Der Erste Theil von König Heinrich dem Vierten | Page 9

William Shakespeare
vom Hügel herunter, Geld, das in des
Königs Schazkammer geht.
Falstaff.
Du lügst, du Spizbube, es geht in des Königs Wirthshaus.
Gadshill.
Es ist genug, uns alle--(reich zu machen).
Falstaff.
An den Galgen zu bringen.
Prinz Heinrich.
Ihr Herren, stellt ihr Viere euch ihnen vorn in dem
holen Weg entgegen; Ned Poins und ich wollen tiefer herunter gehen;
wenn sie euch entrinnen, so fallen sie doch uns in die Hände.
Peto.
Aber wie viel sind ihrer?
Gadshill.
Ihrer acht oder zehen.
Falstaff.
Sakerlot! So werden sie ja uns berauben.
Prinz Heinrich.
Was Sir Hans Wanst für eine Memme ist!
Falstaff.
In der That, ich bin nicht Hans von Gaunt, euer Großvater,
aber doch auch keine Memme, Hal.
Prinz Heinrich.
Gut, wir wollen's auf die Probe ankommen lassen.
Poins.
Holla, Jak, dein Pferd steht hinter dem Zaun dort: wenn du's
nöthig hast, so wirst du's dort finden. Lebt wohl und haltet euch wohl!
Prinz Heinrich (zu Poins leise.)
Ned, wo sind unsre Ueberkleider?
Poins.
Hier, hart an uns; Laßt euch ja nicht sehen.

(Sie gehen auf die Seit.)
Falstaff.
Nun, meine Herren, ein jeder an seine Arbeit, wer das beste
kriegt, der hat's!
Vierte Scene.
(Einige Reisende treten auf.)
Reisende.
Kommt, Nachbar; der Junge soll unsre Pferde den Hügel
herunter führen; wir wollen eine Weile zu Fuß gehen, um eine
Veränderung zu machen.
Die Diebe.
Halt!
Reisende.
Gott helf uns!
Falstaff.
Schlagt zu; nieder mit ihnen, schneidet den Lumpenhunden
die Hälse ab, ha! Ihr verfluchtes Ungeziefer, ihr Schlingel von
Spekfressern; sie sind unsre Feinde, zu Boden mit ihnen, zieht sie aus.
Reisende.
O wir sind verlohren, wir und die unsrigen auf immer.
Falstaff.
An den Galgen, ihr dikbauchichten Schurken, seyd ihr
verlohren? Nein, ihr fetten Lümmel, ich wollt' euer ganzer Vorrath
wäre hier; nieder, ihr Spekseiten etc.
(Sie binden und berauben die Reisenden, und gehen ab.)
(Prinz Heinrich und Poins treten auf.)
Prinz Heinrich.
Die Diebe haben die ehrlichen Leute gebunden; wenn
izt du und ich die Diebe berauben, und mit der Beute im Triumph nach
London ziehen könnte, das wäre eine Materie für eine Woche, ein
Gelächter für einen Monat, und ein Spaß für immer.
Poins.
Sachte, ich höre sie kommen. (Die Diebe kommen zurük.)
Falstaff.
Kommt, meine Herren, wir wollen theilen, und dann zu

Pferde, eh der Tag anbricht. Wenn der Prinz und Poins nicht zwo
ausgemachte Memmen sind, so ist keine Billigkeit mehr in der Welt.
Dieser Poins hat nicht mehr Herz als eine wilde Ente.
(Indem sie theilen, werden sie von dem Prinzen und Poins überfallen.)
Prinz Heinrich.
Euer Geld!
Poins.
Ihr Galgenschwengel!
(Die Diebe rennen fort, und Falstaff, nachdem er einen oder zween
Streiche bekommen, läuft auch davon, und läßt die Beute dahinten.)
Prinz Heinrich.
Das hat nicht viel Mühe gekostet. Nun lustig zu Pferd;
die Diebe sind zerstreut, und in einen so grossen Schreken gesezt, daß
sie das Herz nicht haben, sich wieder zu sammeln; ein jeder hält den
andern für einen Gerichtsdiener. Hinweg, guter Ned. Wie wird der
arme dike Falstaff izt schwizen! Wenn ich nicht lachen müßte, ich
könnte Mitleiden mit ihm haben.
(Sie gehen ab.)
Fünfte Scene.
(Lord Percys Haus.)
(Hot-Spur tritt allein auf, einen
Brief lesend.)
Hot-Spur.
"Was mich selbst betrift, Milord, so könnt ich um der
Freundschaft willen, die ich gegen euer Haus trage, wünschen, dort zu
seyn." Er könnte wünschen dort zu seyn; warum ist er denn nicht dort?
"Um der Freundschaft willen, die er gegen unser Haus trägt." Es zeigt
sich aus diesem, daß er seinen eignen Speicher mehr liebt als unser
Haus. Laßt doch weiter sehen: "Euere Unternehmung ist gefährlich."
Das wissen wir; es ist gefährlich einen Schnuppen zu kriegen, zu
schlaffen, zu trinken; aber laßt euch sagen, Milord Hasenfuß, daß wir
aus dieser Nessel-Gefahr, die Blume, Sicherheit, pflüken wollen. "Eure
Unternehmung ist gefährlich, die Freunde, die ihr nennt, sind ungewiß,
die Zeit selbst ist unschiklich, und euer ganzer Entwurf zu leicht, einem
so mächtigen Widerstand das Gegengewicht zu halten." Sagt ihr das,

sagt ihr das? So sag ich euch wieder zurük, daß ihr eine schüchterne
feige Hindin seyd, und daß ihr lügt. Wo hat denn der Mann sein Hirn?
Bey G**! Unser Entwurf ist ein so guter Entwurf als jemals einer
gemacht worden ist; unsre Freunde sind zuverläßig und standhaft; ein
guter Entwurf, gute Freunde, und von denen man sich alles versprechen
kan; ein vortrefflicher Entwurf und recht gute Freunde! Was für ein
kaltherziger Schurke das ist! Wie? Milord von York billigt und
begünstigt das Vorhaben selbst und den Entwurf, und diese Memme
hier--Bey meiner Hand, wär' ich bey ihm, ich könnte ihm mit seiner
Frauen Luftfächer das Hirn ausschlagen. Ist nicht mein Vater, mein
Oheim und ich selbst dabey? Lord Edmund Mortimer, Milord von
York, und Owen Glendower? Ist nicht Dowglas dabey? Hab' ich nicht
von ihnen allen Briefe, daß sie auf den neunten dieses Monats ihre
Waffen mit den meinigen vereinbaren wollen? Sind nicht einige von
ihnen würklich schon ausgerükt? Was für ein verdammter Schurke ist
das! Ha, ihr werdet nun sehen, daß er in der Aufrichtigkeit
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