Der Hofmeister | Page 9

Jacob Michael Reinhold Lenz
mu? melancholisch machen; es kann nicht anders seyn. Warte, Du must mir hier einziehen, da? Du lustig wirst. Was machst Du da bey dem Pfarrer? Das ist keine Stube für Dich--
Fritz. Was zahlst Du hier?
P?tus. Ich zahle--Wahrhaftig, Bruder, ich wei? es nicht. Es ist ein guter ehrlicher Philister, bey dem ich wohne: seine Frau ist freylich bisweilen ein bischen wunderlich, aber mags. Was gehts mich an? Wir zanken uns einmal herum und denn la? ich sie laufen: und die schreiben mir alles auf. Hausmiethe, Kaffee, Tabak; alles was ich verlange, und denn zahl' ich die Rechnung alle Jahre, wenn mein Wechsel kommt.
Fritz. Bist du jetzt viel schuldig?
P?tus. Ich habe die vorige Woche bezahlt. Das ist wahr, diesmal haben Sie mirs arg gemacht: mein ganzer Wechsel hat herhalten müssen bis auf den letzten Pfennig, und mein Rock, den ich Tags vorher versetzt hatte, weil ich in der ?ussersten Noth war, steht noch zu Gevattern. Wei? der Himmel, wenn ich ihn wieder einl?sen kann.
Fritz. Und wie machst Dus denn itzt?
P?tus. Ich?--Ich bin krank. Heut morgen hat mich die Frau R?thin Hamster invitiren lassen, gleich kroch ich ins Bett ...
Fritz. Aber bey dem sch?nen Wetter immer zu Hause zu sitzen.
P?tus. Was macht das? des Abends geh ich im Schlafrock spatzieren, es ist ohnedem in den Hundstagen am Tage nicht auszuhalten--Aber Potz Mordio! Wo bleibt denn mein Kaffee? (pocht mit dem Fu?) Frau Blitzer!--Nun sollst Du sehn, wie ich meinen Leuten umspringe--Frau Blitzer! in aller Welt Frau Blitzer. (klingelt und pocht)--Ich habe sie kürzlich bezahlt: nun kann ich schon breiter thun--Frau ...
Frau Blitzer. (tritt herein mit einer Portion Kaffee.)
P?tus. In aller Welt, Mutter! wo bleibst Du denn? Das Wetter soll Dich regieren. Ich warte hier schon über eine Stunde--
Frau Blitzer. Was? Du nichtsnutziger Kerl, was l?rmst Du? Bist Du schon wieder nichts nutz, abgeschabte Laus? Den Augenblick trag ich meinen Kaffee wieder herunter--
P?tus. (gie?t sich ein) Nun, nun, nicht so b?se Mutter! aber Zwieback--Wo ist denn Zwieback?
Frau Blitzer. Ja, kleine Steine Dir! Es ist kein Zwieback im Hause. Denk doch, ob so ein kahler lausichter Kerl nun alle Nachmittag Zwieback fri?t oder nicht--
P?tus. Was tausend alle Welt! (stampft mit dem Fu?) Sie wei?, da? ich keinen Kaffee ohne Zwieback ins Maul nehme--Wofür gebe ich denn mein Geld aus--
Frau Blitzer. (langt ihm Zwieback aus der Schürze, wobey sie ihn an den Haaren zupft.) Da siehst Du, da ist Zwieback, Posaunenkerl! Er hat eine Stimme wie ein ganzes Regiment Soldaten. Nu, ist der Kaffee gut? Ist er nicht? Gleich sag mirs, oder ich rei? Ihm das letzte Haar aus Seinem kahlen Kopf heraus.
P?tus. (trinkt) Unvergleichlich--Aye!--Ich hab in meinem Leben keinen bessern getrunken.
Frau Blitzer. Siehst Du Hundejunge! Wenn Du die Mutter nicht h?ttest, die sich Deiner ann?hme und Dir zu essen und zu trinken g?be, Du müstest an der Strasse verhungern. Sehen Sie ihn einmal an, Herr von Berg, wie er daher geht, keinen Rock auf dem Leibe und sein Schlafrock ist auch, als ob er darin w?r aufgehenkt worden und wieder vom Galgen gefallen. Sie sind doch ein hübscher Herr, ich wei? nicht wie Sie mit dem Menschen umgehen k?nnen, nun freylich unter Landsleuten da ist immer so eine kleine Blutsverwandschaft, drum sag ich immer, wenn doch der Herr von Berg zu uns einlogiren th?te. Ich wei?, da? Sie viel Gewalt über ihn haben: da k?nnte doch noch was ordentliches aus ihm werden, aber sonst wahrhaftig-- (geht ab)
P?tus. Siehst Du, ist das nicht ein gut fidel Weib. Ich seh' ihr all etwas durch die Finger, aber potz, wenn ich auch einmal ernsthaft werde, kusch ist sie wie die Wand--Willst Du nicht eine Tasse mit trinken? (gie?t ihm ein) Siehst Du, ich bin hier wohl bedient; ich zahle was rechts, das ist wahr, aber dafür hab' auch ich was ...
Fritz. (trinkt.) Der Kaffee schmeckt nach Gerste.
P?tus. Was sagst Du?--(schmeckt gleichfalls) Ja wahrhaftig, mit dem Zwieback hab' ichs nicht so--(sieht in die Kanne) Nun so hol Dich! (wirft das Kaffeezeug zum Fenster hinaus) Gerstenkaffee und fünfhundert Gulden j?hrlich!--
Frau Blitzer. (stürzt herein) Wie? Was zum Teufel, was ist das? Herr, ist Er rasend oder plagt Ihn gar der Teufel?--
P?tus. Still Mutter!
Frau Blitzer. (mit gr??lichem Geschrey) Aber wo ist mein Kaffeezeug? Ey! zum Henker! aus dem Fenster--Ich kratz' Ihm die Augen aus dem Kopf heraus.
P?tus. Es war eine Spinne darin und ich warf's in der Angst-- Was kann ich dafür, da? das Fenster offen stand?
Frau Blitzer. Da? Du verreckt w?rst an der Spinne, wenn ich Dich mit Haut und Haar verkaufe, so kannst Du mir mein Kaffeezeug nicht bezahlen, nichtswürdiger Hund! Nichts als Schaden und Unglück kann Er machen. Ich will Dich verklagen; ich will Dich in Karcer werfen lassen. (l?uft heraus)
P?tus. (lachend) Was ist zu machen, Bruder! man mu? sie schon ausrasen lassen.
Fritz. Aber für Dein Geld?
P?tus. Ey was!--Wenn ich bis Weyhnachten warten mu?, wer wird mir sogleich bis
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