Der Moloch, by Jakob Wassermann
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Title: Der Moloch
Author: Jakob Wassermann
Release Date: January 22, 2007 [EBook #20413]
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
Produced by Markus Brenner, Marina Lukas and the Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net
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Der Moloch
Roman von
Jakob Wassermann
Dritte und vierte Auflage neu bearbeitet
S. Fischer, Verlag, Berlin 1908
Alle Rechte, insbesondere das der ��bersetzung, vorbehalten.
Frau Ansorge
Erstes Kapitel
Zwischen Podolin und Lomnitz, wo sich die Ebene aus einer flachen Mulde zu einem unscheinbaren H��gelchen erhebt, lag der Ansorge-Hof. Das Wohngeb?ude lehnte mit der R��ckseite gegen die wilden Hecken, die den weitl?ufigen parkartigen Garten begrenzten. Das Haus, mit den wei?gekalkten Mauern tief in die Erde gebohrt, erschien durch eine zum Tor f��hrende Steintreppe und durch die zopfigen Verzierungen um die Fenstervierecke als ein Mittelding zwischen Bauern- und Herrenhaus. Das ��berh?ngende Ziegeldach leuchtete wie eine m?chtige Kapuze brennend rot ��ber die Landschaft. Vom Dorf war nur der Kirchturm zu sehen, denn unvermutet, durch eine Laune der Natur, erhebt sich bei Podolin ein schroffer Erdh��gel, der den tr?g einherziehenden Flu? zwingt, ihm in weitem Knie auszuweichen. Podolin selbst liegt auf der sanfter abfallenden Seite des H��gels, ist aber gegen S��den bis hart an den Flu? herangebaut, so da? die Hauptstra?e des Dorfs nahezu die Gestalt eines #S# hat. Ringsumher dehnt sich wellig-ebenes Land, das nicht allzu reichlich mit Baum und Busch bedeckt erscheint.
Zwischen dem Dorf und dem Ansorge-Hof breitete sich ein h?userloser, ?der Erdstrich. Nur ein gro?er Zimmerplatz lag am Flu?ufer und von ihm str?mte Sommer und Winter der Geruch frisch behauener Baumst?mme aus.
Die meisten Leute in der Gegend erinnerten sich genau des Tages, an welchem Frau Ansorge in einer altert��mlichen vierschr?tigen Kutsche von der Ostrauer Stra?e her ins Dorf eingefahren war, begleitet von ihrer Dienerin Ursula, die den f��nfj?hrigen Arnold auf den Knien hielt. Der damalige B��rgermeister hatte die Frau hin��ber gef��hrt auf den Hof, der seit mehr als hundert Jahren einem ehemals reichen und nun zu grunde gegangenen Bauerngeschlecht geh?rt hatte. Bald begann eine ruhige, doch unabl?ssige Gesch?ftigkeit das Aussehen des verwahrlosten Gutes zu ver?ndern. Stall und Scheune wurden in Stand gesetzt, Z?une aufgerichtet, der versandete Brunnen wurde tiefer gegraben, der Viehstand verbessert, neue M?bel, neue Pfl��ge, neues Gesinde beschafft und das Wohnhaus erhielt ein neues Dach.
Drei Monate fr��her hatten Frau Ansorges W��nsche noch andern Lebenszielen gegolten, als in der m?hrischen Einsamkeit Ruhe vor der Welt zu suchen. Sie hatte die Vergn��gungen der Geselligkeit und alle jene Freuden geliebt, welche ihr der Reichtum ihres Mannes verschaffen konnte. Alfred Ansorge war einer der gro?en Kohlenwerksbesitzer des Ostrauer Reviers gewesen. Allerdings hatten ihn seine Gesch?fte gezwungen, einen gro?en Teil des Jahres in der traurigen, ru?igen Stadt zuzubringen, aber desto sch?ner war dann der Gegensatz zu der in Wien, im Gebirge oder auf Reisen verbrachten Zeit. Von einer solchen Reise kehrte die Familie, Mann, Frau und Kind, anfangs Dezember nach Ostrau zur��ck. Die Winternacht, der sie entgegenfuhren, besiegelte das Schicksal der drei Menschen. Eine Viertelstunde vor dem Ziel lief der Eisenbahnzug auf ein falsches Geleise und prallte in vollem Rasen gegen einen aus Schlesien kommenden Personenzug. Dieselben zusammenprasselnden Wagenteile, die dem entsetzt auffahrenden Mann den Kopf zermalmten, waren der Frau zum Schutz geworden und hatten sie und den Knaben umgeben wie die Bretter eines Sarges. Als man sie befreien konnte, lag das Kind unversehrt zwischen ihren zu einem Bett erweiterten Schenkeln. Nur ihre Augen zeigten, was in ihr vorgegangen war, als sie in dem Verlie? gelegen, das Brausen des Windes im Ohr, der Rettung ungewi?, ungewi? auch was mit dem Knaben sei. Vierzehn Tage lang vermochte sie nicht zu gehen, zu reden und zu h?ren. Ihre Seele schien erfroren, schien nichts mehr aufzubewahren als die furchtbaren Laute dieser Stunde, die am Rande des Lebens und am Anfang des Todes lag. Doch wie das Wasser unter der Eisdecke des Stromes flie?t, trieb ihr dunkler Wille einer neuen Form des Lebens zu.
Der Anwalt Borromeo aus Wien, ein Bruder Frau Ansorges, ordnete die Hinterlassenschaft des Mannes, wohnte dem Begr?bnis bei und nahm den Knaben in seine Obhut. Bald wurde Frau Ansorge innerlich und ?u?erlich ruhig; sie vermochte sich mit den laufenden Gesch?ften zu befassen und bekundete sogar eine eindringlichere Teilnahme als der gesch?ftsgewohnte Bruder. Sie sorgte f��r die beste Verzinsung des Kapitals, nachdem alle liegenden Gr��nde ver?u?ert waren, und kaufte, ohne ihren Vorteil zu ��bersehen, das Gut bei Podolin, dessen Weltentlegenheit ihre Wahl sehr beeinflu?t hatte.
Ihr Fu? wurde vorsichtig im Schreiten wie der eines Blinden. Sie tat keinen unnotwendigen Schritt und vermied jede ��berfl��ssige Bewegung. Sie ha?te alles Fahrige, Eilige, alles Springen,
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