Der Arme Spielmann | Page 9

Franz Grillparzer
nur von r��ckw?rts, und doch kam sie mir bekannt vor. Sie trug einen Korb mit, wie es schien, noch ungebackenen Kuchenst��cken. Sie trat in ein Pf?rtchen in der Ecke des Hofes, da wohl ein Backofen inne sein mochte, denn immer fortsingend, h?rte ich mit h?lzernen Ger?ten scharren, wobei die Stimme einmal dumpfer und einmal heller klang wie eines, das sich b��ckt und in eine H?hlung hineinsingt, dann wieder erhebt und aufrecht dasteht. Nach einer Weile kam sie zur��ck, und nun merkte ich erst, warum sie mir vorher bekannt vorkam. Ich kannte sie n?mlich wirklich seit l?ngerer Zeit. Und zwar aus der Kanzlei.
Damit verhielt es sich so. Die Amtsstunden fingen fr��h an und w?hrten ��ber den Mittag hinaus. Mehrere von den j��ngeren Beamten, die nun entweder wirklich Hunger f��hlten oder eine halbe Stunde damit vor sich bringen wollten, pflegten gegen eilf Uhr eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen. Die Gewerbsleute, die alles zu ihrem Vorteile zu benutzen wissen, ersparten den Leckerm?ulern den Weg und brachten ihre Feilschaften ins Amtsgeb?ude, wo sie sich auf Stiege und Gang damit hinstellten. Ein B?cker verkaufte kleine Wei?brote, die Obstfrau Kirschen. Vor allem aber waren gewisse Kuchen beliebt, die eines benachbarten Grieslers Tochter selbst verfertigte und noch warm zu Markt brachte. Ihre Kunden traten zu ihr auf den Gang hinaus, und nur selten kam sie, gerufen, in die Amtsstube, wo dann der etwas gr?mliche Kanzleivorsteher, wenn er ihrer gewahr wurde, ebenso selten ermangelte, sie wieder zur T��re hinauszuweisen, ein Gebot, dem sie sich nur mit Groll, und unwillige Worte murmelnd, f��gte.
Das M?dchen galt bei meinen Kameraden nicht f��r sch?n. Sie fanden sie zu klein, wu?ten die Farbe ihrer Haare nicht zu bestimmen. Da? sie Katzenaugen habe, bestritten einige, Pockengruben aber gaben alle zu. Nur von ihrem st?mmigen Wuchs sprachen alle mit Beifall, schalten sie aber grob und einer wu?te viel von einer Ohrfeige zu erz?hlen, deren Spuren er noch acht Tage nachher gef��hlt haben wollte.
Ich selbst geh?rte nicht unter ihre Kunden. Teils fehlte mir's an Geld, teils habe ich Speise und Trank wohl immer--oft nur zu sehr--als ein Bed��rfnis anerkennen m��ssen, Lust und Vergn��gen darin zu suchen aber ist mir nie in den Sinn gekommen. Wir nahmen daher keine Notiz voneinander. Einmal nur, um mich zu necken, machten ihr meine Kameraden glauben, ich h?tte nach ihren E?waren verlangt. Sie trat zu meinem Arbeitstisch und hielt mir ihren Korb hin. Ich kaufe nichts, liebe Jungfer, sagte ich. Nun, warum bestellen Sie dann die Leute? rief sie zornig. Ich entschuldigte mich, und sowie ich die Schelmerei gleich weg hatte, erkl?rte ich ihr's aufs beste. Nun, so schenken Sie mir wenigstens einen Bogen Papier, um meine Kuchen daraufzulegen, sagte sie. Ich machte ihr begreiflich, da? das Kanzleipapier sei und nicht mir geh?re, zu Hause aber h?tte ich welches, das mein w?re, davon wollt' ich ihr bringen. Zu Hause habe ich selbst genug, sagte sie sp?ttisch und schlug eine kleine Lache auf, indem sie fortging.
Das war nur vor wenigen Tagen geschehen, und ich gedachte aus dieser Bekanntschaft sogleich Nutzen f��r meinen Wunsch zu ziehen. Ich kn?pfte daher des andern Morgens ein ganzes Buch Papier, an dem es bei uns zu Hause nie fehlte, unter den Rock und ging auf die Kanzlei, wo ich, um mich nicht zu verraten, meinen Harnisch mit gro?er Unbequemlichkeit auf dem Leibe behielt, bis ich gegen Mittag aus dem Ein- und Ausgehen meiner Kameraden und dem Ger?usch der kauenden Backen merkte, da? die Kuchenverk?uferin gekommen war, und glauben konnte, da? der Hauptandrang der Kunden vor��ber sei. Dann ging ich hinaus, zog mein Papier hervor, nahm mir ein Herz und trat zu dem M?dchen hin, die, den Korb vor sich auf dem Boden und den rechten Fu? auf einen Schemel gestellt, auf dem sie gew?hnlich zu sitzen pflegte, dastand, leise summend und mit dem auf den Schemel gest��tzten Fu? den Takt dazu tretend. Sie ma? mich vom Kopf bis zu den F��?en, als ich n?her kam, was meine Verlegenheit vermehrte. Liebe Jungfer, fing ich endlich an, Sie haben neulich von mir Papier begehrt, als keines zur Hand war, das mir geh?rte. Nun habe ich welches von Hause mitgebracht und--damit hielt ich ihr mein Papier hin. Ich habe Ihnen schon neulich gesagt, erwiderte sie, da? ich selbst Papier zu Hause habe. Indes, man kann alles brauchen. Damit nahm sie mit einem leichten Kopfnicken mein Geschenk und legte es in den Korb. Von den Kuchen wollen Sie nicht? sagte sie, unter ihren Waren herummusternd, auch ist das Beste schon fort. Ich dankte, sagte aber, da? ich eine andere Bitte h?tte. Nu, allenfalls? sprach sie, mit dem Arm in die Handhabe des Korbes fahrend und aufgerichtet dastehend, wobei sie mich mit heftigen Augen anblitzte. Ich fiel rasch ein, da? ich ein Liebhaber der Tonkunst sei, obwohl erst seit kurzem, da? ich sie so sch?ne Lieder singen geh?rt, besonders eines. Sie?
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