Der Kalendermann vom Veitsberg | Page 4

O. Glaubrecht
seine Schuldigkeit nicht, so trat er an den Kutschenschlag, um ihn zu ?ffnen, wurde aber von dem J?ger ziemlich unsanft zur Seite geschoben. Da ?ffnete sich von innen die Th��re und statt eines alten, gebrechlichen Reisenden, den man vermuthet hatte, sprang schnell und leicht ein junger Mann, in einen weiten Reisemantel geh��llt, heraus, und half mit der rechten Hand, w?hrend er die linke unter dem Mantel verborgen hielt, als tr��ge er etwas, einem, wie es schien, eben so jungen Frauenzimmer aus dem Wagen. Ueber das Alter seiner Reisegef?hrtin lie? sich nichts sagen, denn ein dichter Schleier verbarg ihr Angesicht; aber mit r��stigen Schritten folgte sie dem Begleiter in ein Zimmer im obern Stocke, inde? der J?ger sich mit den Koffern und Reisep?cken zu schaffen machte.
Der Riesenwirth, der die Fremden auf ihr Zimmer geleitete, sprach vom Wetter und vom Vergn��gen, das er habe, solche vornehme Marktg?ste beherbergen zu d��rfen, und wie er es bedaure, den Herrschaften heute kein besseres Zimmer anbieten zu k?nnen, sintemal die Marktbesucher schon Alles besetzt h?tten, und machte B��cklinge ��ber B��cklinge; aber es kam aus dem Munde der Fremden keine Antwort. Ein Wink des Herrn nach der Th��re gab zu vergehen, da? die Reisenden allein zu sein w��nschten, und kopfsch��ttelnd entfernte sich der Riesenwirth. Nach einiger Zeit erschien der J?ger, der ab- und zugegangen war, und verlangte f��r seine Herrschaft ein Mittagessen, nahm aber alle Sch��sseln dem Riesenwirth vor der Th��re ab und trug sie selber hinein. Das kam dem Wirthe immer sonderbarer vor, und er s?umte nicht, seinen G?sten mitzutheilen, wie in seiner langen Wirthschaft ihm so eigne Leute noch nicht vorgekommen seien, und wie dahinter gewi? etwas stecke. Und die G?ste theilten seine Meinung und blickten von Zeit zu Zeit hinab auf die Stra?e und staunten den Wagen an, vor dem bereits eine Anzahl Schaulustiger sich gesammelt hatten.
?H?tte ich nicht mit meinen Augen gesehen, wie der J?ger das Fuhrwerk ausgepackt bis auf den Grund, es m?chte mich schier bed��nken, es w?r' noch allerei fremdes Gethier in dem Kasten?, sagte Einer aus den Umstehenden. ?Und sehet nur?, hub ein Zweiter an, ?wie tief die Axen hinabreichen, fast scheint es, der Wagenkasten schleife auf dem Boden. Es sieht das Ding fast einer Feuerspritze ?hnlicher, denn einem Herrnwagen.? ?Aber das bleibt gewi??, sprach ein Dritter, ?sch?n ist das Fuhrwerk; seht nur, wie bunt die R?der gemalt sind; und so wahr ich lebe, Goldleisten ��berall. Gebt Acht, das sind keine geringen Leute, die also fahren; aber weit her sind sie, darauf m?cht' ich wetten!?
So ging eine Stunde des Gallustages nach der andern hin. Der Markt vor der Stadt nahm seinen fr?hlichen Fortgang, die G?ste im Riesen gingen aus und ein, und der J?ger bediente die fremde Herrschaft allein. Als es Abend ward, trat er unter das Thor und schaute sich die Marktbesucher an, wie sie gingen und kamen. Eben ward das Marktgl?cklein gezogen, zum Zeichen, da? f��r heute das Kaufen und Verkaufen aufh?ren solle, da trat der Riesenwirth zu dem J?ger heran und sagte, auf das Fuhrwerk der Fremden zeigend: ?Sch?n Fuhrwerk das!? ?Wem's gef?llt?, war des J?gers Antwort. ?Scheint im Ausland gebaut zu sein?? ?Denk's auch?, sagte der J?ger. ?Ist die Herrschaft schon lang auf der Reise?? fragte der Riesenwirth. ?Ziemlich!? -- ?Weit her?? -- ?Soll's meinen!? ?Aus Frankreich?? -- ?Nein!? -- ?Holland?? -- ?Ja!? -- ?Also aus Holland ist die Herrschaft?? fragte erfreut der Riesenwirth. ?O das ist sch?n, gro?e Ehre f��r Gr��nberg. Doch wohl ein Kaufmann, der auf unserm Gallusmarkt denkt Gesch?fte zu machen? Gl��ck zu! Gibt auch nur einen Gallusmarkt auf weit und breit.? Damit folgte der Riesenwirth zweien G?sten, die eben in sein Haus eingingen.
?H?rt Landsmann?, rief der J?ger einem Bauer zu, der n?her getreten war, sich das fremde Fuhrwerk zu besehen, ?wo seid ihr her, wenn's erlaubt ist, zu fragen?? Der Bauer l��ftete seinen dreieckigen Hut und sprach ?Wie's euren Edlen gef?llt, ich bin von G?belnrod.? ?Nun dann seid ihr ja nicht weit vom Veitsberg?, sprach der J?ger, ?und k?nnt mir wohl sagen, ob der Schulmeister Justus noch lebt?? -- ?Wird wohl noch leben?, war des Bauers Antwort, ?denn w?r' er gestorben, so h?tt' ich's sicher erfahren. Doch wart', alleweile f?llt mir ein, da? der Kalendermann noch lebt. Denn mein Nachbar, der Bornpeter, sagte vorgestern zu mir, er wolle bald auf den Veitsberg, und sich den Kalender holen f��r's k��nftige Jahr. Wenn ihr den Schulmeister kennt, so wi?t ihr auch, da? Keiner auf weit und breit den Kalender besser versteht, denn der Justus. Ehe die Sterngucker, Gott wei? wo sie sind, ihn gemacht haben, da haben wir ihn hier herum l?ngst und Einer schreibt ihn vom Andern ab, und wenn die Drucker ihn endlich liefern, so um Weihnachten hin, da wei? Unsereiner schon l?ngst im neuen Jahr Bescheid. Und wenn er's wissen will, so sagt ihm der Kalendermann vom Veitsberg auch jede Sonn-
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