Das müssen Sie sich abgewöhnen, das ist nicht schön. Glauben
Sie mir, ich hab’s auch so gemacht. Meine arme Zoraide ist vor Lieb’
zu Ihnen völlig damisch. Ich weiß nicht, was sie an Ihnen schön find’t!
Ich muß Ihnen aufrichtig sagen, ich möchte Ihnen nicht, es ist nichts
G’schenkt’s an Ihnen.
quecksilber. Nun, Ihre Schönheit dürfen Sie auch schon unter der Hand
verkaufen. Sonst bringen Sie s’ nicht mehr an.
4. szene
(zoraide. vorige.)
zoraide (ganz blaß, tritt langsam vor). Lassen Sie uns allein, Papa.
tutu. Da schauen Sie s’ an. Sie Tyrann! Vor Kummer hat sie sich nicht
einmal geschminkt. Sehen Sie die blassen Wangen? Der Frühling ihres
Lebens hat eine Gavotte darauf getanzt, und jetzt haben sie sich in
einen alten Weibersommer verwandelt! Hab’ ich ihr deswegen so
empfindsame Romane lesen lassen? Den indianischen
Eulenspiegel--die schöne Melusine--damit Sie die zarten Gefühle
wieder vernichten, die diese Meisterstücke in ihrer Seele zurücklassen
haben? Hat sie deswegen die vier Spezies gelernt, damit sie kann in
ihren glücklich durchlebten zweiunddreißig Jahren--
zoraide (schnell). Vierundzwanzig--
tutu. Will ich sagen vierundzwanzig.--Acht Jahr ist sie in die Schul’
gegangen, die gelten nichts.--Die unglücklichen Momente Ihrer
Bekanntschaft dazu addieren, mit ihren Tränen multiplizieren und mit
Ihrer Wortbrüchigkeit diese Summe dividieren, und das Fazit, das
herauskommt: daß sie eine alte Mamsell bleiben muß, weil sie niemand
mehr nimmt, wenn sie mit Ihnen Bekanntschaft g’habt hat. Ich hätte
Ihnen noch verschiedene Vorwürfe zu machen, aber ich muß mich jetzt
ein wenig niederlegen, um auszuruhen; aber das sag’ ich Ihnen, wie Sie
dastehen in Ihrem goldpapier’nen Frack--wir sind hier auf einer
Zauberinsel. Ich werd’ jetzt gleich nachschauen, und wenn ich wo in
einem bezauberten Winkel eine übertragene Fee find’, die sich meiner
annimmt, so sollen Sie mich kennenlernen, Sie Bösewicht, Sie! (Geht
ab.)
5. szene
(zoraide. quecksilber.)
quecksilber. Comment vous portez vous, ma chère Princesse? Je suis
victeur sur Isle de Monsieur Tutu.
zoraide. Oh, ich versteh’! Weil Sie mich recht peinigen wollen, darum
reden Sie französisch. Sie wissen schon, daß das kein Mensch
aushalten kann. Hier bring’ ich Ihnen Ihren Stab zurück; Sie hätten ihn
auch ohne daß Sie mit Ihrer Zwergelarmee unsern Palast verwüstet
haben, wiederbekommen.
quecksilber. Haben Sie mir nicht das Tor vor der Nase zugeschlagen?
Haben Sie mir nicht sagen lassen, ich soll mich aus dem Staub’ machen
oder Sie lassen junge Tiger auf mich heraus?
zoraide. Davon hab’ ich nichts gewußt, es war ein Mißverständnis.
quecksilber. Nein, der Portier hat mir’s von Ihnen ausgerichtet.
zoraide. Da kann ich nichts dafür. Ein besonderes Zusammentreffen
von Umständen--
quecksilber. Die sind?--
zoraide. Der Portier hat einen Rausch gehabt.
quecksilber. Das ist mir auch passiert.
zoraide. Wirklich?
quecksilber. Doch wir kommen von der Hauptsache ab. Was Sie mir
angetan haben, will ich Ihnen großmütig verzeihen. Ich habe meinen
Stab wieder, und somit sind wir geschiedene Leut’, und damit Ihnen
meine kleine Armee in Ihrem Palast keine Ungelegenheit mehr macht,
soll sie verschwinden. (Er winkt.)
erster zwerg (erscheint).
quecksilber. Ihr könnt zum Rückzug blasen; wenn ich euch brauche,
werd’ ich euch schon wieder rufen. (Deutet aufs Horn.)
zwerg. Ganz recht. (Ab.)
zoraide (bemerkt das Horn, für sich). Ha, dieses Horn muß ich haben.
quecksilber. Jetzt werd’ ich meinen segelfertigen Kehlhammer
besteigen, und somit, Mademoiselle, adieu pour jamais! (Will ab.)
zoraide. Wie? Sie wollen mich verlassen?
quecksilber. Haben Sie etwas dagegen einzuwenden?
zoraide. Ob ich etwas dagegen einzuwenden habe, fragst du? Hast du
dich denn nicht verbindlich gemacht, der Sklave meines Herzens zu
sein? Und jetzt sagst du mir nicht einmal den Dienst auf, wie es sich
gehört, rennst davon, ohne deine vierzehn Tag’ abzuwarten?
quecksilber. Ich bin ja keine Köchin.
zoraide. Und doch willst du mir die Suppe versalzen und mich
blamieren, mich, die ich so unschuldig bin wie ein Lamm.
quecksilber (für sich). Wenn sie nur nicht so hübsch wär’! (Laut.) Ah
was! Lassen Sie mich, Sie falsche Personage! Was haben Sie für
Beweis Ihrer Unschuld?
zoraide. Hast du den Rausch schon vergessen?
quecksilber. Ah, Larifari! Das ist bei mir gar keine Entschuldigung.
zoraide. Nicht? Ist denn die Liebe nicht auch ein Rausch und sagt
darum nicht Schiller: „ Wer niemals einen Rausch hat g’habt, das ist
kein braver Mann?“
quecksilber. Der Schiller sagt das bei Ihnen? Bei mir singt das der
Hausmeister im Neusonntagskind.
zoraide. Gleichviel! Was kümmern mich alle Hausmeister von der
ganzen Welt, da die Doppeltür deines Herzens verschlossen ist. Öffne
sie deiner Zoraide.
quecksilber. Ich hab’ keinen Schlüssel dazu. Schicken S’ um den
Schlosser.
zoraide. Du spottest meiner noch?
quecksilber. Lassen Sie mich gehen.
zoraide. Halt! (Für sich.) Jetzt weiß ich nichts mehr, als ich fall’ in
Ohnmacht.--Weh mir! Wie wird mir?
quecksilber. Nun, was ist’s?
zoraide. Ich sinke!
quecksilber. Sie sinkt schon wieder. (Sie fällt in seinen Arm.) Liegt
schon da!--Sie, so sind Sie doch g’scheit!--Also hier halt’ ich den
Brillant in meinen Armen,

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