Der Freigeist | Page 5

Gotthold Ephraim Lessing
Bediente nicht oft behutsamer w?re, als der Herr: es würden artige Dinge herauskommen.
Adrast. Nichtswürdiger Schlingel--
Johann. Ho, ho! ist das mein Dank? Wenn ich es doch nur gesagt h?tte, wie der Alte da war. Wir h?tten wollen sehen! wir h?tten wollen sehen--
Adrast. Da? dich dieser und jener--
Johann. Ha, ha! nach dem diesen und jenen wird nicht mehr gefragt. Ich wei? doch wohl, da? Sie den Teufel meinen, und da? keiner ist. Ich mü?te wenig von Ihnen gelernt haben, wenn ich nicht der ganzen H?lle ein Schnippchen schlagen wollte.
Adrast. Ich glaube, du spielst den Freigeist? Ein ehrlicher Mann m?chte einen Ekel davor bekommen, wenn er sieht, da? es ein jeder Lumpenhund sein will.--Aber ich verbiete dir nunmehr, mir ein Wort zu sagen. Ich wei? doch, da? es nichts ist.
Johann. Ich sollte es Ihnen nicht sagen? Ich sollte Sie so in Ihr Unglück rennen lassen? Das wollen wir sehen.
Adrast. Gehe mir aus den Augen!
Johann. Nur Geduld!--Sie erinnern sich doch wohl so ohngef?hr, wie Sie Ihre Sachen zu Hause gelassen haben?
Adrast. Ich mag nichts wissen.
Johann. Ich sage Ihnen ja auch noch nichts.--Sie erinnern sich doch wohl auch der Wechsel, die Sie an den Herrn Araspe vor Jahr und Tag ausstellten?
Adrast. Schweig, ich mag nichts davon h?ren.
Johann. Ohne Zweifel, weil Sie sie vergessen wollen? Wenn sie nur dadurch bezahlt würden.--Aber wissen Sie denn auch, da? sie verfallen sind?
Adrast. Ich wei?, da? du dich nicht darum zu bekümmern hast.
Johann. Auch das verbei?e ich.--Sie denken freilich: Weit davon, ist gut für den Schu?; und Herr Araspe hat eben nicht n?tig, so sehr dahinterher zu sein. Aber, was meinen Sie, wenn ich den Herrn Araspe--
Adrast. Nun was?
Johann. Jetzt den Augenblick vom Postwagen h?tte steigen sehen?
Adrast. Was sagst du? Ich erstaune--
Johann. Das tat ich auch, als ich ihn sah.
Adrast. Du, Araspen gesehen? Araspen hier?
Johann. Mein Herr, ich habe mich auf den Fu? gesetzt, da? ich Ihre und meine Schuldner gleich auf den ersten Blick erkenne; ja ich rieche sie schon, wenn sie auch noch hundert Schritt von mir sind.
Adrast (nachdem er nachgedacht). Ich bin verloren!
Johann. Das war ja mein erstes Wort.
Adrast. Was ist anzufangen?
Johann. Das beste wird sein: wir packen auf, und ziehen weiter.
Adrast. Das ist unm?glich.
Johann. Nun so machen Sie sich gefa?t, zu bezahlen.
Adrast. Das kann ich nicht; die Summe ist zu gro?.
Johann. Oh! ich sagte auch nur so.--Sie sinnen?
Adrast. Doch wer wei? auch, ob er ausdrücklich meinetwegen hergekommen ist. Er kann andre Gesch?fte haben.
Johann. Je nu! so wird er das Gesch?fte mit Ihnen so beiher treiben. Wir sind doch immer geklatscht.
Adrast. Du hast recht.--Ich m?chte rasend werden, wenn ich an alle die Streiche gedenke, die mir ein ungerechtes Schicksal zu spielen nicht aufh?rt.--Doch wider wen murre ich? Wider ein taubes Ohngef?hr? Wider einen blinden Zufall, der uns ohne Absicht und ohne Vorsatz schwerf?llt? Ha! nichtswürdiges Leben!--
Johann. Oh! lassen Sie mir das Leben ungeschimpft. So einer Kleinigkeit wegen sich mit ihm zu überwerfen, das w?re was Gescheutes!
Adrast. So rate mir doch, wenn du es für eine Kleinigkeit ansiehst.
Johann. F?llt Ihnen im Ernste kein Mittel ein?--Bald werde ich Sie gar nicht mehr für den gro?en Geist halten, für den ich Sie doch immer gehalten habe. Fortgehen wollen Sie nicht; bezahlen k?nnen Sie nicht: was ist denn noch übrig?
Adrast. Mich ausklagen zu lassen.
Johann. O pfui! Worauf ich gleich zuerst fallen würde, wenn ich auch bezahlen k?nnte--
Adrast. Und was ist denn das?
Johann. Schw?ren Sie den Bettel ab.
Adrast (mit einer bittern Verachtung). Schurke!
Johann. Wie? Was bin ich? So einen brüderlichen Rat--
Adrast. Ja wohl ein brüderlicher Rat, den du nur deinen Brüdern, Leuten deinesgleichen, geben solltest.
Johann. Sind Sie Adrast? Ich habe Sie wohl niemals über das Schw?ren spotten h?ren?
Adrast. über das Schw?ren, als Schw?ren, nicht aber als eine blo?e Beteurung seines Wortes. Diese mu? einem ehrlichen Manne heilig sein, und wenn auch weder Gott noch Strafe ist. Ich würde mich ewig sch?men, meine Unterschrift geleugnet zu haben, und ohne Verachtung meiner selbst, nie mehr meinen Namen schreiben k?nnen.
Johann. Aberglauben über Aberglauben. Zu einer Türe haben Sie ihn herausgejagt, und zu der andern lassen Sie ihn wieder herein.
Adrast. Schweig! ich mag dein l?sterliches Geschw?tze nicht anh?ren. Ich will Araspen aufsuchen. Ich will ihm Vorstellungen tun; ich will ihm von meiner Heirat sagen; ich will ihm Zinsen über Zinsen versprechen.--Ich treffe ihn doch wohl noch in dem Posthause?
Johann. Vielleicht.--Da geht er, der barmherzige Schlucker. Das Maul ist gro? genug an ihm; aber wenn es dazu k?mmt, da? er das, was er glaubt, mit Taten beweisen soll, da zittert das alte Weib! Wohl dem, der nach seiner überzeugung auch leben kann! So hat er doch noch etwas davon. Ich sollte an seiner Stelle sein.--Doch ich mu? nur sehen, wo er bleibt.
(Ende des ersten Aufzugs.)

Zweiter Aufzug

Erster Auftritt
Juliane. Henriette. Lisette.
Lisette. Vor allen Dingen, meine lieben Mamsells, ehe ich Ihre kleine Streitigkeit schlichte, lassen Sie uns ausmachen, welcher von Ihnen ich heute zugeh?re. Sie wissen wohl, Ihre Herrschaft über
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