nicht?
Sophie. Nein, ob ich gleich gro?e Lust dazu hatte.--Nun, Sie versprachen mir ja diesen Augenblick, da? Sie meiner Neigung nicht entgegen sein wollten--Liebe Mutter, reden Sie doch für mich.
Fr. v. Dorsigny. Nun, nun, gib nach, lieber Dorsigny--Es ist da weiter nichts zu machen--und gesteh nur, sie h?tte nicht besser w?hlen k?nnen.
Dorsigny. Es ist wahr, es l??t sich Manches dafür sagen--Das Verm?gen ist von beiden Seiten gleich, und gesetzt, der Vetter h?tte auch ein bi?chen leichtsinnig gewirthschaftet, so wei? man ja, die Heirath bringt einen jungen Menschen--schon in Ordnung--Wenn sie ihn nun überdies lieb hat-Sophie. O recht sehr, lieber Vater!--Erst in dem Augenblicke, da man mir den Herrn von Lormeuil zum Gemahl vorschlug, merkte ich, da? ich dem Vetter gut sei--so was man gut sein nennt--Und wenn mir der Vetter nun auch wieder gut w?re-Dorsigny. (feurig). Und warum sollte er das nicht, meine theuerste--(sich besinnend) meine gute Tochter!--Nun wohl! Ich bin ein guter Vater und ergebe mich.
Sophie. Ich darf also jetzt an den Vetter schreiben?
Dorsigny. Was du willst--(Für sich.) Wie hübsch spielt sich's den Vater, wenn man so allerliebste Gest?ndnisse zu h?ren bekommt.

Achter Auftritt.
Vorige. Frau von Mirville. Champagne, als Postillon mit der Peitsche klatschend.
Champagne. He, holla!
Fr. v. Mirville. Platz! da kommt ein Courier.
Fr. v. Dorsigny. Es ist Champagne.
Sophie. Meines Vetters Bedienter!
Champagne. Gn?diger Herr--gn?dige Frau! rei?en Sie mich aus meiner Unruhe!--Das Fr?ulein ist doch nicht schon Frau von Lormeuil?
Fr. v. Dorsigny. Nein, guter Freund, noch nicht.
Champagne. Noch nicht? Dem Himmel sei Dank, ich bin doch noch zeitig genug gekommen. meinem armen Herrn das Leben zu retten.
Sophie. Wie! Dem Vetter ist doch
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