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Der Landprediger, by Jakob Michael Reinhold Lenz
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Title: Der Landprediger
Author: Jakob Michael Reinhold Lenz
Release Date: November, 2004 [EBook #6830] [Yes, we are more than one year ahead of schedule] [This file was first posted on January 28, 2003]
Edition: 10
Language: German
Character set encoding: iso-latin-1
*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, DER LANDPREDIGER ***
Thanks are given to Delphine Lettau for finding a huge collection of ancient German books in London.
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Der Landprediger
Jakob Michael Reinhold Lenz
Erster Teil
Ich will die Geschichte eines Menschen erz?hlen, der sich wohl unter allen m?glichen Dingen dieses zuletzt vorstellte, auf den Flügeln der Dichtkunst unter die Gestirne getragen zu werden.
Mannheim ward von seinem Vater, einem Geistlichen im Thüringischen, auf die Universit?t geschickt. Er hatte sich dem geistlichen Stande gewidmet, nicht sowohl um seinem Vater Freude zu machen, als weil er sich dazu geboren fühlte. Von Kindheit an waren alle Erg?tzungen, die er suchte, die Erg?tzungen eines alten Mannes und ihm nicht besser als in einer Gesellschaft, wo Tabak geraucht und über gelehrte Sachen disputiert wurde. Seines Vaters Predigten schrieb er aus eigenem Trieb nach und hielt sie insgeheim bei verschlossenen Türen, nachdem er seines Vaters Perücke aufgesetzt und seinen Mantel umgetan, dem Perückenstock und Kleiderschrank wieder vor. Er fiel halb ohnm?chtig nieder, als sein Vater mit einer gro?en Gesellschaft von Landpfarrern ihn einmal belauscht hatte und die Tür pl?tzlich mit dem Hauptschlüssel aufmachte.
Diese Freude aber ward dem guten alten Mann sehr versalzen. Er war ein gro?er Freund der Dogmatik und der Orthodoxie und hatte sich deswegen mit seinem kleinen Johannes sehr viel Mühe gegeben. Bei unsern leichtsinnigen Zeiten fürchtete er nichts so sehr, als da? sein Sohn, sobald er dem v?terlichen Auge entrückt würde, auf den hohen Schulen von herrschenden freigeisterischen und sozinianischen Meinungen angesteckt werden m?chte. Denn ob er gleich den Sozinus nie gelesen und nur aus Walchs Ketzerliste kannte, so hatte er doch einen solchen Abscheu vor ihm, da? er alle Meinungen, die mit seinen nicht übereinstimmten, sozinianisch nannte. Er nahm demzufolge alle m?gliche Pr?kautionen und empfahl ihn zum strengsten den Lehrern, die er selbst gehabt hatte, oder von denen er wenigstens mit überzeugung wu?te, da? sie in die Fu?stapfen ihrer Vorg?nger getreten waren. Zugleich warnte er ihn, mit allen Schreckbildern, die in seiner Imagination waren und damals auf den jungen Z?gling gro?en Eindruck machten, vor nichts so sehr als vor allen Gesellschaften junger Leute, besonders derer, die die Modewissenschaften trieben, empfahl ihm den Umgang seiner Professoren, malte ihm die Aussicht seiner Wiederkunft mit den reizendsten Farben, worunter sogar den sch?nen Augen der Tochter seines Propstes eine Stelle verg?nnet wurde, die sich so oft nach dem kleinen Johannes wollte erkundigt haben und ihm beim Abschiede einen sch?nen rotseidenen Geldbeutel strickte, dem zu Gefallen er, seit der Zeit bis zu seiner Bef?rderung, immer in den Hosen geschlafen hat.
Johannes Mannheim gab seine Empfehlungsschreiben ab, aber ach! er fand die M?nner, an welche sie gerichtet waren, sehr unterschieden von dem Bilde, das ihm seine Einbildungskraft zu Hause mit so feierlichem Heiligenschein um sie her von ihnen vorgezaubert. Ein Umstand kam dazu, den ich als Geschichtschreiber nicht aus den Augen lassen darf, weil in der Knospe des menschlichen Lebens jeder Keim, jedes Z?serchen oft von unendlichen Folgen bei seiner Entwickelung werden kann. Und so wird die Abweichung einer halben Sekunde von dem vorgezeichneten Wege in der Kindheit oft im Alter eine Entfernung von mehr als 90 Graden,
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